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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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Es ist das teuerste Pastagericht auf der Karte. Als Vorspeise gab es ein halbes Dutzend Austern, und zusammen mit den Bellini-Cocktails ist das das teuerste Essen, das ich seit Monaten zu mir genommen habe. Und warum auch nicht? Schließlich bezahlt Tommy die Rechnung. Da kann ich auch alles mitnehmen, was ich kriegen kann.
    »Wie sind deine Tortellini?«, frage ich.
    »Gut. Und die Linguine?«
    »Super.«
    So läuft unser Gespräch schon die ganze Zeit. Ich frage banale Dinge, das Roller-Mädchen antwortet auf die gleiche Art. Fast scheint es, als hätte ich vergessen, wie man mit einer Frau spricht. Auch die meisten meiner Witze waren entweder viel zu flach oder brachten mir nichts als einen kühlen Blick ein. Ich würde ja gern mit ihr über Tommy reden oder über unser gemeinsames genetisches Erbe, aber als Glücksdieb kann man Geschäftliches nicht wirklich in der Öffentlichkeit besprechen.
    Ein weiteres Gesprächsthema wäre natürlich die Leiche im Büro, aber die ganze Sache ist vermutlich ohnehin mitverantwortlich für die steife Unterhaltung.
    Ein paar Minuten lang essen wir schweigend. Keine bedeutungsvollen Blicke. Kein unbehagliches Lächeln. Jegliche Verbindung, die ich zuvor zu ihr gespürt habe, scheint gekappt zu sein.
    »Also gut«, sage ich schließlich und sauge schlürfend eine Nudel auf, um die Stimmung etwas aufzulockern. »Gesetzt den Fall, ich bringe dich dazu, mir zu erzählen, was du in San Francisco machst: Steht dann dein früheres Angebot noch?«
    Das nenn ich mal geschmeidig.
    »Ich hab dir schon gesagt, dass ich keinen Sex mit Männern habe, die Pech wildern.«
    »Willst du nicht lieber etwas leiser sprechen?«, frage ich. »Das sind nicht gerade die Details, die ich mit der ganzen Welt teilen möchte.«
    »Entschuldige«, erwidert sie und wendet sich wieder ihren Tortellini zu.
    Ich schaue mich um und überprüfe, ob uns jemand belauscht hat. Erstens, weil ich nicht als Glückswilderer geoutet werden möchte. Und zweitens, weil zu sagen, dass man Pech gestohlen hat, in etwa mit einem Outing als Mensch mit chronisch vorzeitigem Samenerguss zu vergleichen ist.
    »Woher weißt du das überhaupt?«, frage ich mit gesenkter Stimme und beuge mich etwas vor. »Ich meine, dass … na ja … du weißt schon.«
    Für einen Moment starrt sie mich still an, dann setzt sie wieder ihren Tuesday-Blick auf und sagt: »Es ist in deiner Aura.«
    Was auch immer das heißen mag. Auren, Energie, Horoskope. Psi-Kräfte, Kristalle, Reiki-Kerzen. Dieser ganze Esoterik-Mist und ich kommen in etwa so gut miteinander aus wie ein Alien-Entführungsopfer und eine Analsonde.
    »Aber ich stehle kein Pech«, flüstere ich. »Zumindest nicht mehr. Ich habe es nur einmal getan.«
    Sie zuckt mit den Schultern und nimmt einen weiteren Bissen. »Pech zu stehlen ist wie Herpes. Einmal genügt schon.«
    Schlimm genug, wenn du bei einer niedlichen kleinen Glückswilderin abblitzt, die dich überdies bereits einmal abgezogen hat. Aber spätestens wenn du mit Herpes verglichen wirst, weißt du, dass du lieber im Bett geblieben wärest.
    Die Entmannung meines Egos und die Erwähnung von Sexualkrankheiten verpassen dem Gespräch erneut einen Dämpfer, und so essen wir schweigend weiter. Ich schaue sie an, wie sie mich anschaut, und keiner von uns senkt den Blick. Es ist eine Frage der Willensstärke. Und es ist gar nicht so leicht, Linguine mit Muscheln zu essen, ohne dabei auf seinen Teller zu sehen.
    Das Roller-Mädchen knickt schließlich ein. »Nick Monday also. Ist das dein echter Name?«
    Ich erwidere die Frage mit einem belustigten Lächeln.
    »Was denn?«, fragt sie.
    »Du bist schon die zweite Person, die mich das heute fragt.«
    »Und wer war die erste?«
    »Barry Manilow.«
    Sie zieht eine Braue hoch und starrt mich über den Tisch hinweg an.
    »Er ist ein großer Fan«, füge ich hinzu.
    Der Kellner kommt und fragt, ob wir zufrieden sind oder noch irgendwelche Wünsche haben. Ich für meinen Teil hätte welche: den ganzen Tag ungeschehen machen, eine schöne Thai-Massage oder einen Lapdance. Aber weil er mir damit wohl nicht dienen kann, bestelle ich noch einen Bellini. Das Roller-Mädchen hingegen verlangt die Rechnung, was vermutlich bedeutet, dass sie genug von meiner Gesellschaft hat.
    »Trinken Privatdetektive eigentlich immer im Dienst?«, fragt sie.
    »Hängt vom Tag ab. Und wohl auch vom Detektiv.«
    »Wie lange bist du schon Detektiv?«
    »Lange genug«, antworte ich und trinke schnell meinen zweiten

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