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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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renommierte deutsche und englische Zeitungen. Es fehlte nur noch, dass er Pfeife geraucht hätte, um das Bild des überlegenen, coolen Ermittlers so perfekt rüberzubringen, dass es zu seiner eigenen Karikatur getaugt hätte. Stattdessen löffelte er Joghurt, trank Tee aus großen Bechern, schälte Bananen und kaute geräuschvoll seine mitgebrachten Äpfel. Er haderte mit der Welt, in der ihm noch niemand begegnet war, der in der Lage gewesen wäre, seine wahre Klasse zu erkennen und ihm die verdiente Hochachtung entgegenzubringen. Das hatte dazu geführt, dass er seine Schrullen pflegte, weil sie ihm Aufmerksamkeit zu verschaffen versprachen. Letztlich hatten sie ihm aber nur den Spitznamen ›Die Diva‹ eingebracht. Er spielte Tennis. Da lachte er manchmal, und wenn er mit seinen dünnen, o-beinigen Stelzen auf den Platz schlurfte, konnte man den Eindruck gewinnen, welch verträglicher, munterer Knabe er einstmals gewesen sein musste.
    Jung wählte seine Nummer und hatte ihn nach achtmaligem Läuten am Apparat.
    »Ja?«
    »Guten Tag, Herr Kollege, Jung hier.«
    »Guten Tag.«
    »Ich bearbeite den Fall Imke Carl. Sie haben seinerzeit die Ermittlungen geleitet, nicht wahr?«
    »Nun ja. Nein. Also, das kann durchaus sein. Wann genau soll das gewesen sein?«
    »Das ist jetzt elf Jahre her.«
    »Ja, nein, ich müsste …« Eine längere Pause entstand. »Jetzt erinnere ich mich.«
    »Gut«, sagte Jung erfreut. »Können Sie aus dem Stegreif ein paar Fragen zu den beteiligten Personen und den Tatumständen beantworten?«
    »Nein. Nun ja, ich erinnere mich dunkel. Um wen handelt es sich denn?«
    »Zuerst habe ich eine Frage zu dem verschwundenen Mädchen.«
    »Ah ja, mag sein, aber ich müsste … Ja, was denn da?«
    »War bekannt, dass sie Asthmatikerin war?«
    »Ja. Es wurde erwähnt.« Jung war von der Präzision der Antwort überrascht.
    »Und? Weiter?«
    »Was weiter?«, schnaubte Kopper-Carlson.
    »Hat die Krankheit in Ihrer Ermittlungsarbeit eine Rolle gespielt?«
    »Wieso? Sie spielte keine Rolle. Sie hatte einen Inhalator. Sie können das alles nachlesen.«
    »Ja natürlich. Ich frage mich, ob zum Beispiel der Inhalator irgendwo gefunden worden ist?«
    »Dann hätten wir das in den Akten vermerkt. Das ist doch nicht so schwer zu begreifen, Mann.«
    »Also gab es nichts, was ihre Krankheit zum Gegenstand näherer Untersuchungen gemacht hätte?«
    »Ich bitte Sie, warum denn? Das war unwichtig. Sie war weg, also auch ihr Asthma und ihr Inhalator. Weder sie noch ihr Asthma noch ihr Inhalator tauchten wieder auf. Das kann man doch begreifen, selbst wenn es Ihnen schwer fällt.«
    Jung war geneigt, ihm eine passende Antwort zu geben, unterließ es aber und beherrschte sich.
    »Haben Sie bei Ihren Befragungen der Familienangehörigen etwas über die sexuelle Orientierung der Familienmitglieder erfahren?«
    »Sex? Was soll das denn? Das spielte keine Rolle.«
    »Die sexuelle Orientierung des Bruders wurde demzufolge niemals erwähnt?«
    »Wir suchten das Mädchen und nicht die Vorlieben ihres Bruders.«
    »Okay. Also von Sex war nie die Rede?«
    »Nein. Jedenfalls nicht bei ihrem Bruder.«
    »Bei wem denn sonst?«
    »Hören Sie mal, wir untersuchten das Verschwinden des Mädchens. Es hätte ein Sexualdelikt vorliegen können.«
    »Und?«, drängelte Jung
    »Diesbezüglich war überhaupt kein Anhaltspunkt zu finden. Wir schlossen diese Möglichkeit absolut aus.«
    Jung kannte die Antwort. Er hatte sie sich schon selbst gegeben. Auch auf die Gefahr hin, sich Beschimpfungen anhören zu müssen, fragte Jung weiter: »Ich habe noch eine Frage zu den Begleitumständen. Ich möchte wissen …«
    »Das können Sie doch alles in den Akten lesen. Was soll das denn hier?« Kopper-Carlson wurde unwillig. Jung ließ sich nicht beirren.
    »Ich möchte wissen, ob nach dem Verschwinden des Mädchens irgendetwas Auffälliges auf dem elterlichen Hof passiert ist. Ein besonderes Auto zum Beispiel, das nicht auf den Hof gehörte oder das da noch nie gesehen worden war. Irgendetwas, das aus dem Rahmen fiel.«
    »Das Mädchen war vom Hof gefahren und danach weg. Was soll denn später passiert sein, was für ihr Verschwinden von Wichtigkeit hätte sein können? Später haben in Husum die Kirchenglocken geläutet. Wollten Sie das wissen?«, antwortete Kopper-Carlson barsch.
    »Sie hätte ja eventuell umkehren können, nicht wahr?«, insistierte Jung unverdrossen.
    »Das ist doch absoluter Quatsch. Der Bruder ist der Letzte gewesen, der sie

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