Pearl Harbor
Südende der Ford-Insel war kaum verhallt, als sich zwei weitere Flugzeuge im steilen Gleitflug herabstürzten.
Diesmal trafen sie den großen Hangar und die Anlegebrücke. Flammen und Rauch hüllten den Startplatz der PBY-Flugboote ein. Von allen Richtungen her stürzten sich jetzt Flugzeuge auf den Hafen. Die »Utah« erzitterte unter dem Aufprall zweier Torpedos, die ihre Stahlflanken aufrissen. Die »Helena«, die »Oglala« und die »Raleigh« bekamen die nächsten Treffer ab.
Selbst um diese Zeit gab es noch eine Menge Leute, die entweder auf die Armee oder auf die Marine schimpften, weil sie vermuteten, daß ein Teil der Streitkräfte dem anderen einen Streich spielte oder am friedlichen Sonntagmorgen ein sehr realistisches Manöver ausführte, das der Hebung der Verteidigungsbereitschaft dienen sollte. Während die Anlagen auf der Ford-Insel in Flammen aufgingen, schüttelten manche Matrosen auf den Schiffen den Kopf und sagten: »Da wird es aber ein paar Monate Gefängnis für die Kerle geben, die in ihrem Übereifer solchen Schaden anrichten! « Auf dem Schlachtschiff »Nevada« stand immer noch die Kapelle angetreten, um bei der Flaggenparade die Nationalhymn e zu spielen.
Dreiundzwanzig Musiker warteten auf das Zeichen ihres Kapellmeisters, um die Instrumente anzusetzen. Einige der Männer bemerkten die Flugzeuge, die über dem Hafen herumschwirrten. Sie sahen Dreckfontänen aufspritzen, als die Bomben auf der Ford-Insel einschlugen, aber auch das alles hielten sie für eine Übung. Dann war es acht Uhr! Der Kapellmeister McMillän gab das Zeichen, und die Musiker begannen »The Star-Spangled Banner« zu spielen. Eines der Flugzeuge glitt heran und ließ einen Torpedo auf die »Arizona« zufliegen. Er klatschte unweit der
»Nevada« ins Wasser und nahm seine Bahn auf. Die Explosion fiel mit der Geschoßgarbe zusammen, die der Heckschütze des Flugzeugs auf die Männer abgab, die auf der »Nevada« zum Fahnenappell angetreten waren.
Eigenartigerweise traf keines der Geschosse auch nur einen der stillstehenden Matrosen. Aber die Flagge, die langsam am Mast aufstieg, wurde durchlöchert. Der Kapellmeister erkannte die roten Kreise auf den Tragflächen der Maschine, als sie abdrehte. Nun begriff er, was hier vorging. Aber er hörte trotzdem nicht auf zu dirigieren. Die Kapelle spielte die Nationalhymne zu Ende. Auch als ein zweites Flugzeug herabstieß und
das Deck der »Nevada« mit seinen Maschinengewehren beschoß, setzte die Musik nicht aus. Erst als der letzte Ton verklungen war und die durchlöcherte Fahne hoch oben am Mast wehte, ließen die Musiker ihre Instrumente fallen und sprangen in Deckung. Über das Lautsprechersystem der »Nevada« gellte der Ruf: »Alle Mann auf Gefechtsstation! Luftangriff! Dies ist keine Übung ! «
So oder ähnlich verhielt es sich auch auf den meisten anderen Schiffen. Überall erkannte man endlich, daß dies ein echter Angriff mit scharfen Bomben war, die von japanischen Flugzeugen geworfen wurden. Hornisten bliesen Alarmsignale, lautstarke Hupen gaben das Gefahrzeichen. Überall sprangen Matrosen aus ihren Hängematten, krochen aus ihren Kojen, streiften Hemd und Hose über und kletterten über Stiegen und schmale Aufgänge zu ihren Gefechtsstationen. Die »Oklahoma« erhielt den ersten Torpedotreffer. Vier weitere sollten
S c h l a c h t s c h i f f e s t e r b e n ! I m V o r d e r g r u n d d i e b r e n n e n d e » W e s t V i r g i n i a « , d a h i n t e r d i e » T e n n e s s e e «
folgen. Die »West Virginia« erzitterte unter der Explosion zweier Torpedos. Ebenso erging es der »California«. Die ersten der großen Schiffe neigten sich zur Seite, torkelnd, als wenn sie sich zum Schlaf legen wollten. Rauch hüllte sie ein. Stahl zerriß mit berstendem Getöse. Flammen schossen hochauf. Menschen wurden durch die Luft gewirbelt.
Im Hauptquartier des CINCPAC saß der diensthabende Offizier, Vincent Murphy, am Telefon und versuchte Admiral Kimmel zu erreichen. Als Kimmel sich meldete, berichtete Murphy hastig: »Sir, wir haben eine Nachricht vom Hafen, daß die Japaner Pearl Harbor angreifen. Es handelt sich nicht um eine Übung.«
Kimmel, der gerade dabei gewesen war, zum Hauptquartier zu fahren, ordnete Gefechtsalarm an. Sekunden später erging ein Funkspruch an alle: »Luftangriff auf Pearl Harbor. Dies ist keine Übung!« Auch in Washington empfing man diesen Funkspruch. Er war für Marineminister Knox und Präsident Roosevelt das erste Signal
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