Pech und Schwefel (German Edition)
sah, löste sich seine Starre auf und er eilte zu Ronor hinüber. Nur aus den Augenwinkeln bekam er den Kampf mit. Sein Hauptaugenmerk galt seinem Bruder.
Ronor trug nur noch seine Hose. Sie war dreckig, an vielen Stellen aufgerissen und mit Blut befleckt. An seinem Oberkörper, an den Armen und im Gesicht hatte er Schnittwunden und durch Peitschenhiebe aufgeplatzte Striemen. Das Messer und die Peitsche, die Charan benutzt hatte, lagen nur einen Handgriff von ihm entfernt. Aber auch am Hinterkopf hatte er eine Kopfwunde, sie schien älter zu sein, das Blut war getrocknet und die Verletzung verkrustet. Ronor wimmerte kaum hörbar. Nomaracs Herz begann, bei diesem Anblick zu bluten. Er zitterte und spürte plötzlich solch einen gewaltigen Hass in sich aufsteigen, dass er ihn kaum noch kontrollieren konnte.
Trotzdem schaffte er es Ronors Kopf auf seinem Schoß zu betten. Beruhigend streichelte er ihm über die Wange. »Ich bin da, mein Bruder. Alles wird wieder gut. Ich habe Hilfe mitgebracht«, wiederholte er immer wieder, während er sich die Tränen wegwischte.
Ronor reagierte nicht, was Nomarac beinahe zum Verzweifeln brachte. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät. Venarez musste ihn so schnell wie möglich heilen.
»Nicht aufgeben, Ronor«, versuchte er ihn zu trösten. »Gleich wird alles gut.«
Plötzlich hallte ein markerschütternder Schrei durch den kleinen Raum. Als der junge Raukarii aufsah und zu den beiden Kämpfenden blickte, sah er gerade noch, wie sich Venarez‘ schwarze Schwertspitze durch Charans Brust bohrte. Der Soldat war nicht sofort tot, er röchelte noch und starrte Venarez mit funkelnden Augen an.
Und bei diesem Anblick regte sich etwas in Nomarac. Sein aufgestauter Hass und sein unbeschreiblicher Zorn nahmen überhand. Er legte Ronors Kopf vorsichtig auf den Boden, dann sprang er auf. Mit dem Dolch in der Hand stürmte er auf Charan zu. Im nächsten Moment steckte die schlanke Klinge im Herzen des Raukarii, der schlaff auf dem Boden in sich zusammenbrach.
Kapitel Zwölf
Fern der Heimat
Venarez zog sein Schwert aus dem erschlafften Körper seines Gegners und warf es zur Seite. Er ignorierte den toten Körper und kniete sich neben Nomarac. Behutsam umschloss er dessen Hand mit seiner und gemeinsam zogen sie den Dolch aus der Brust. Venarez nahm ihn an sich und schleuderte die blutige Klinge ebenfalls zur Seite.
Nomarac zitterte und starrte auf Charan. Dann stammelte er ganz leise: »Ist …ist er … tot? Habe ich … habe ich ihn umgebracht?« Noch bevor er das letzte Wort über die Lippen gebracht hatte, hustete er und spie plötzlich Galle aus.
»Ganz ruhig, mein Junge.« Venarez nahm ihn in den Arm und drehte ihn von dem leblosen Raukarii weg. »Du hast deinen Bruder gerächt. Und du hast ihn nicht alleine getötet, wir beide waren es … zusammen. Er war schon so gut wie tot. Jetzt wird alles wieder gut.«
Nomaracs Zittern wollte gar nicht aufhören. Obwohl er sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als das miese Schwein namens Charan umzubringen, für das, was er seinem Bruder angetan hatte, war ihm auf einmal übel. Zum ersten Mal in seinem Leben war es kein Traum, der sein Handeln bestimmt hatte, sondern er hatte wirklich jemanden umgebracht. Aber Charan hatte es verdient.
»Komm, mein Junge«, hörte er Venarez und er ließ ihn los. »Wir müssen uns um deinen Bruder kümmern. Er braucht dich jetzt.«
Seufzend nickte er. Der Raukarii hatte recht. Ronor benötigte jetzt seine Hilfe. Alles andere musste warten. Er kniete sich genau wie Venarez neben seinen Bruder und bekam es sofort wieder mit der Angst zu tun. Ronor hatte nicht einmal so schlimm ausgesehen, als Caladur damals versuchte, ihn umzubringen. Beim Anblick kehrten aber auch seine Schuldgefühle zurück. Doch bevor sie wieder von ihm Besitz ergriffen wurde er abgelenkt.
Venarez umklammerte sein heiliges Priestersymbol. Er schloss die Augen, murmelte ein Gebet und begann sich zu konzentrieren. Nomarac beobachtete ihn dabei neugierig. Momente verstrichen und dann sah er aus Venarez’ Fingerspitzen sanftes, bläuliches Leuchten ausströmen. Er löste nun die Hand um sein Symbol und strich dann mit beiden nacheinander und sehr behutsam über die vielen Verletzungen. Die göttliche Energie floss durchs Ronors offene Wunden in seinen geschundenen Körper und ganz langsam schloss sich eine nach der anderen.
Staunend verwandelte sich Nomaracs ernste Miene in ein Lächeln. Der Priester heilte Ronor vor seinen
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