Pelbar 4 Der Fall der Muschel
Kapuze in der Mitte beugte sich vor. »Aber hast du auch an die Kosten für den Unterhalt des Arbeiters gedacht? Sicherlich ist nicht alles, was du an-führst, Reingewinn.«
»Ich habe das eingerechnet, mit Respekt, verehrtes Komitee, und wie üblich zweiundzwanzig Hundert-stel für Untauglichkeit abgezogen. Diese Arbeitskraft ist jung. Wenn der Junge länger als fünf Jahre lebt, sind die Gewinne noch größer.«
»Ist damit die Stellungnahme von Daw abgeschlos-sen?«
»Ja, verehrtes Komitee. Abgeschlossen.«
Wieder neigten sich die Köpfe zueinander. Lange Zeit wurde gemurmelt. Endlich schaukelte die Kapuze in der Mitte zurück und verkündete: »Hier ist unser Urteil. Wir wissen die Aktion von Ahks zu schätzen, unsere Aufmerksamkeit auf diese Angelegenheit zu richten. Wir wissen auch das Urteil des Nicfad zu schätzen bei Aufrechterhaltung der Ordnung, die so notwendig für unsere Gemeinschaft ist. Wir wissen auch die vorausschauenden Berechnungen von Daw zu schätzen. Wir neigen dazu, dem Arbeiter seine Aufsässigkeit aufgrund der Umstände zu verzeihen.
Wir geben dem Vorarbeiter Ahks als Belohnung für seine Wachsamkeit eine neue Aufgabe als Leiter des Holzprojekts im südlichen Sumpf. Diese ist mit viel Verantwortung verbunden. Wir bitten den Nicfad, auf Schläge zu verzichten, wenn der Arbeiter sich fügt – wegen Produktionsverlusten. Wir wünschen den Nicfad für anhaltende Wachsamkeit durch zu-sätzliche Dienstabzeichen zu belohnen. Damit vertagt sich das Komitee.
Aber solange es noch hier ist, möchte ich zur Beleh-rung des Arbeiters, der, wie ich höre, neu bei uns ist, eine Feststellung treffen. Wir sind hier mit der wissenschaftlichen Wiederherstellung einer geordneten Gesellschaft nach der Zerstörung jener in alten Zeiten befaßt. Wir sind seit Jahrhunderten von der jetzigen, dekadenten Phase abgespalten von Alats, die korrupt geworden sind. Sie werden mit der Zeit ihrem Sturz entgegentaumeln. Wir werden sie jedoch wieder aufbauen, werden uns dann nach Norden ausbreiten mit unserem geordneten Gesellschaftssystem, mit seinem Gleichgewicht der Teile und der Aufgabenverteilung, seiner perfekten Staatsorganisation ohne schlampige, individuelle, richtungslose und irrtümliche Arbeits-vergeudung. Wir sind dazu vom Schicksal und vor den Gesetzen der Geschichte verpflichtet. Wenn kleine Korrekturen wie hier notwendig sind, dann führt sie das Komitee gerne durch. Jetzt ist es die Pflicht jedes Teils der Gesellschaft, an den rechten Platz zu-rückzukehren und dankbar zu sein, zum Wohle des Ganzen beitragen zu können.« Er machte eine Pause und nippte von einer Flüssigkeit aus einem edelstein-besetzten Metallbecher. »Alle müssen bereitwillig und mit freudigem Herzen ihren Beitrag leisten. Darauf bestehen wir. Wenn Opfer notwendig sind, dann müssen Opfer gebracht werden. Das ist alles. Wir bitten den Arbeiter, noch für besondere Beratung hierzubleiben.« Dann befahl die mittlere Kapuze dem Nicfad, Gamwyn die Arme hinter dem Rücken zu fesseln.
Gamwyn stand auf, als der Nicfad ihn hochzog.
Dann verließ das Komitee bis auf die mittlere Kapuze den Raum. Auch Sandra blieb. Gamwyn drehte sich um und sah Daw am Arm des großen Mannes hin-ausgehen. Hinter ihnen schlossen sich die Türen. Die Kapuze beugte sich mit gefalteten Händen nach vorne. Gamwyn sah einen Ring mit einem Stein daran aufblitzen.
»Ihr solltet Ahks nicht bestrafen«, sagte Gamwyn.
»Der südliche Sumpf? Er hat am wenigsten von allen Unrecht getan. Er hat nur getan, was Daw sagte.«
Der Vermummte beugte sich vor. »Du urteilst also?
Du, der du so gut, der du mit nichts davongekommen bist? Alles wegen meiner flennenden Tochter, die mir keinen Frieden lassen würde, wenn dir etwas geschä-
he? Jetzt nehme ich dafür den Argwohn der Nicfad auf mich, alles für dich – Sklave!«
»Ich dachte, du seist der Kopf.«
»Sie sind die Arme, und in den Armen sind Waffen. Wer bist du überhaupt? Peshtak-Spion?«
Gamwyn überlegte. War das eine Falle? »Ich bin, was du mich heißt zu sein. Ich möchte keinen Fuß verlieren.«
Der Mann schob seine Kapuze zurück und enthüllte einen Cherubskopf, rötlich, mit sich lichtendem Haar. Er lächelte. »Du verlierst keinen Fuß. Sag es mir! Ich muß über solche Dinge in meiner eigenen Stadt Bescheid wissen. Das ist wichtig. Wir kümmern uns um die Bedürfnisse aller.«
Gamwyn wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Er wandte sich an die alte Frau und fragte: »Frau mit dem uralten Namen,
Weitere Kostenlose Bücher