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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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sagte sie amüsiert.
    Jung war freudig überrascht. »Ich hätte das nicht zu hoffen gewagt«, erwiderte er charmant. »Ich mache mich auf die Socken. Bis nachher.«
    »Bis dann, Tomi.«
    Als Jung das Treppenhaus hinunter dem Ausgang zustrebte, überraschte ihn Petersen, als er seine Wachstube passierte.
    »Herr Oberrat, haben Sie Ihre Orientierung wieder?«
    »Habe ich, Petersen. Danke der Nachfrage.«
    »Und? Was machen Sie jetzt damit? Mittagessen?«
    »Warum nicht.«
    »Und was noch, Herr Jung?«
    »Ich werde mir letzte Klarheiten verschaffen, Petersen.«
    »Wo finden Sie die denn, wenn ich fragen darf. Ich hätte auch gerne letzte Klarheiten, Herr Oberrat.«
    »Bei meiner Frau, Petersen. Das hoffe ich wenigstens.«
    »Bei Ihrer Frau? Da müssen Sie aber ein Glückspilz sein. Ich beneide Sie.«
    »Danke, Petersen. Bis bald. Tschüss.«
    »Tschüss, Herr Jung.«
     
    *
     
    Als Jung die Haustür aufschloss, kam ihm der unverwechselbare Duft eines in der Backröhre schmelzenden Appenzellers entgegen. Er versetzte ihn in freudige Erwartung auf einen Kartoffelauflauf mit Tomaten, Zucchini, Peperoni, Lammhack und Schafskäse, eine von Svenjas besonderen Spezialitäten. Jung schmeckte bereits im Voraus den scharfen Piri-Piri auf der Zunge, der dem Auflauf seinen einzigartigen Pfiff verlieh. Er stieg aus seinen Schuhen und begab sich in die Küche, wo Svenja eine Gurke für den Salat in Scheiben schnitt.
    »Hallo Tomi«, begrüßte sie ihren Mann und sah ihm entgegen. Er trat hinter sie und schaute ihr über die Schulter.
    »Hallo, Svenja. Das riecht ja fantastisch«, erwiderte er überschwenglich.
    »Schön scharf. Das befeuert unsere Geister.«
    »Das brauchen wir auch.«
    »Komm, setz dich. Der Tisch ist schon gedeckt.«
    »Welchen Rotwein?«, fragte Jung hoffnungsvoll.
    »Keinen. Wir wollen doch denken und nicht schlafen, Tomi. Oder habe ich dich falsch verstanden?«
    »Nein, nein, ist schon gut.« Jung war leicht verstimmt, besann sich allerdings schnell, weil sie recht hatte. Ein Arbeitsessen stand an und keine Chill-out-Party. Sie setzten sich an den gedeckten Tisch.
    »Schmeckt ausgezeichnet, Svenja. Weißt du überhaupt, wie die höchsten Schärfegrade für Pfeffer heißen?«, fragte Jung, nachdem er die ersten Bissen genossen hatte.
    »Nein. Aber du wirst es mir gleich sagen.«
    »›Mother in law hellfire‹ und ›mother in law exterminator‹.«
    Sie lachte herzhaft. »Wo hast du denn das her, Tomi?«
    »Von der Haushälterin des Inselpastors, meines alten Klassenkameraden.«
    »Ah, ja. Ich ahne etwas. Dann leg mal los«, ermunterte sie ihn.
    Jung berichtete haargenau, ohne die abwegigste Kleinigkeit auszulassen. Er bemühte sich um kurze, präzise Sätze, da er fürchtete, Svenja mit den nüchternen, nackten Fakten zu langweilen. Dabei wunderte er sich selbst, dass die Menge an harten Fakten so klein und der Umfang an Nebensächlichkeiten, Mutmaßungen und Spekulationen so groß war. Seine Abschweifungen auf weit entfernte Nebenschauplätze irritierten ihn, aber er wusste plötzlich mit großer Klarheit, warum er darauf gekommen war, sich an Svenja zu wenden. Sie hatte langsam gegessen und ihm zugehört, ohne ihn zu unterbrechen. Nachdem er geendet hatte, schwieg sie noch immer.
    »Ist das alles?«, fragte sie endlich.
    »Ich glaube, ja. Ich habe nichts ausgelassen.«
    »Gut.«
    Sie schwiegen wieder, und nur Jung aß weiter. Nach einer Weile sagte Svenja: »Für mich steht fest, dass das Verschwinden des Mädchens mit dem zu tun hat, was danach passierte. Ich meine in erster Linie das Zerwürfnis zwischen Immo und Udo.«
    »Und der Bruder? Meinst du, Udo ist schwul, und sie haben sich um den Lustknaben gestritten?«
    »Udo ist ganz bestimmt schwul«, antwortete sie lapidar.
    »Bist du dir da so sicher?«
    »Ja. Seine Haushälterin liebt ihn und wartet noch immer darauf, dass er sie erhört. Sie will ihre Rolle komplett machen und legitimieren. Wenn er das nicht gemerkt hat, dann ist er entweder ein totaler Idiot oder schwul. Aber so idiotisch kann man gar nicht sein, selbst ein Pastor nicht. Er verschanzt sich.«
    »Wie meinst du das?«
    »Unter den Talaren steckt der Muff von 1.000 Jahren. Das kennst du doch, nicht wahr? Aber auch Geheimnisse lassen sich darunter gut verstecken.«
    »An welche denkst du da?«
    »Na, das ist doch wohl sonnenklar: zuerst seine Homosexualität und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch noch anderes.«
    »Gut«, räumte Jung ein. »Ein schwuler Jugendpastor wird

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