Pech und Schwefel (German Edition)
Augen kroch ihnen durch Mark und Bein. Was immer er auch mit ihnen vorhatte, es bedeutete nichts Gutes.
»Das sind sie also«, sagte Endis und klang ein wenig enttäuscht. »Sie sehen nicht so aus, wie ich sie mir vorgestellt habe.«
Caladur räusperte sich. »Sie sind es. Sie tragen beide das Muttermal, wie Ildak es geschildert hat. Ich sah es mit eigenen Augen.« Dann packte er die Brüder grob an den Haaren und zwang sie auf die Knie. »Sie sind etwas verlaust, durch ihren Aufenthalt bei den Dieben, aber das lässt sich schnell beheben.«
Endis sah nur zu und setzte sich auf eines der Sofas. »Und was ist mit Ildak passiert?«
»Wie befohlen ruht er sich jetzt für seinen Treuebruch gegenüber dem Hohepriester am Grund des Sees aus. Ich selbst habe ihm die Kehle aufgeschlitzt.« Noch während er das sagte, schien er auf ein Lob zu warten, das er jedoch nicht erhielt.
»Nun … so wächst unsere kleine Familie …«, mitten im Satz brach Endis ab.
In diesem Moment öffnete sich die Tür zwischen Bücherregal und Schränken. Im Türrahmen tauchte eine wunderschöne Raukarii auf, die alle Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ein dunkelgrünes Seidenkleid mit einem seitlich breiten Schlitz bis zur Hüfte, gab den Blick auf graziöse Beine frei. Sie trug keine Schuhe und ihre nackten Füße schmiegten sich in den weichen, roten Teppich, der fast überall im Haus zu finden war. Ihre Schultern und ihr Dekolleté wurden nur soweit verhüllt, dass es ausreichte, um die Phantasie jedes Mannes anzuregen. Zwischen ihren Busen prangte eine goldene Brosche mit einem Rubin in der Mitte. An ihren Handgelenken klimperten Armreifen aus Gold und in ihrem langen Haar waren Perlen eingearbeitet. Schwarze Schminke um ihre bernsteinfarbenen Augen brachten diese mehr zur Geltung und leuchteten im hereinfallenden Sonnenlicht wunderschön sanft. Ihre schmalen Lippen waren leicht geöffnet.
Die Zwillinge sahen sich nur kurz an und waren sich sicher, solch eine wunderschöne Frau hatten sie noch niemals gesehen. Sofort rückte ihre Angst ein wenig in den Hintergrund, denn die Nähe dieser Raukarii vermittelte Geborgenheit.
Endis und Caladur starrten sie mit unverhohlenem Interesse an, doch sie beachtete beide nicht, sondern schritt geradewegs auf die Jungen zu. Sie begann zu lächeln und es wirkte freundlich und ehrlich. Behutsam legte sie ihre Hände auf die Schultern der Zwillinge und forderte sie auf aufzustehen. Daraufhin hob sie den Kopf und blickte den Soldaten direkt an.
»Du polterst hier durchs Haus, als hätte eine ganze Armee Einzug gehalten«, beschwerte sie sich mit melodiöser Stimme und lief dann zu Endis hinüber. Sie setzte sich neben ihn, dabei rückte der Stoff ihres Kleides noch weiter zur Seite und entblößte mehr nackte Haut.
Caladur schluckte merklich, während Endis Hand zu ihrem Knie wanderte und es streichelte.
»Sind das die Jungen, von denen du sprachst?«, erkundigte sie sich bei Endis.
»Das sind sie, Alori«, antwortete er und plötzlich klang er sehr stolz.
Sie schien sich dafür nicht mehr zu interessieren, denn nun hatte sie nur noch Augen und Ohren für die Zwillinge. Aloris Lächeln wurde breiter und liebenswürdiger. »Endis hat sich sicherlich nicht bei euch vorstellt. Also werde ich das für ihn übernehmen«, wandte sie sich an die beiden. »Ihr seid hier im Haus von Endis Teptur. Er ist ein reicher und einflussreicher Raukarii in Mayonta. Wir befinden uns ganz in der Nähe des Hafens, aber auf der anderen Seite der Brücke, bevor es zu den Lagerhallen geht. Mein Name ist Alori. Ihr seid sicherlich verwirrt. Was wohl auch kein Wunder ist. Aber alles zu seiner Zeit. Wie heißt ihr denn?«
»Ich bin Nomarac«, antwortete er überraschenderweise mit fester Stimme.
»Ich bin Ronor«, schloss sich sein Bruder zögerlich an.
»Ich grüße euch … Nomarac und Ronor.« Alori stand auf, kam langsam auf die Brüder zu und ging vor ihnen in die Hocke. »Ihr müsst keine Angst haben. Hier seid ihr erst mal sicher.«
Zum ersten Mal, seitdem sie ihre Eltern verloren hatten, fühlten sie sich wieder ein wenig glücklicher. Sie lächelten sie an und reichten ihr die Hand, so wie sie es gelernt hatten. Sie erwiderte den Händedruck erfreut.
»Ich sagte ja schon, mein Name ist Alori. Der unfreundliche Kerl, der euch herbrachte ist übrigens Caladur. Auf ihn müsst ihr aber nicht hören. Er besitzt keine Manieren.« Aus den Augenwinkeln schielte sie zu ihm hoch, der das Ganze zähneknirschend
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