Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
Vom Netzwerk:
sie nicht wieder. Der Absturz ist lang.«
    »Das ist altes Fleisch und bitteres Wasser, Axtschwinger.«
    »Ich sagte schon, ich bin nicht normal«, erwiderte Tor. »Eine Zeitlang war ich durch den Verlust meines Arms so betäubt, daß ich dachte, ich würde sterben.
    Wer hat je von einem Axtschwinger mit einem verstümmelten rechten Arm gehört? Herausgehoben wurde ich durch Wahrheit, die mit Liebe ausgesprochen wurde. Und ich habe für einige Zeit ein Ziel gefunden. Ich behaupte nicht, daß das, was ich tue, ›normal‹ ist. Mein Neffe hier macht sich darüber genug Sorgen für uns beide. Aber es liegt innerhalb der weitgesteckten Grenzen des Normalen. Es ist nicht bösartig. Es gibt auch gute Möglichkeiten, anormal zu sein. Der Macht nach zu urteilen, die euer Axtschwinger über euch hatte, war das hier keine.«
    »Hilf uns, eine zu finden.«
    »Das muß aus euch selbst kommen.«
    Der Mann stand auf. »Du hast Angst, daß du es nicht schaffst.«
    »Ich weiß, daß ich es nicht schaffen könnte. Jedes Gebäude steht auf seinem Fundament. Das weiß jeder.«
    »Das ist nur ein Rätsel.«
    »Nein. Alles, was ich auf euer Fundament bauen könnte, hinge von diesem Fundament ab. Euch gefällt das Fundament. Baut ihr darauf! Leb wohl! Nimm du die Axt! Trau dir selbst niemals wirklich. Du kannst dir nicht genug mißtrauen. Aber das kannst du für dich behalten. Ja, das mußt du sogar. Wenn die Axt rostet, so möge es vom Wasser kommen, nicht vom Blut. Wenn du andere Menschen findest, die bereit sind zu tun, was du verlangst, mußt du dich enthalten, etwas zu verlangen. Das hat der letzte Axtschwinger nicht getan. Er hat die Herrschaft bis zur völligen Unterwerfung getrieben. Sieh dir an, was dabei herausgekommen ist! Elend. Es gibt immer einen guten Weg, so zu sein, wie ein Mensch auch immer ist. Und einen schlechten. Es ist wirklich eine Kunst, die beiden nicht zu verwechseln.«
    Der Mann stand schweigend auf. »Doomy sagt, ich soll dir dafür danken, daß du das Feuer ein Stück von ihm entfernt angezündet hast. Es geht ihm nicht schlecht. Gome auch nicht. Du bist Tor?«
    »Ja. Das ist mein Neffe Tristal.«
    »Ich bin Agon. Lebt wohl!«
    Sie drückten die Handflächen im Abschiedsgruß der Shumai aneinander, dann ging der Mann allein den Hügel hinunter. Tristal ließ Rarans Halsband los.
    »Wenn sie über den Hügel sind, müssen wir weiter«, sagte Tor.
    »Werden sie uns folgen?«
    »Weiß nicht. Ich glaube nicht. Aber rechnen müssen wir damit. Sie sind unheimlich gute Fährtensu-cher. Wir müssen besser sein denn je. Wir müssen ei-ne Stelle finden, wo wir uns ausruhen können. Ich bin hungrig wie ein Wolf. Du auch, ich weiß. Am besten gehen wir.«

SECHS
    Tor und Tristal gingen zwei Tage langsam weiter, jagten und beobachteten, dann ließen sie sich nieder und rasteten. Sie waren wieder auf einer Steppe mit kurzem Gras, kalt und winddurchweht. Tristal hatte einen gewundenen Bach gefunden, klein und klar, bis ein plötzliches Gewitter ihn zu einem schäumenden, schlammigen Sturzbach anschwellen ließ.
    Sie hatten sich darüber am Ufer eine Hütte gebaut, aber die zeigte sich dem Unwetter nicht gewachsen, und bald schlängelten sich Ströme schlammigen Wassers durch die Rückwand und über den Fußboden. Ihr winziges, auf einer Plattform vorne in der Hütte brennendes Feuer rauchte im verwehten Dunst und beschwerte die Luft mit dem Gestank des getrockneten Mists, mit dem es hauptsächlich geschürt wurde.
    Tristal legte sich in einer Ecke auf seinem Graslager zurück, kaute auf einem Stengel und grübelte über etwas nach. Er ärgerte sich sowohl über seine eigene Niedergeschlagenheit wie über die Gelassenheit seines Onkels. Raran kuschelte sich vom Donner geängstigt an Tristal, der der Rätsel und Rechenspiele mü-
    de war, mit denen sich die Shumai sonst in solchen Zeiten zu unterhalten pflegten. Tor kannte einen un-erschöpflichen Vorrat davon und schien niemals zweimal die gleichen Aufgaben zu stellen. Tristal hatte seinen Onkel gebeten, keine Fragen mehr an ihn zu richten. Er lehnte sich in dumpfem Trübsinn zu-rück.
    »Du hast im Leben schon genügend solcher Unwetter ausgesessen, um dir deshalb keine Sorgen zu machen, Tris. Das hört schon wieder auf.«
    Tristal schwieg lange, während er einen Flicken in seine Laufstiefel nähte. »Aber ich habe sie auch in Pelbarigan ausgesessen. Da war es gemütlicher.«
    Tor warf den Strohhalm in den Regen hinaus. »Die alte Art war in manchem schlecht. Wir wissen

Weitere Kostenlose Bücher