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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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seine Selbstgespräche einzuflechten pflegte. Sein Beruf brachte es nun einmal mit sich, dass er sehr viel allein war, und infolgedessen hatte er die Gewohnheit angenommen, sich unentwegt mit sich selbst zu unterhalten, mal räsonierend, mal mit sich streitend, und manchmal eben auch scherzend, warum schließlich nicht.
    Mit jenem Herrn, der am Nachmittag im »Cafe de Paris« gesessen und später in der Milchbar Pfannkuchen mit Quark zu sich nahm, hatte der neugeborene Handwerksmeister übrigens nicht die geringste Ähnlichkeit, abgesehen von der Größe und natürlich von den Stiefeln, aber die waren früher geputzt gewesen, und jetzt waren sie grau vom Staub.
    Forschen Schrittes entfernte sich der Proletarier in Richtung Stadtrand. Es dunkelte bereits, und die Laternen waren angezündet. Jakow Michailowitsch fiel auf, dass die Straßen in vorzüglichster Weise erleuchtet waren; eine Feststellung, die er nicht etwa als müßiger Spaziergänger machte – das gehörte vielmehr zu seiner Arbeit.
    Einige Zeit später erreichte er die bischöfliche Mädchenschule, ein lang gestrecktes, ebenerdiges Gebäude, das in weißen und gelben Farbtönen angestrichen war.
    In einem Seitenflügel mit separatem Eingang befand sich die »Zelle« der Schulleiterin: zwei Fenster mit weißen Vorhängen, eine kleine Vortreppe, an der Tür ein Kupferglöckchen.
    Jakow Michailowitsch hatte die Wohnung schon vor zwei Tagen inspiziert. Eine winzige Behausung, zwei kleine, sehr gemütliche Zimmerchen, allerdings etwas unordentlich.
    Er postierte sich so weit wie möglich von den Straßenlaternen entfernt hinter einem Busch und legte den Kopf in den Nacken, als wollte er den klaren Mond bewundern. Aber in den nächtlich stillen Straßen war ohnehin keine Menschenseele unterwegs, welcher der romantische Träumer hätte auffallen können.
    Jetzt erklang das Geräusch einer sich nähernden Kutsche.
    Jakow Michailowitsch sah auf die Uhr – zehn Uhr einunddreißig. Wieder setzte er einen kryptischen Schnörkel in sein Büchlein.
    Ein schnittiger englischer Zweisitzer erschien im Blickfeld, gelenkt von einem Beamten in mittleren Jahren mit großer Nase und Schirmmütze. Neben ihm saß das Objekt – eben jene Nonne, die vorhin auf der Kleinen Borschtschowka an ihm vorbeigegangen war.
    Der Mann sprang vom Bock, nahm die Schirmmütze ab und verbeugte sich. Die rothaarige Nonne sagte ein paar Worte zu ihm, verbeugte sich ebenfalls und stieg dann die Vortreppe hinauf. Der Beamte folgte ihr mit dem Blick und wartete, bis die Tür hinter der Schwester ins Schloss gefallen war. Dann blieb er noch minutenlang stehen und drehte dabei an seiner Nasenspitze herum, als habe er eine verwickelte Denkaufgabe zu lösen. Jakow Michailowitsch wusste allerdings, dass es sich lediglich um einen Tick handelte, um eine Art nervöses Zucken.
    Als der Beamte endlich abgefahren war, kam der heimliche Späher hinter dem Busch hervor und trat unter eine Laterne, wo er sein Büchlein aufschlug und begann, seine Notizen zu überfliegen.
    Seit fünf Tagen keine einzige Abweichung. Er konnte sich an die Arbeit machen.
    Also.
    Von elf Uhr abends bis sechs Uhr morgens Schlafenszeit. Eine halbe Stunde für die Morgentoilette. Dann begibt sich das Objekt in die nahe gelegene Kirche. Anschließend geht es wieder nach Hause. Eine interessante Laune: Von halb acht bis acht nimmt diese Nonne ein Bad im Fluss, obwohl doch das Wasser um diese Jahreszeit eiskalt ist. Dann Frühstück in der Schule, gemeinsam mit den Schülerinnen. Von neun bis zwölf Unterricht. Anschließend Mittagessen. Von eins bis fünf wieder Unterricht. Von fünf bis sieben Chorproben. Kurz nach sieben geht sie zu Fuß zur bischöflichen Residenz (folgende Route: von der Kasaner Straße über die Dworjanskaja in die Kleine Borschtschowka; zu dieser Zeit sind die Straßen voller Menschen); zwanzig nach zehn begibt sie sich in Begleitung des Bezirksstaatsanwalts auf den Heimweg.
    Soweit der vorgegebene Rahmen des Auftrags, an sich nicht weiter schwierig.
    Aber.
    Der Haken lag in den Zusatzkonditionen. Die Anweisung lautete: Unfall oder plötzlicher Tod durch Krankheit, keinerlei Verdacht auf Gewalteinwirkung. Das ist natürlich interessanter als das übliche Tschik-Tschik, aber auch tausendmal schwieriger.
    Mit einem Wort, eine Denksportaufgabe, eine richtige Knacknuss.
    »Tch-jaah, tcha-hihaah«, brummelte Jakow Michailowitsch vor sich hin, während er seinen Gehirnkasten rotieren ließ.
    Wenn diese Herren Schlaumeier

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