Pelbar 6 Das Lied der Axt
ist? Vielleicht versuche ich es mit einem größeren Modell. Vielleicht gebe ich es auch auf. Aber es macht ziemlich viel Spaß.«
Tristal warf die Hände hoch und klatschte sich auf die Schenkel. An diesem Abend brach er, ernüchtert und unzufrieden, zu Freifrau Arbyr auf.
Tor verbrachte den Winter doch bei Freifrau Arbyr.
Er bemerkte, wie sie Zuneigung zu ihm faßte, ihm riet, vorsichtig zu sein, kein Narr zu sein, aber doch entzückt von ihm und seinen Ideen war und ihn bedienen ließ, während sein Bein vollends verheilte.
Das beunruhigte ihn, denn ihre Trauerzeit näherte sich dem Ende. Randall Stonewright hatte sichtlich ebenfalls ein Auge auf sie geworfen und sah Tor als unglaubliche Wahl, als Bedrohung, als Beleidigung für Vernunft und Geschmack an.
Tor fühlte sich durchaus gesund genug, um beim Frühjahrspflügen zu helfen, wobei Menschen ins Geschirr gespannt wurden, da es keine Zugtiere gab.
Tor entwarf eine Flaschenzugkonstruktion, um den Kraftaufwand bei dieser Arbeit zu verringern. Wieder lachte man viel über ihn, besonders wegen der erfor-derlichen Seilmenge. Aber er merkte, daß die Idee ankam, besonders in den Küchengärten auf der Ostseite, wo die Reihen kurz waren.
Obwohl Freifrau Arbyr dagegen war, brach er nach Westen auf, als das Wetter milder wurde, und bezog wieder seinen Posten in der Holzfällerhütte. Er er-zählte niemandem von den Eisenspornen, die er sich geschmiedet hatte, um leichter ins Eis klettern zu können – und auch nicht von der Menge Leinen, die er sich mit all seinen Lohnscheinen in Boiling Springs gekauft hatte. Es war kein neues Tuch, aber es war noch fest. Er war der Ansicht, daß er bald fort mußte – um Tristal die Möglichkeit zu geben, mit einem langen Lauf noch rechtzeitig nach Nordwall zurückzukommen und sein Versprechen gegenüber Fahna zu halten. Etwas würde geschehen. Etwas mußte geschehen.
SIEBZEHN
Gleich nach Mittsommer, an einem überraschend schwülen Tag erschien Tor auf dem Pachthof der Johnstons nahe am westlichen Rand des Zweitsektors. Mutter Johnston stand vom Erbsenpalen auf, um ihn zu begrüßen.
»Du, Tor. Alles in Ordnung? Keine Jungs, denen man Schwimmunterricht geben kann?«
»Ich dachte, ich könnte euch beim Heuen helfen.
Ich glaube, es wird noch vor Abend regnen.«
»Regnen, wie? Stan hat kein Wort davon gesagt.
Aber es geht nicht. Kann dir nichts bezahlen.«
»Macht nichts. Habe Zeit. Genug Zeit.«
»Dann bist du kein Farmer. Du findest sie alle auf der Wiese. Gabeln sind in der Scheune. Sie können sicher noch eine zusätzliche Hand brauchen. Du machst dir doch keine Sorgen? Wegen eines Überfalls, meine ich.«
»Doch. Aber nicht am Tag. Und ich bin an der ge-samten Eiswand des Zweitsektors entlanggegangen.
Nichts als die üblichen Spuren von Pärchen.«
Freifrau Johnston sah ihm nach, wie er auf die Scheune zuschritt, ohne zu hinken jetzt. Sie lächelte ein wenig. Sie mochte ihn. Das Tal hatte zu wenig Exzentriker. Er war eine Gestalt aus der Legende, am falschen Platz.
Im Verlauf des Nachmittags arbeitete Tor mit den übrigen, die Gabel in eine Lederschlinge um seinen rechten Unterarm gesteckt. Aber er wurde zuneh-mend unruhiger. Schließlich hörte er auf und schaute über den breiten Waldstreifen, der anstieg, sich senkte und sich dann weit hinauf zur Eiswand erstreckte. Etwas stimmte nicht. Die anderen Männer gingen die Heureihen entlang und schauten zu ihm zurück. Er bewegte sich überhaupt nicht. Bildete er sich etwas ein? Er erwachte aus seinem Tagtraum und arbeitete schweigend weiter bis zur Abendessen-spause.
Wie er prophezeit hatte, türmten sich Gewitterwol-ken auf und regneten in weiter Ferne an der West-wand des Eises ab. Sie waren so dick, daß die hohen Wolkentürme begannen, sich über den Wald und die westlichen Farmen auszubreiten.
Tor setzte sich nicht an den im Freien aufgestellten Tisch, sondern aß im Stehen einen Gerstenkuchen.
»Ich wäre dankbar, wenn du uns heute abend noch hilfst, solange es hell ist und der Regen noch ausbleibt«, sagte Stanley Johnston.
»Etwas stimmt nicht.«
Johnston schaute Tor an. »Das ist eine fixe Idee von dir, Tor. Nichts als eine fixe Idee.«
»Nein. Hier habe ich das noch nie gespürt. Es wundert mich, daß du es nicht merkst, nachdem du ein Kind an sie verloren hast. Auch wenn es so lange her ist. Ich weiß es immer. Das ist mein Beruf. Ich wünschte, ich könnte dir hier helfen. Aber das ist wichtiger. Hör zu! Ich weiß, ihr werdet müde sein;
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