Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
zwischen den Granitfelsen und machte ein kleines Feuer, um seine Beute zu braten.
Es war viel Fleisch, aber er aß alles auf. Er war jedoch zu müde, um schlafen zu können, völlig erschöpft bis auf die Knochen, und so lag er entspannt in seiner Fellrolle und sah zu, wie die Asche die Kraft verlor und die kühle Gebirgsluft nicht mehr erwärmen konnte. Es war eine seltsame Zeit, noch seltsamer als die Perioden auf der Reise nach Osten, in denen er allein gewesen war. Soviel war geschehen. Es war ihm gelungen, bei den Shumai einen Platz zu finden, wie vorher bei den Sentani. Ja, hier war er sogar noch wichtiger. Wenn auch Thro der Anführer der Expedition gewesen war, hatte doch Jestak die Idee geliefert. Und das ganze Unternehmen wäre beim ersten Zusammenstoß mit der Patrouille zum Scheitern verurteilt gewesen, wenn nicht Jestak mit seinem Bogen gewesen wäre.
Als er sich zurücklehnte und zu den Sternen auf-sah, dachte er an die Spiele der Shumai auf der Black Bull-Insel. Vielleicht spielten sie sie auch jetzt wieder, riefen jubelnd einen Stern nach dem anderen auf, woben ein Muster, das bei jedem Zug komplizierter wurde. Jestak fühlte sich einsam.
»Wenn du einsam bist«, sagte man in Salzstrom, »dann bete.« Worum? Konnte er um Tia beten? War das nicht ein persönliches Gebet. Was hatte Tia an sich, die er nur so kurz gesehen hatte? Sie war ziemlich dunkel für eine Shumai und erinnerte ihn an Arthil, die junge Prophetin, die gespürt hatte, wie Jestak sich immer mehr zu ihr hingezogen fühlte, und sie sagte: »Man muß die Ansprüche der Gattung, die nicht immer wirklich im Interesse eines Menschen liegen, von denen Gottes trennen, bei denen das der Fall ist. Die Gattung sagt einem sogar von innen heraus, was sie will, nämlich ihren Fortbestand auf Kosten jeglicher menschlicher Glückseligkeit und allen Fortschritts. Wenn die Stimme der Gattung aus dem Innern spricht, haben ihre Worte große Kraft. Aber sie werden schwächer, wenn man erkennt, was da spricht. Dann kann man diese Worte beiseiteschieben und fragen: Was hat Gott dazu zu sagen?«
»Wie weiß man das?« hatte Jestak gefragt.
»Das ist oft schwer«, hatte sie erwidert. »Aber man kann die Eigenschaften aufzählen, von denen man weiß, daß sie göttlich sind, und sie mit dem verglei-chen, was man selbst will. Dann scheint man in der Stille die Stimme Gottes zu hören, die einem sagt, was sein Wesen zu einer bestimmten Situation meint.«
»Mir kommt das ziemlich schwierig vor. Es gibt so wenig Frauen wie dich«, hatte Jestak erwidert.
»Das«, hatte sie lächelnd gesagt, »ist eine Mischung von Stimmen. Es gibt viele Frauen, und du wirst eine finden. Vielleicht gibt es zwischen dir und mir tatsächlich einige für das Glück notwendige Bestand-teile. Aber du bereitest dich schon jetzt auf den Aufbruch vor, du willst nach Hause zurückkehren, um jene in der Ferne zufriedenzustellen, die sich deinetwegen Gedanken machen, und darüber, was du getan hast. Du kannst nicht hierbleiben. Also liegt hier das Rechte nicht, nicht wahr?«
»Ich könnte zurückkommen.«
»Das Wasser im Fluß kommt nie zurück. Wenn die Fische, die als winzig kleine Wesen weggeschwom-men sind, schließlich von ihren Reisen zurückkehren, um ihre Eier zu legen, sind sie verändert. Sie sind müde von ihrem Leben und kommen, um zu sterben.
Du mußt dein Wollen über all das erheben, Jestak.
Stell es auf eine Ebene über der intellektuellen, stell es auf eine metaphysische Ebene! Dann kannst du geben ohne Ende, weil du nichts von dir selbst gibst, sondern nur von den Eigenschaften, die Gott ewig ausströmt. Vielleicht findest du eine richtige Frau, aber das wird für dich wieder eine Art des Gebens sein, ein Ausstrahlen von Güte, kein Begehren und Brauchen, kein Wollen und Nichthaben und Habenmüssen, und dann wieder haben müssen und noch einmal, bis man vor lauter Haben so fett geworden ist, daß man die Gewohnheiten des Gebens ganz vergessen hat, die Schönheit des Gebens, den Ruhm des Gebens und die Leichtigkeit des Gebens.«
Jestak hatte geseufzt. »Die Leichtigkeit des Gebens«, hatte er erwidert. »Die Leichtigkeit des Gebens ist schwer.«
Sie hatte gelacht und seinen Arm gestreichelt. Dann hatte sie gesagt: »Dann mußt du still deinen Gedanken folgen, bis das Schwere leicht wird, weil du dein Gefühl dafür, wie die Dinge sein sollten, mit dem Gottes vereint hast. Wenn man nur unter Menschen nach Glück sucht, wird man immer enttäuscht. Die Vermischung
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