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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Gordon
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Landkarte, die Prang ihm nur ein paar Minuten zuvor gezeigt hatte, trieb ziellos im Wasser umher. Auf ihr war der Ort eingezeichnet, an dem er seinen Bruder treffen sollte. Kampung Naga. Er griff nach der Karte und steckte sie in seine Gesäßtasche.
    Winzige Glaswürfel prasselten auf seinen Körper, als er sich durch die gezackten Überreste der Windschutzscheibe zwängte. Die platschenden Geräusche und das Geschrei kamen ausschließlich von der Fahrerseite. Für einen Augenblick ging er hinter dem Wagen in die Hocke und fragte sich, ob sie ihn bereits entdeckt hatten, kam jedoch zu dem Schluss, dass dem nicht so war.
    Gideons erster Impuls war wegzurennen. Doch der kleine Computer in seinem Kopf – derjenige, der das Ruder übernahm, wenn die Zeit sich verlangsamte – sagte ihm, dass er es niemals schaffen würde. Sie waren einfach zu viele. Und bis zum Rand des Reisfelds waren es gut hundert Meter.
    Als suche er nach einer Bestätigung seiner Einschätzung, beobachtete er, wie sich einer von Prangs Soldaten aus dem Vordersitz des verunfallten Wagens befreite. Der Soldat war blutüberströmt, hatte aber noch immer seine MP5-Maschinenpistole in den Händen. Er feuerte zwei kurze Salven über den Unterboden des umgekippten Fahrzeugs hinweg ab, dann rannte er in Richtung Straßenböschung am Rand des Reisfelds los.
    Bevor er fünf Schritte gemacht hatte, wurde er dreimal getroffen und sackte zusammen wie eine Marionette, deren Fäden gekappt wurden.
    Ein Teil von Gideon sah in aller Ruhe zu, beinahe erfreut über die Bestätigung seiner vorherigen Analyse, während der andere Teil entsetzt auf das Geschehen starrte.
    Was nun?
    Plötzlich kam ihm eine Idee. Die Pfeife. Die Pfeife des Generals trieb neben ihm wie eine Boje im Wasser. Gideon griff nach ihr. Er zog den Kopf ab, der noch warm war, da sich bis vor kurzem glimmender Tabak darin befunden hatte, steckte sich den Holm in den Mund und legte sich langsam und vorsichtig rücklings ins trübe Wasser. Dann stieß er sich von dem Auto ab, breitete die Arme aus und vergrub die Finger im glitschigen Schlamm. Er schloss die Augen und ließ sich unter die Wasseroberfläche sinken.
    Das Ganze klang wie ein Trick aus einem der albernen Abenteuerromane, die er als Kind gelesen hatte – der Indianer, der sich vor dem Feind versteckt, indem er untertaucht und durch ein Schilfrohr atmet. Funktionierte es tatsächlich? Würde er durch das winzige Loch genug Luft bekommen? Würden diejenigen, die sie soeben aus dem Hinterhalt angegriffen hatten, ihn sehen können?
    Er hatte keine Antworten auf diese Fragen.
    Deshalb konzentrierte er sich darauf, seinen Herzschlag zu beruhigen und seine Atmung zu verlangsamen. Als er durch den Holm ein- und ausatmete, war ein leises Pfeifen zu hören. Es bedurfte einiger Anstrengung, doch er war in der Lage, gerade genug Luft durch den Pfeifenholm anzusaugen, um seine Lunge mit Sauerstoff versorgen zu können.
    Er hörte die platschenden Schritte der Angreifer, die immer näher kamen. Dann einen Schuss. Dann noch einen. Gedämpftes Geschrei. Einen weiteren Schuss.
    Dann herrschte Stille.
    Ein. Aus. Ein. Aus.
    Seine Hände verloren langsam den Halt im Schlamm. Wenn er den Halt ganz verlor und einen tiefen Atemzug nahm, würde sein Körper an die Oberfläche schwimmen, und sie könnten ihn sehen. Er versuchte, die Hände so langsam wie möglich zu bewegen, während er sie tiefer im Schlick vergrub.
    Wieder platschende Schritte. Die Angreifer umrundeten langsam das Auto. Offenbar hatten sie ihn nicht entdeckt. Noch nicht. Er versuchte, seinen schneller werdenden Herzschlag zu beruhigen.
    Ein. Aus. Ein. Aus.
    Wenn sein Herz zu schnell schlug, würde es ihm nicht gelingen, genug Atem zu schöpfen, und er würde auftauchen müssen, um nach Luft zu schnappen.
    Ein. Aus. Ein. Aus.
    Er begann zu zählen. Eins, ein. Zwei, aus. Drei, ein. Vier, aus.
    Das Platschen hörte nicht auf. Manchmal näherte es sich, manchmal entfernte es sich.
    Einundsechzig, ein. Zweiundsechzig, aus. Dreiundsechzig, ein …
    Das Platschen ging lange Zeit weiter. Vielleicht plünderten sie den Wagen, nahmen die Waffen mit. Vielleicht suchten sie nach geheimen Informationen. Schwer zu sagen.
    Gideon zählte bis zweitausendvierhundertvierzig, als ihm bewusst wurde, dass das Platschen verstummt war. Er hatte sich so sehr aufs Atmen konzentriert, dass er nicht bemerkt hatte, wie sie verschwunden waren.
    Er war versucht aufzutauchen, wusste jedoch, dass das gefährlich gewesen

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