Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
herum aus dem Blickfeld verschwand.
Es gab immer wieder neue Hindernisse im Fluß, während sie in stetigem Tempo nach Norden auf das Bittermeer zufuhren.
SIEBEN
Stel beugte sich über das Schieberventil, das er aus-gebaut hatte, um es neu abzudichten, weil inzwischen bei jedem Stoß Dampf herauszischte. Er prüfte, ob der Schaft gegen die Lager Spiel hatte, schob ihn langsam hinein und zog ihn heraus und drückte dagegen.
Dann runzelte er die Stirn und schürzte die Lippen.
Portain blickte ihm über die Schulter und sagte: »Du würdest Ahroe wohl nichts wegnehmen, was sie wirklich will.«
»Hm? Was? Ich bin froh, daß das Lager anscheinend noch immer fest ist, trotz der starken Beanspru-chung. Wir hatten damit schon mehr Schwierigkeiten.
Dai und ich haben es in letzter Minute umgeändert, mit zusätzlicher Dichtung, aber es funktioniert noch immer nicht ganz zufriedenstellend.«
»Du hörst mir nicht zu. Du bist genau wie mein Vater.«
»Dein Vater? Was? Schenke ich Raydi nicht genug Aufmerksamkeit? Nein. Vermutlich hast du recht. Ich weiß, daß du recht hast, Port. Wenn wir diese Reise hinter uns haben, werde ich sie bestimmt besser behandeln. Ich sehe sie immer noch, wie sie da unten zusammengekauert in der Bilge hockte, hungrig und frierend, und wartete, bis sie genau wußte, daß wir an Nordwall vorbei waren. Es schaudert mich, wenn ich daran denke.«
»Zum Teufel mit dir, Stel! Du aalglatte Wasserschlange.« Sie legte ihre zitternde Hand auf sein Handgelenk. Er schaute zu ihr auf.
»Oh. Entschuldige, Port. Ich versuche, das Ding hier zu reparieren. Bitte. Schau! Da in der Kajüte ist Raydi. Bitte. Sei vorsichtig. Du mußt das unter Kontrolle bekommen.«
Der Gardehauptmann trat zurück und schlenderte nach vorne zum Bug. »Sawf«, sagte sie zum wachha-benden Gardisten. »Geh und hilf Stel! Ich halte Ausschau.«
Stel sah sie noch immer an. Sie hatten seit jener Nacht vor drei Tagen nicht viel miteinander gesprochen. Die Mündung des Cog hatten sie in dem Labyrinth von Inseln ohne Schwierigkeiten gefunden, denn die Pelbar von Iver hatten sie mit leuchtenden Stoffstreifen markiert. Dieser Fluß war schmal und gewunden, braun von der Pflanzenbrühe der flachen Prärien westlich des Bittermeeres.
Stel dachte an Portains Vater, soweit er sich an ihn erinnern konnte, ein dünner, verbitterter Mann, wahrscheinlich der beste Tischler in Pelbarigan. Alle seine Fugen paßten ohne zu klemmen und ohne Spiel. Seine Polituren glänzten, hatten keinen einzigen Kratzer und schienen sogar die Abschlußzapfen zu verdecken. Jedermann glaubte, daß er seine ganze Energie in die Arbeit investierte, weil er nicht unterwürfig genug war für seine zänkische Frau, die den Gehorsam eines Bilderbuch-Pelbar verlangte, aber selten zufriedenzustellen war. Die beiden kamen nicht miteinander aus, und sie ließ ihn das spüren.
Und er hatte es also an Portain ausgelassen, seiner eigenen Tochter, überlegte Stel. Er mußte ...
»Stel? Was soll ich tun?« fragte Sawf und kniete neben ihm nieder.
»Ach so. Hier. Halt den Schaft, während ich ihn abdichte. Nicht so. So gerade wie möglich. Stell dein Knie darunter! Hier. Nimm diesen Lappen!«
Stel machte sich wieder an die Arbeit. Ein wenig Spiel hatte das Lager doch. Er würde es anders konstru-ieren, wenn er noch einmal Gelegenheit dazu bekam.
Aintre kam aus der Kajüte herauf. »Gardehauptmann. Funkspruch von der Portage.« Alle ließen die Arbeit liegen und drängten sich herum, als Portain den Funkspruch verlas.
Von Pelbarigan an Schiff: Funkt, wenn ihr im Cog seid.
Wir schicken Boote. Tantal auf unserer Seite des Bittermeers. Senden euch Verstärkung. Erve, Gardehauptmann.
»Antworte ihnen, Aintre. Bestätige den Spruch und sage, daß wir schon weit in den Cog eingefahren sind. Wir liegen im Augenblick still, müßten aber bald wieder flott sein. Gowen, Allay, macht die Gewehre fertig.«
Aintre drehte sich um und ging in die Kajüte zu-rück. Portain schaute Stel an.
»Ich bin bald fertig, Port. Ich mache mir Sorgen.
Die Portage ist unsere verwundbare Stelle. Wir müssen die ›Pusterich‹ aus dem Wasser ziehen, Rad, Kiel und Ruderpinne abnehmen und das Schiff auf Balken über die Prärie rollen. Dabei könnten sie uns erwischen und alles zerstören.«
Sie würden eine flache Rinne benützen, die die Tantal vor Jahren während einer Invasion ins Tal des Heart gegraben hatten, die dann zu ihrer Niederlage in Nordwall führte.* Die Pelbar von Iver hatten schon
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