Pech und Schwefel (German Edition)
einleben und alle kennenlernen.«
»Dann können wir reisen, egal wohin?«, wollte es Nomarac genauer wissen. Er und sein Bruder hatten sich zu Alori umgedreht, doch sie sah immer noch aus dem Fenster, aber sie nickte.
»Wir gehen nach Zyrakar!« Nomarac fing an zu Jubeln und Ronor schloss sich ihm an. Sie sprangen auf und hüpften vor Freude das das Zimmer.
Die Freude der Jungen war ansteckend und Alori wandte sich ihnen lächelnd zu. »Wenn ihr dann genügend Edelsteine zusammen habt, könntet ihr euch sogar Pferde kaufen.«
Die Zwillinge begannen zu strahlen. In Gedanken malten sie sich aus, wie sie gemeinsam aufbrachen. Jeder mit seinem eigenen Pferd. Wie sie durch das Land ritten, andere Orte sehen würden, und am Ende die Hauptstadt des Landes erreichten. Dort würden sie sofort zum Hohepriester gehen und ihm sagen, dass sie wirklich seine Neffen waren. Er musste ihnen einfach glauben.
»Mit guten Pferden schafft ihr die Strecke sicherlich innerhalb einer Woche«, spielte Alori das Gedankenspiel mit. Innerlich wünschte sie sich sogar, dass es den Jungen tatsächlich gelingen würde. Zurzeit befanden sie sich in diesem Haus in Sicherheit, abgeschirmt von den machthungrigen Individuen der Stadt, doch für wie lange? Sei traute Caladur nicht über den Weg, ebenso wenig Senon, dem Sklavenhändler. Sie würden bestimmt schon bald wieder von Neuem mit ihren Einflüsterungen anfangen. Daher entschloss sie, ihnen zuvorzukommen, sich aber auch gleichzeitig um die Kinder zu kümmern. Denn das war ihr Handel mit Endis gewesen. Sie war künftig für Ronor und Nomarac verantwortlich.
»Willst du später nicht mit uns kommen?«, fragte Nomarac sie ganz überraschend.
»Das ist eine tolle Idee«, bestätigte Ronor. »Wo kommst du her? Bist du auch in Mayonta geboren?«
Alle drei lachten. Alori spürte jedoch einen Stich im Herzen. Diese zwei Fragen hatten in ihr plötzlich Erinnerungen geweckt, gegen die sie tagtäglich ankämpfte, versuchte zu unterdrücken, denn zu sehr schmerzten sie die Bilder der Vergangenheit. Doch nun war sie ohne Vorwarnung zurückgekehrt, nahmen von ihr Besitz. Ihre Knie wurden auf einmal ganz weich und sie musste sich hinsetzen. Alori lief zum Diwan und die Jungen hockten sich vor sie auf den weichen Teppich.
»Was hast du denn?« Die Zwillinge musterten sie beunruhigt.
Sie reagierte nicht.
»Ist was passiert?«, erkundigten sich die beiden.
Alori seufzte und faltete die Hände in ihrem Schoss, damit sie hoffentlich nicht bemerkten, dass ihre Hände zitterten. Aber sie taten es. Ronor und Nomarac legten ihre kleinen Hände auf die ihren und wollten sie trösten. In diesem Moment füllten sich ihre bernsteinfarbenen Augen mit Tränen. Es waren Tränen des Glücks und Tränen des Verlustes.
»Wir wollen nicht, dass du traurig bist«, flüsterte Ronor leise.
»Vielleicht können wir dich wieder zum lachen bringen«, sagte Nomarac und er und sein Bruder nickten sich stumm zu. Sie waren sich einig.
»Das ist sehr lieb von euch.« Alori schluchzte, doch da kam ihr ganz unverhofft eine Idee. Wenn sie es geschickt anpackte, dann hatte sie womöglich gerade die Hilfe gefunden, nach der sie so verzweifelt gesucht hatte. Sie schluckte die Tränen herunter und tupfte sich die Spuren aus dem Gesicht. Dabei wirbelten ihre Gedanken wild umher. Auf der einen Seite bezweifelte sie nicht, dass die Brüder bereit wären ihr zu helfen, aber auf der anderen plagte sie ein schlechtes Gewissen. Die beiden waren erst neun Jahre alt. Dennoch, sie würden etwas Gutes tun, auch wenn sie es nicht ahnten.
»Geht es dir besser?« Die Zwillinge sahen sie hoffnungsvoll an.
»Danke, schon viel besser.« Sie lächelte, doch ihre Dankbarkeit erreichte nicht ihre Augen. »Wenn ich euch ein Geheimnis anvertraue, könnt ihr es für euch behalten? Niemand darf es wissen.«
Neugierig bejahten sie, während Nervosität sich in ihnen ausbreitete. Das klang für sie wie ein großes Abenteuer.
»Aber Geheimnisse sind meistens böse«, murmelte Ronor und erinnerte sich an eine Lehrstunde mit ihrem Vater. Er hatte ihnen damals von dem verschollenen Götterschwert Ynsanter erzählt. Es war ein Geheimnis, wo es sich heute befand, weil der berühmte Kleriker Zakar es versteckt hatte. Jeder Raukarii, der sich auf die Suche nach dem Götterschwert gemacht hatte, war von seiner Reise nicht mehr zurückgekehrt. Er hatte auch gesagt, dass Geheimnisse nie etwas Gutes bewahrten.
»Nicht immer«, fuhr sie fort und überlegte
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