Pelbar 6 Das Lied der Axt
diesem Farmer bei seinem Dach! Ich entschädige dich dafür. Irgendwie. Oder hast du zuviel zu tun?«
»Stonewright hat zu dieser Jahreszeit jede Menge Arbeit.«
»Nun, dann laß es! Ich werde auch selbst wieder gesund. Dann geht es also um Elayna?«
»Was geht es dich an, wenn es so ist?«
»Nichts. Überhaupt nichts.«
»Kommst du den Winter über zu Arbyrs Hof? Sie sagte, ich soll dich fragen. Sie sagte, du kannst beim Leinen helfen. Holzarbeit hat sie auch.«
»Nein. Ich glaube nicht.«
»Sie hat gesagt, du sollst kommen. Keine Angst. Ich werde dich nicht belästigen. Ich werde nicht da sein.«
»Ich wußte gar nicht, daß du so verbittert bist.«
»Du paßt recht gut in deine eigene Welt, aber die ist nicht hier.«
Tor lachte. »Damit hast du recht. Ich habe den Heart verlassen, weil ich dort keinen Platz mehr gefunden habe. Und jetzt soll ich wieder in die gleiche Sache zurückgeworfen werden. Es ist zu ironisch.
Aber mit einem Unterschied. Hier bin ich zu progres-siv. Ich bin derjenige, der fliegen will.«
Tristal schüttelte empört den Kopf.
»Ich habe ein schönes Stück Bach gefunden, mit Fo-rellen drin. Wirklich. Möchtest du eine Forelle?«
»Du weißt, daß sie hier keine Fische essen.«
»Sie nicht. Ich schon. Aber heimlich.« Tor lachte wieder. »Vor einiger Zeit habe ich sogar eine Gans erlegt. Und eine nicht genannte Person hat etwas davon probiert, obwohl das eine schändliche und ab-scheuliche Sache ist. Er fand sie fett. Hat es sich aber überlegt.«
»Nimmst du eigentlich gar nichts ernst? Was ist mit dir geschehen?«
Tor setzte sich plötzlich auf und zuckte zusammen.
»Ja. Doch. Mehr als du. Diese Überfälle zum Beispiel.
Das Eis ebenfalls. Hast du es dir angesehen? Auf der Ostseite ist es, seit wir herkamen, volle vier Handspannen weiter vorgerückt. Und dann sind da die heißen und die Dampfquellen. Man könnte sie gut in Röhren leiten und damit heizen. Und ohne sie würde dieses Tal auskühlen. Hast du letzten Sommer gespürt, wie die Erde gebebt hat? Weißt du, was das bedeutet? Instabilität.«
»Wenn das Eis so langsam vorrückt, haben sie noch ganze Menschenalter Zeit, um sich etwas auszuden-ken.«
»Du bist doch der Mathematiker. Nimm die vier Handspannen und berechne die Fläche unter der Voraussetzung, daß das Tal siebzig Ayas lang ist!
Denk auch an die Wirkung auf das Klima, nicht nur an den Landverlust! Vor Jahren haben die Eisenarbeiter von Forman Ovairs Bande erzählt, daß sich ihre heißen Quellen nach einem großen Erdstoß radikal verändert haben. Was ist damit? Ich will nicht sagen, daß die Leute von hier fortziehen sollten. Nur, daß es einen Ausweg geben müßte. Nur einen Weg.«
Tristal saß schweigend da, von Tors Gedankengängen ernüchtert.
»Eines möchte ich noch von dir wissen. Denk wenigstens darüber nach!«
»Fang nicht von Elayna an. Das ist mein Problem.«
»Nein. Ich möchte nur irgendwann wissen – kommst du mit, wenn ich fortgehe?«
»Wenn du fortgehst? Wann wird das sein? Jedenfalls nicht, indem du durch Scheunendächer fliegst.
Frag mich, wenn es soweit ist! Ich glaube nicht, daß es jemals dazu kommt. Wenn wir nach Osten gehen, glaube ich nicht, ob wir es überhaupt schaffen. Und wenn ja, wären wir in bester Verfassung, um es mit den Seglern aufzunehmen. Die Westseite ist zu schwer zu ersteigen. Das hast du ja selbst herausgefunden.«
»Na gut. Wenn ich nicht plötzlich gehe, frage ich dich dann.«
»Plötzlich?« Was meinte Tor damit? Nun, es war nicht so wichtig. Jetzt mußte er erst einmal mit dieser neuen Katastrophe fertigwerden. Tristal wandte sich zum Gehen, da fielen ihm ein paar blattförmige Lei-nenschnipsel auf, die unter Tors Pritsche geschoben waren.
»Was? Doch nicht schon wieder Flügel. Wirst du denn niemals ...«
»Genug! Halt den Mund, mein Kind!« Tors Augen sprühten Blitze, aber als Tristal zögerte, wurden sie wieder sanft. »Nein. Keine Flügel. Weißt du noch, was Cohen-Davies erzählt hat? Von Tuchgebilden, die heiße Luft einfangen und aufsteigen? Das ist es.
Ich dachte nur daran, als ich sah, wie die Funken den Kamin hinaufstiegen.«
»Du kannst doch nicht – du meinst doch wohl nicht, daß du ...«
»Im Augenblick ist es nur ein Spielzeug. Du mußt doch einsehen, wie langweilig es ist, hier herumzusit-zen und auf die Genesung zu warten. Und auch noch in einem Gefängnis.«
»Jetzt ist es ein Spielzeug. Aber später?«
Tor ließ ein kehliges Glucksen hören. »Wer weiß, was später
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