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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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möglichen Opfern Ausschau, sehe aber nur Obdachlose, die versuchen, die Obdachlosenzeitung Street Sheet an den Mann zu bringen, oder Mindestlohnarbeiter bei ihrer Raucherpause.
    Nicht gerade die besten Aussichten auf Glück.
    So offen auf Glückspirsch zu gehen ist generell keine sehr schlaue Idee. Da gibt es zunächst das Problem mit der Körperhygiene. Und zweitens weiß man ohne Nachforschungen nie so genau, was man kriegt.
    Aber manchmal muss man eben Risiken eingehen.
    Wer Glück auf der Straße oder an der Haustür stehlen will, hat in Nob Hill, Pacific Heights und dem Marina District beim Jachthafen die besten Chancen. Mit ihren viele Millionen Dollar teuren Eigenheimen und der zentralen Lage, was touristische Sehenswürdigkeiten und Läden betrifft, bieten diese Orte die beste Kombination aus Reichtum und Komfort. Niemand mustert dich genauer, wenn du dich dort herumtreibst. Und die Chancen, etwas Mittleres Glück zu ergattern, sind groß genug, so dass ich ernsthaft über einen Versuch nachdenke.
    Doch momentan passiere ich statt Herrenhäusern, gepflegten Gärten und Schönheitssalons ein Red-Coach-Motel, mit Graffiti übersäte Hauseingänge und Massageläden. Ich weiß zwar nicht, ob Tommy einen Anteil von diesen Geschäften bekommt, aber wenn ich mir die Leute hier in der Gegend so anschaue, dann kann sich wohl kaum einer von ihnen eine erotische Massage mit abschließender Handentspannung leisten.
    Warum manche Menschen mit Glück geboren werden und andere nicht, weiß ich nicht. Vielleicht hat es mit Karma zu tun – wenn man denn an so etwas glaubt. Eine Belohnung dafür, dass man die richtigen Entscheidungen trifft oder sie in einem vorherigen Leben getroffen hat. Oder vielleicht ist es genau umgekehrt: Menschen, die es beim letzten Mal schwer hatten, erhalten für das nächste Leben einen spirituellen Freifahrtschein, um die Sache auszugleichen.
    Oder vielleicht ist es auch nur purer Zufall.
    Auch warum Glückswilderer Glück stehlen können, weiß ich nicht. Warum ausgerechnet wir auserwählt wurden. Warum wir so geboren wurden. Vielleicht sind wir tatsächlich Mutanten oder Aliens.
    Von den Mitgliedern meiner Familie einmal abgesehen, habe ich nie andere Glückswilderer getroffen. Es gibt nicht so viele von uns, und daher läuft man sich nicht allzu oft über den Weg. Schließlich ist es ja nicht so, dass wir unsere eigene Version von Hogwarts hätten und man uns dort Kunst, Regeln und Etikette der Glückswilderei lehren würde. Und es gibt auch keine Selbsthilfegruppen, die uns dabei helfen würden, zu verstehen, wer wir sind und was wir tun. Alles, was ich über das Stehlen von Glück weiß, habe ich von meinem Großvater gelernt. Außer ihm, meiner Mutter und Mandy ist mir nie jemand begegnet, auf den ich mich verlassen konnte. Niemand, der mich verstanden hat. Das ist ein weiterer Grund, der gegen Beziehungen spricht: Man weiß nie, wem man vertrauen kann.
    Also bin ich im Großen und Ganzen immer ein Einzelgänger geblieben.
    Als Kind musste ich mir selbst Beschäftigungen suchen. Ich habe in meinem Zimmer gespielt, Spiele erfunden oder anderen Kindern ihr Glück gestohlen. Manchmal verbrachte ich Zeit mit Großvater oder Mandy, aber meist war ich allein.
    Und daran hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht allzu viel geändert.

Kapitel 12
    M it meinem Apfelkrapfen schlendere ich die Polk Street hinunter bis hinein nach Russian Hill. Dabei halte ich weiterhin die Augen nach möglichen Opfern offen. Sie zu erkennen ist nicht leicht, und es gibt keinerlei Garantien, aber wenn man jemanden in einem teuren Anzug und mit einer Rolex entdeckt oder jemanden, der gerade rechtzeitig innehält, um nicht vom Bus überfahren zu werden, ist das zumindest ein Anhaltspunkt.
    Was ich wirklich bräuchte, wäre eine Wohnstraße, deren Anwohner in ihrem Garten sitzen oder ihr Auto waschen. Zu wissen, wo jemand wohnt, erhöht die Chance auf erfolgreiche Beute: Menschen mit einer dreistöckigen viktorianischen Villa in Pacific Heights sind da einfach deutlich vielversprechender als Leute, die in einem Einzimmerapartment in Russian Hill leben. Aber Reichtum ist nur ein Teil des Gesamtpakets. Bei der Kaltakquise suchst du idealerweise nach jemandem, der nicht nur finanziell abgesichert ist, sondern der auch auf dem College war.
    Aber alles, was mir momentan begegnet, sind Mieter, ein paar Frauen, die ihren ganzen Besitz in Tüten herumtragen, und ein Haufen Leute, die aussehen, als ob sie Nachhilfe

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