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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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Telefon raus, um den Notruf zu wählen.
    Weil ich mir meinen Lebensunterhalt mit Glücksdiebstahl verdiene, komme ich öfter in kompromittierende oder unangenehme Situationen, aber mit toten asiatischen Doppelagentinnen, reichen Femmes fatales oder Kidnapping und Zwangsverabreichung von Drogen durch chinesische Mafiabosse habe ich trotzdem keinerlei Erfahrung. Als ich noch in der Vorstadt lebte, war das Leben deutlich unkomplizierter. Es dauert ein paar Sekunden, bis meine Synapsen wieder neu zünden und mir klarwird, wie viel Ärger ich bekommen werde, wenn eine Leiche in meinem Büro gefunden wird – unabhängig davon, wer der Polizei diesen Umstand meldet.
    Ich lege auf, ohne gewählt zu haben, schaue S’iu Lei an, deren Körper auf meinem Boden langsam kalt und steif wird, und frage mich, wer sie getötet und hergebracht hat und warum. Ob Tommy sie als eine Art Warnung umgebracht hat. Ob Barry herausgefunden hat, dass sie ihn hintergehen wollte, und ihm mein Büro als Aufbewahrungsort eine gute Idee zu sein schien.
    Aber vor allem frage ich mich, wie ich ihre Leiche von hier wegschaffen kann, ohne festgenommen zu werden.
    Und genau das frage ich mich noch immer, als mein Telefon klingelt.
    »Nick Monday«, sage ich, als wäre nichts Besonderes passiert. Als wäre heute ein ganz normaler Tag. Als säße keine heiße, tote asiatische Doppelagentin zusammengesunken in der Ecke meines Büros.
    »Haben Sie die Überraschung gefunden, die ich für Sie vorbereitet habe?«, fragt Tommy.
    »Ich halte nicht viel von Überraschungen.«
    Dem Ausdruck in S’iu Leis Gesicht nach zu urteilen, geht es ihr ähnlich.
    »Betrachten Sie es als Abschiedsgeschenk«, meint Tommy.
    »Ich wusste gar nicht, dass ich irgendwo hingehe.«
    »Das hängt davon ab, wie klug Sie sind.«
    Und plötzlich fühle ich mich, als würde ich ein Gespräch mit meinem Vater führen.
    »Wissen Sie, wenn Sie mir etwas schenken wollen, tut es auch eine Flasche Wein«, erwidere ich. »Oder ein leckerer Spinat-Dip.«
    »Für jemanden, dem nicht mehr viele Möglichkeiten bleiben, machen Sie ziemlich viele Witze.«
    »Oh, ich habe eine ganze Menge Möglichkeiten. Das Problem ist nur, dass ich keine von ihnen mag.«
    Am anderen Ende der Leitung ertönt ein Lachen. Leise. Kichernd. Irgendwie gruselig. »Ich mag Sie, Nick Monday.«
    »Oh, na ja, dann haben Sie eine seltsame Art, Ihre Zuneigung zu zeigen.«
    Einmal mehr betrachte ich S’iu Lei, ihre leicht gespreizten Beinen und das halb verdeckte Gesicht mit den leicht geöffneten Lippen, und ich frage mich, was sie wohl getan hat, um so zu enden.
    »Was ist eigentlich passiert?«, frage ich.
    »Sagen wir es mal so: Jemand hat versucht, zu viele Seiten gegeneinander auszuspielen. Und schlussendlich hat dieser Jemand den Blick dafür verloren, auf wessen Seite er eigentlich steht.«
    »Mir selbst sind ja Kreise lieber. Da gibt es nur ein Drinnen und ein Draußen. Das ist deutlich weniger verwirrend.«
    »Allerdings kommt man nirgends an, wenn man im Kreis geht, Mr. Monday.«
    Jetzt klingt er ganz genau wie mein Vater.
    »Aber wie dem auch sei: So wie ich das sehe, sind Sie draußen«, sagt Tommy. »Und das ist die falsche Seite.«
    Geometrie war noch nie mein Ding. »Ist es das, worum es hier geht? Sich eine Seite auszusuchen?«
    »Es geht eher um eine freundlich gemeinte Erinnerung«, gibt er zurück.
    »Na ja«, sage ich, »nur so als Tipp für die Zukunft: Versuchen Sie es doch mal mit positiven Anreizen. Kinogutscheine sind toll. Eine Schachtel Pralinen mit Nüssen und Toffee. Nur die mit Likörfüllung, die mag ich nicht besonders.«
    »Möchten Sie weiterhin den Klugscheißer spielen oder sich ausnahmsweise auch mal klug verhalten?«
    »Kennen Sie eigentlich meinen Vater?«, frage ich. »Groß, stämmig, kahlköpfig? Reichlich Probleme mit der Selbstbeherrschung?«
    »Ich kann dafür sorgen, dass Ihr Problem sich in Luft auflöst. Im Gegenzug bitte ich Sie nur um einen Gefallen.«
    »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt: Rot steht mir nicht.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Anscheinend ist Tommy nicht zu Scherzen aufgelegt.
    »Okay, was für ein Gefallen?«, frage ich.
    »Kann ich Ihnen trauen?«
    »Habe ich eine Wahl?«
    »Eigentlich nicht. Aber Sie müssen sich für eine Seite entscheiden. Innerhalb des Kreises oder außerhalb?«
    Kurz bin ich versucht, etwas über Dreiecke und Parallelogramme zu sagen, aber das würde meine Lage vermutlich nicht verbessern.
    »Ich bin drin.«
    »Gut«,

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