Pearl Harbor
Gesellschafter, und bald weckte er seinen Fahrer, der in seinem Wagen schlief, und befahl ihm, ihn heimzufahren. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Und für den Sonntagmorgen war Kimmel zu einer Partie Golf mit General Short verabredet. Er ärgerte sich ein wenig darüber, daß er zugesagt hatte. Da hieß es wieder zeitig aufstehen.
Das Beispiel Kimmels und Shorts, an diesem Wochenende zeitig ins Bett zu gehen, wurde keineswegs allgemein nachgeahmt. Pearl City, Waikiki und Honolulu boten an einem Sonnabend so viel, daß man es einfach nicht versäumen durfte. In überfüllten Autobussen, Taxis und eigenen Wagen verließen die Mannschaften und Offiziere ihre Quartiere in Schofield und Fort Shafter, in Ewa und Kaneohe. Die meisten von ihnen durchbummelten die Kneipen von Waikiki Beach. Hier gab es für jeden Geschmack etwas. Und wer hier nicht auf seine Kosten kam, der schlenderte bis zur Hotel Street.
Dort traf er die Mädchen, die sich vorgenommen hatten, den Abend so entgegenkommend wie möglich zu verbringen. Neben Spielsälen gab es hier Kabaretts, Kinos und Souvenirgeschäfte. Massagesalons mit Damenbedienung luden ein und Schießbuden, eine Sensationsschau lag neben der anderen, eine Getränkebude an der anderen. Das alles war in Blüte gekommen, seit die Armee in Hawaii stand. Es hatte nichts mehr mit Schönheit des Inselparadieses zu tun. Es war jene Art Zivilisation, die unabhängig davon gedeiht, ob der. Platz von Natur begünstigt oder vernachlässigt ist.
Schlager wurden von Musikboxen in die Nacht geplärrt. Die Cafes priesen ihre Eisspezialitäten an. Hier und da bekamen sich ein paar Seeleute in die Haare und trugen den Streit gleich auf der Straße aus. Die Militärpolizei hatte am Wochenende alle Hände voll zu tun. Nach Mitternacht mußten die Betrunkenen aufgelesen werden, die sich irgendwo im Freien zum Schlaf niedergelegt hatten.
Und gewöhnlich gab es gegen Morgen noch einmal eine Reihe von Krawallen, nämlich dann, wenn ein paar verspätete Trinker versuchten, in eines der als Clubs getarnten Bordelle einzudringen, dessen Damen längst für den Rest der Nacht besetzt waren. Ein einsames Auto glitt spät nachts noch auf Fort Shafter zu. Es war einer der Piloten, deren Dienst um vier Uhr begann. Er war Jagdflieger und würde in der Morgendämmerung seinen ersten Patrouillenflug ausführen.
Leutnant Snyder, der noch nicht lange hier stationiert war, freute sich darauf, den Sonnenaufgang in seiner P-40 hoch oben über den Inseln zu erleben. Er schaltete sein Autoradio ein und hörte, wie die einschmeichelnde Stimme einer Nachtansagerin der Station KGMB ihren Hörerinnen und Hörern empfahl, dem neuen Tag entgegenzuträumen, süß begleitet vom neuesten Hit der
Musikkonfektion, »Sweet Leilani«.Die Militärpolizei hatte inzwischen etwa zwei Dutzend Betrunkene aufgesammelt. Gemessen an den 42 000 Armee- und Marineangehörigen, die sich auf den Hawaii-Inseln befanden, war das eine erträgliche Quote. Das stimmte die Polizisten versöhnlich. Der Strand von Waikiki, in unzähligen Schlagern besungen, lag still und verlassen, als die Nacht langsam in den Morgen hinüberwuchs. Unter den vielen Abfällen, die hier regelmäßig bei Sonnenaufgang von Reinigungstrupps aufgesammelt wurden, befand sich eine Ausgabe der »Star Bulletin«, einer Lokalzeitung. Am Morgen würden die Schlagzeilen veraltet sein:
»Roosevelt appelliert an Hirohito, einen Krieg zu vermeiden.« »Japanische Presse fordert Krieg.«
»US-Navy kann jeden Gegner vernichten.«In den Anzeigenspalten der Zeitung wurden Weihnachtsartikel angeboten. Hollisters Drugstore bot für 1,95 Dollar einen Konfektkasten mit dem vielversprechenden Namen »Aloha-Box« an. Die Firma Tung Chun Tong informierte ihre Kundschaft darüber, daß sie etwa zweihundert verschiedene Sorten Likör auf Lager hatte. Und Pattons Warenhaus empfahl zum Weihnachtsfest praktische Geschenke: Schreibmaschinen, Staubsauger, Radios oder Wecker.
Fast unmerklich kündigte sich der Morgen an.
USS »Ward« greift an
Im Navy Yard von Pearl Harbor, wo die Schiffe der amerikanischen Pazifikflotte repariert wurden, hatte einmal ein Leitender Ingenieur gesagt: »Wenn die
>Ward< eines Tages von einer Patrouillenfahrt nicht mehr zurückkommt, war es ganz sicher Altersschwäche.«
Der ziemlich schäbig aussehende Zerstörer war ganze dreiundzwanzig Jahre alt.
Er war im Jahre 1918 gebaut worden, in jener Schnellbauweise; die während der vom ersten Weltkrieg
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