Pech und Schwefel (German Edition)
Seitengasse ab, die er fand, und lehnte sich dann schwer atmend gegen die Mauer eines Hauses. Langsam rutschte er auf den Boden, winkelte die Knie an und begann verzweifelt zu weinen.
Er weinte um Ronor, er weinte um seine verstorbenen Eltern, und wegen seiner Unfähigkeit seinem geliebten Bruder nicht geholfen zu haben. Er hatte sein Versprechen gebrochen und war auf dem besten Weg nun auch noch den einzigen Raukarii zu verlieren, den er noch hatte. Seine Gedanken wirbelten wild im Kreis und schließlich brachte ihn seine nagende Hilflosigkeit sogar zum Zittern.
Verdutzt blieb der Raukarii stehen und schüttelte den Kopf.
»Bei Zevenaar, so habe ich das gar nicht gemeint«, sagte er zu sich selbst. Er war nur so sauer, weil er schon seit gestern ganz Mayonta nach wichtigen Zutaten absuchte, die er ganz dringend benötigte, bisher erfolglos. Immer noch verwirrt beugte er sich nach unten und klaubte die herausgefallenen Vorräte aus seinem Sack auf, die beim Zusammenprall auf der Straße gelandet war. Nacheinander verstaute er sie wieder im Sack, als er plötzlich dazwischen seine Geldbörse wiederfand. Das Lederband war durchgerissen und sie auf den Boden gefallen.
»Jetzt habe ich ihn beschuldigt, und es war nur ein blöder Unfall.«
Seufzend befestigte er die Lederbörse an seinem Gürtel, wobei er gut darauf achtete, dass das Leder nicht sofort beim nächsten Zwischenfall wieder abriss. Dann schulterte er seinen Vorratssack und hielt Ausschau nach dem jungen Raukarii. Er wollte sich entschuldigen, doch dieser war verschwunden. Aber er erinnerte sich daran, in welche Richtung er davongerannt war. Zufällig lag sein nächstes Ziel in eben derselben.
Seine Suche war bereits zu Ende, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Schon an der nächsten Seitengasse hörte er ein leises Wimmern. Ein genauer Blick verriet ihm, dass der junge Mann zusammengekauert am Boden saß und bitterlich weinte.
Langsam näherte er sich. »Geht es dir gut?«
Nichts geschah.
»Ich wollte dir nur sagen, dass ich meine Geldbörse gefunden habe. Du hattest überhaupt keine Schuld. Es tut mir Leid«, sprach er mit sanftmütiger Stimme. »Hast du gehört?«
Nomarac lauschte den Worten, aber er war nicht fähig etwas darauf zu erwidern.
»Die Leute nennen mich Venarez«, erzählte der Raukarii und wusste nicht einmal den Grund, warum er das tat. Vielleicht war es seine eigene Neugier, möglicherweise aber auch, weil der junge Mann ihm leidtat. Er weinte und wirkte so verzweifelt, und das lag sicher nicht an ihrem gemeinsamen Erlebnis.
Venarez seufzte und beschloss, den Jungen besser in Ruhe zu lassen. Doch andererseits fühlte er sich nicht wohl bei dem Gedanken, einfach zu verschwinden. Daher griff er in seine Lederbörse und holte einen glänzend blauen Saphir hervor.
»Bitte nimm ihn. Lass es dir gut gehen.« Er hielt den Edelstein direkt unter Nomaracs Nase.
Nomarac erkannte durch den Tränenschleier den Wert des kostbaren Steines, doch es war ihm egal. Erneut wurde er von einer Welle der Trauer übermannt und wünschte sich, der Mann würde einfach gehen.
»Du musst nicht weinen. Ich würde mir nur wünschen, du nimmst mein Geschenk als Entschuldigung an«, versuchte es der Raukarii erneut.
»Was soll ich damit?« Nomarac blickte auf und schlug die Hand mit dem Stein grob zur Seite. »Ich brauche ihn nicht. Er hilft mir und meinem Bruder auch nicht.«
Überrascht starrte Venarez den jungen Mann an.
»Sind Sie vielleicht taub?« Wütend stand Nomarac auf und funkelte sein Gegenüber an. »Lassen Sie mich in Ruhe und nehmen Sie Ihr Geld mit. Ansonsten rufe ich die Stadtwachen.«
Venarez starrte ihn an. Schließlich rückte er seinen Vorratssack zurecht und schnippte den Edelstein beiläufig auf die Straße. »Überlege es dir. Nimm ihn oder lasse ihn liegen. Mir ist es gleich. Ich hätte dich zwar gerne zu einem Essen eingeladen, denn ich kann keinen traurigen Raukarii am Boden sitzen sehen, vor allem, wenn sie augenscheinlich in Schwierigkeiten zu stecken scheinen. Ich gehe jetzt auf jeden Fall ins nächste Wirtshaus und werde mir den Bauch mit leckeren Köstlichkeiten vollschlagen.«
Nach dieser kleinen Ansprache drehte er sich um, sodass Nomarac sein Lächeln nicht sehen konnte und lief los.
Nomaracs Blick folgte ihm, bis er an der nächsten Häuserecke verschwunden war. Eilig hob er den Edelstein auf und behielt ihn in der Hand. Er wusste nicht, was er denken und fühlen sollte. War dieser Raukarii vielleicht ein
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