Pech und Schwefel (German Edition)
vermisste sie so schrecklich, dass er kaum noch wusste, wie er diesen Verlust noch weiter aushalten sollte.
Ronor schluckte. »Wir haben nichts Falsches gemacht.«
»Nein«, meinte Nomarac tröstend. »Woher kam nur der Ring?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich auch nicht. Aber jetzt denken alle, wir sind Diebe.«
Keiner der beiden hatte eine Antwort darauf. So verfielen sie in Schweigen und lauschten dem Lärm der Menge. Der anfängliche Beifall verebbte allmählich und nur wenige Minuten später verblassten auch die einfallenden Sonnenstrahlen. In ihrer Zelle wurde es immer finsterer und kälter.
Als plötzlich eine Ratte fiepend quer durch die Gefängniszelle huschte, erinnerte sie diese umso mehr an ihre aussichtslose Lage. Niemand glaubte ihnen. Sie waren als Diebe und Lügner abgestempelt worden und womöglich würden sie als solche auch in dieser Zelle sterben.
Minuten später, als die Sonne schließlich ganz verschwand und die Zelle in tiefere Dunkelheit hüllte, hörten sie auf einmal Schritte. Sie schlurften langsam über den Steinboden und kamen näher und näher. Ein junger Raukarii tauchte auf. In der einen Hand hielt er eine Fackel, in der anderen einen Korb. Er steckte die Fackel in einen Halter an der gegenüberliegenden Wand und den Korb auf den Boden.
Ronor und Nomarac blickten ihn erwartungsvoll an.
Der Raukarii holte plötzlich drei Holzschalen hervor und befüllte sie mit einer dampfenden Suppe. Diese schob er anschließend durch die Gitterstäbe.
»Esst und dann will ich keinen Mucks mehr hören«, befahl er und verschwand darauf gleich wieder. Das wenige Licht nahm er mit.
Die Zwillinge sprangen auf und schnappten sich jeweils einen Holzteller. Hungrig aßen sie die geschmacklose Suppe und teilten sich auch noch die dritte Portion, denn der Bettler schnarchte immer noch.
»Ob Clay und die anderen uns helfen?«, fragte Ronor Stunden später im Halbschlaf und umklammerte dabei zitternd Nomaracs Hand.
»Ich hoffe es, aber ich glaube nicht wirklich daran«, meinte Nomarac müde und spürte seine Angst von Minute zu Minute wachsen.
Ob es überhaupt jemanden gab der ihnen helfen würde?
Kapitel Vier
Die Augen des Dämons
Am kommenden Morgen waren die Zwillingsbrüder froh endlich wieder Sonnenlicht zu sehen. Wenn auch nur durch die Gitterstäbe der kleinen Luke. Es war immer noch eiskalt in der Zelle, sie froren, hatten Hunger und Durst und glaubten es nicht mehr länger auszuhalten. Der neue Tag brachte die Gedanken an den vergangenen zurück und ihre Hoffnung schwand zusehends. Mit dem Sonnenlicht kehrte auch wieder der Straßenlärm zurück. Kinder spielten ganz in ihrer Nähe, Erwachsene riefen nach ihnen und von irgendwoher hörten sie Soldaten miteinander reden. Sie sprachen über die gestrigen Geschehnisse und die bevorstehende Gerichtsverhandlung und anschließende Hinrichtung der Verräter. Das alles kam ihnen im Schatten des Kerkers so fremd und unglaublich weit weg vor.
Plötzlich wurde es heller. Draußen im Gang, hörten sie Schritte und laute Männerstimmen. Sie kamen näher.
»… aber Kommandant Malor hat mir strikte Anweisung gegeben«, sagte der junge Wachsoldat von gestern Abend und hastete zwei Soldaten hinterher, die abrupt vor den Gitterstäben stehen blieben, die sie von den Zwillingen trennten. Der eine hielt eine Fackel, der andere einen Schlüsselbund in der Hand.
»Kommandant Malor hat heute und in den nächsten Tagen andere Aufträge zu erledigen«, erwiderte der Raukarii mit dem Schlüssel. Er hatte einen athletischen Körperbau und auf seiner Lederrüstung trug er das Abzeichen der Stadtwache. Seine langen Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sein Langschwert steckte in der Scheide des Waffengürtels. »Lies das Schreiben und halte deinen Mund. Wir sind hier um die beiden mitzunehmen.«
»Sei doch froh, dann musst du dich nicht mehr um sie kümmern«, ergänzte dessen Kumpan mit der Fackel und grinste breit.
»Aber ich habe meine Befehle«, wiederholte der junge Raukarii und hielt das Pergament hoch, welches er die ganze Zeit über schon in den Händen hatte. Aufmerksam überflog er die Zeilen und schüttelte anschließend den Kopf. »Kommandant Malor sagte mir noch gestern, ich soll die Jungen heute Abend wieder gehen lassen.«
»Zweifelst du an Hauptmann Rodas’ Befehl?«, erkundigte sich der Raukarii mit der Fackel und hob skeptisch eine Augenbraue. »Das ist seine Unterschrift.«
»Selbstverständlich nicht,
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