Pelbar 6 Das Lied der Axt
Angelegenheit sein. Hattest du denn niemanden, den du schicken konntest?« begann Morton.
»So ist es. Wirklich. Sehr besorgniserregend. Ich brauche deine Hilfe. Meine Tochter ...«
»Blanche?«
»Emily. Die jüngere. Sie ist wie weggezaubert. Entführt. Eine Zwangsheirat in Sicht – es sei denn, wir können eine Schwangerschaft verhindern.«
»Gestohlen! Emily? Keine abgesprochene Sache?«
»Nein! Diesmal nicht. Ein paar Holzfäller aus dem Nordsektor, die sie im Sommer gesehen haben. Jedenfalls einer davon. Ich bin sicher. Bestimmt nicht mit ihrer Einwilligung. Wir haben alles abgesucht. Dupin und seine Männer haben uns unterstützt. Sie sind sogar einigermaßen beschämt. Aber sie haben nichts gefunden.«
»Du nimmst doch wohl nicht an, daß sie nach Sü-
den gekommen sind. Das wüßten wir.«
»Ach ja, das ist mir klar. Ich bin gekommen, um dich zu bitten, daß du mir deine Gefangenen aus-leihst. Diese beiden Fremden. Ich habe von ihnen ge-hört, daß sie Riesentiere jagten, ehe sie hierherkamen.
Wie die aus den alten Zeiten, von denen die Geschichten erzählen. Und daß der ältere so besondere Instinkte hat.«
»Ein Problem, fürchte ich. Der ältere. Vor fast zwei Wochen lehnte er es ab, zu arbeiten.«
»Er lehnte es ab? – Das verstehe ich nicht.«
»Er sagte, er hätte für so ein kleines Schaf genug gearbeitet. Behauptete, er würde ausgebeutet. Ich erwiderte, wenn er nicht arbeiten wolle, dann würde er auch nichts zu essen bekommen. Er ist dabei geblieben. Jetzt ist er geschwächt, aber arbeiten will er nicht. Also bekommt er nichts zu essen.«
»Du willst ihn verhungern lassen? Das ist gegen das Gesetz.«
»Was würdest du tun?«
»Nun, vielleicht seine Rationen kürzen – oder ihn allein einsperren. Aber ihn verhungern zu lassen ...«
»Ich lasse nicht zu, daß er mein Gefängnis leitet, Je-ffrey. Ich dachte, er würde nachgeben.«
»Soviel ich gehört habe, ist er nicht der Typ, der nachgibt. Dann ist er also zu schwach. Was ist mit dem zweiten? Könnte man ihn überzeugen?«
»Er ist wütend wegen seines Onkels. Ich werde ihn holen lassen. Aber mach dich lieber auf ein paar Beschimpfungen gefaßt.«
Fenbaker setzte sich und starrte sein Getränk an.
»Ich mag das gar nicht, diese Einmischung. Aber ich bin verzweifelt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Emily den Rest ihres Lebens in dieser Sprache schnattern soll.«
»Nein. Ich lasse ihn holen.«
Als Tristal hereingeführt wurde, staunte Fenbaker über seine Größe, als er dann sein grimmiges, wütendes Gesicht sah, zitterte er ein wenig.
»Richter Fenbaker wünscht mit dir zu sprechen«, sagte Morton.
»Über die Ernährung meines Onkels? Das ist vielleicht so eine Gesellschaft hier. Sogar die Peshtak geben ihren Gefangenen zu essen. Die Tantal auch. Die verworfensten Gesellschaften – bis auf diese hier.«
»Ja, ja. Wir werden uns darum kümmern. Vielleicht könnten wir zu einer Vereinbarung kommen, wenn du mir hilfst.«
»Wenn ich dir helfe? – Und wenn ich es nicht tue?
Laßt ihr mich dann auch verhungern?«
»Nein, nein. Versuche, höflich zu sein. Das macht es einfacher.«
»Wir waren höflich genug, als wir kamen. Man hat uns ins Gefängnis geworfen und zur Arbeit gezwungen. Die Höflichkeit hat uns nicht weit gebracht.«
»Um des Herrn willen, Mann. Setz dich! Kerkermeister, laß ihn los! Du wirst nicht fliehen, nicht wahr? Bitte. Vielleicht kann ich dir helfen. Du kannst mir helfen, glaube ich.«
»Das ist der eigentliche Zweck, nicht wahr? Du bist auch wieder einer von diesen sogenannten Richtern, hat man mir gesagt. Der ganze Zauber soll nur bewirken, daß ich dir helfe.«
»Es hat keinen Sinn«, sagte Morton. »Siehst du? Er ist ein Wilder.«
»Ich? Ein Wilder? Was für wilde Taten habe ich denn begangen? Einen Menschen verhungern zu lassen, das tun Wilde!«
»Ich will nichts mehr davon hören. Kerkermeister, bring ihn zurück!«
»Nein! Nein! Nein!« schrie Fenbaker schrill, stand auf und umklammerte Tristals Arm. »Morton, bitte!
Geh hinaus! Bitte! Nimm den Kerkermeister mit! Laß mich mit ihm sprechen! Bitte! Es geht um meine Tochter.«
Im Raum wurde es still. Morton ging mit dem Kerkermeister hinaus. Tristal konnte spüren, wie Fenbakers Hand zitterte. »Setz dich, bitte! Bitte, hör mir nur zu! Es geht um meine Tochter. Sie ist verschleppt worden. Entführt. Sie ist irgendwo da draußen mit einem Mann und seinen Freunden. Wenn sie schwanger wird, muß sie ihn heiraten. Das ist Gesetz.
Wird
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