Pelbar 6 Das Lied der Axt
sagte Freifrau Fenbaker, während sie sich zum Schlafengehen fertigmachten, zu ihrem Gatten: »Stell dir vor, er glaubte nicht einmal, daß die Menschen in Ewigkeit brennen werden, weil sie sündig und verstockt sind!«
»Oh, das können wir ihm sicher noch beibringen, meine Liebe.«
»Und all das Geschwafel über Riesenflüsse und endlose Landschaften. Ich will davon nichts hören. Es ist schwer genug, einen Haushalt zu führen – besonders, wenn Wilde zum Essen kommen und das alte Kauderwelsch hereinplatzt.«
»Ja, mein Schatz. Aber ich bin sehr froh, daß das erledigt ist. Dupin mag die beiden. Sie können mit ihm schnattern – wenigstens Tor. Er ist ein Mann, wie man ihn selten findet, Nannie. Kein Zweifel. Selten.
Ich bin froh, daß ich ihn kennengelernt habe. Ich habe auch meine Hoffnungen.«
»Hoffnungen? Doch nicht Emily! Nein. Nicht mit diesem Riesen.«
Fenbaker lachte. »Nein. Aber daß wir schließlich doch einen Mann bekommen, der mit den Leuten, die unsere Kinder verschleppen, fertig wird.«
»Wenn er nicht einer von ihnen ist.«
»Nannie. Du bist doch nicht immer noch wütend wegen der Rüben!«
»Nein. Ich ... ich habe ein wenig Angst. Man wird ja ganz schwindlig im Kopf bei soviel neuen Dingen.«
»Das stimmt wirklich, Nannie. Ein scheußliches Durcheinander.«
Tor hatte auch mit dem, was er über die Jahreszeit am Heart sagte, recht. Die Junibeeren standen in Blüte, und die langen Stämme vom Winterfällen waren nach Nordwall hinuntergeflößt worden. Wieder war Fahna momentan überrascht, als sie Bravet sah, und sie verwechselte ihn noch einmal mit Tristal. Aber nein. Er war fast so groß und hatte breite Schultern.
Aber ihm fehlte Tristals schmerzliche Grazie und die leicht großspurige Haltung des Läufers. Sein Haar war blond, aber nicht von goldenem Licht durch-drungen.
Bravet fing jedoch ihren Blick auf, grinste zurück und schrie: »Hier bin ich, bereit für die Glückliche!«
Sie wandte sich schnell ab und ging das Flußufer hinauf. Bravet und seine beiden engsten Kumpane lachten. Ein alter Shumai, jetzt ein Farmer, der am Ufer saß, spuckte ein klein wenig ostentativ in den Fluß.
»Hast du Schwierigkeiten?« fragte Bravet und schaute ihn scharf an.
»Sie hat dich verwechselt«, sagte der Mann, ohne sich einschüchtern zu lassen. »Ich war dabei, im schmalen Tal im Süden, als der Mann, mit dem sie dich verwechselte, seinen ersten Peshtak tötete. Du siehst ihm nur ein klein wenig ähnlich. Aber nicht richtig. Er ist als Jagdläufer aufgewachsen und ist immer noch einer. Kein Farmer. Kein Holzfäller. Er lebt jeden Tag in dem alten Shumai-Geist, der uns allen verlorengegangen ist.«
»Hör zu, du einäugiger Schleimwühler ...«
»Und kein einziger von diesen Jägern würde eine Frau anschreien wie eine Ente, die einen Tritt bekommen hat«, sagte der Mann sanft, drehte sich um, spuckte noch einmal aus und ging weg.
SECHZEHN
Schließlich wurde das Wetter im Eistal milder, und die Temperaturen stiegen bei Tag über den Gefrier-punkt. Die hohen Schneewehen glänzten im tauen-den Schnee, der nachts Krusten bildete.
Randall Stonewright, Freifrau Arbyrs Gutsvogt, ging quer über den Farmhof, als Raran plötzlich, gefolgt von vier hängeohrigen, knubbelbeinigen, schon fast erwachsenen Hunden aus dem Holzschuppen gerannt kam. Das Rudel flog an ihm vorbei und stürmte nach Nordwesten. Er beschattete seine Augen und sah weit draußen auf der Weide einen einzelnen Skiläufer, der auf das Gut zukam.
Als sich die Hunde dem entfernten Mann näherten, hockte der sich auf seinen Skiern nieder. Raran stieß ihn um und sprang um ihn herum, die anderen Hunde kamen näher und standen, mit hochgerecktem Schwanz wedelnd, im Kreis um Raran und den Mann herum, der im Schnee zappelte.
»Was ist das, Herr?« fragte Billy Rantool, einer der Gutssägewerker, und trat zu Stonewright.
»Ich könnte mir denken, daß es einer von den Wilden ist, der seine Hunde holen will. Ist auch gut so.
Die hätten bis zum Herbst die ganze Herde aufge-fressen. Fressen so viel wie zwei Männer, und man kriegt keinen Handschlag Arbeit aus ihnen heraus.«
»Sonderbare Hunde. Aber diese Raran. Sie ist ein Tausendsassa. Sie hat sogar Justins Handschuhe gebracht, als er sie vergessen hatte, und sie ihm vor die Füße geworfen. Wenn man mit ihr spricht, hat man das Gefühl, als verstehe sie einen.«
»Ja. Ich weiß. Ich habe gesehen, wie sie Ami mit dem Kopf aus dem Widderpferch geschoben hat. Hat sie gestoßen,
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