Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe

Titel: Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Park West untergegangen, und ein warmer Sommerabend senkte sich auf die Stadt. Mrs. Wisher zündete eine kleine Kerze an und nickte den Geistlichen zu, die daraufhin das gleiche taten.
    »Meine lieben Freunde«, sprach sie in ihr Mikrophon und hielt die Kerze hoch in die Luft »Mögen unsere kleinen Flämmchen und unsere leisen Stimmen sich zu einem lodernden Mahnfeuer und einem lauten Schrei der Wut vereinen. Wir haben nur eine einzige Forderung an die Behörden, und die können sie nun nicht länger ignorieren oder beiseite schieben. Und diese Forderung lautet Säubert New York! Wenn ihr es nicht tut, dann werden wir es eben selber tun!«
    Während die Menge durch lautes Gebrüll ihre Zustimmung signalisierte, setzte Mrs. Wisher sich in Bewegung.
    Smithback schob ein paar Demonstranten beiseite und drängte sich in den inneren Kreis um sie, in dem eine Ruhe herrschte wie im Auge des Sturms.
    »Wie schön, daß Sie hier sind, Bill«, sagte Mrs. Wisher, als begrüße sie ihn zu einem Kaffeekränzchen.
    »Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte Smithback mit einem breiten Grinsen.
    Als sie mit langsamen Schritten die Grand Army Plaza betraten, drehte Smithback sich mit und betrachtete die riesige Menschenmenge, die ihnen folgte. Sie sah aus wie eine gigantische Schlange, deren geschmeidiger Körper am Central Park entlangglitt. Vor sich sah er weitere Gruppen, die aus der Sixth und Seventh Avenue herbeiströmten und sich ihnen aus westlicher Richtung kommend anschlossen. Als er die Gesichter in der Menge studierte, fielen ihm neben den ruhigen, dezent gekleideten Mitgliedern der besseren Gesellschaft auch viele von den jungen Männern, die Kozinsky vorhin erwähnt hatte, auf: Jungbroker, kleine Banker, subalterne Versicherungsangestellte, die, zum Teil schon ziemlich alkoholisiert, johlten und pfiffen und es offenbar kaum mehr erwarten konnten, daß es endlich Zoff gab. Smithback erinnerte sich daran, wie wenig es bei der letzten Demonstration bedurft hatte, daß Flaschen auf den Bürgermeister geflogen waren, und fragte sich, ob Mrs. Wisher diesmal die Menge wohl noch unter Kontrolle würde halten können, wenn die Stimmung aggressiver wurde.
    Die Autofahrer auf der Central Park South hatten längst das Hupen aufgegeben und ihre Fahrzeuge verlassen, um der Demonstration zuzuschauen oder sich ihr anzuschließen, aber aus der Richtung des Columbus Circle ertönte noch immer ein gellendes Hupkonzert. Smithback atmete tief durch und sog die chaotische Stimmung ein wie Nektar. Entfesselte Massen hatten schon immer eine fast berauschende Wirkung auf ihn gehabt.
    Ein junger Mann eilte auf Mrs. Wisher zu und reichte ihr ein Handy. »Es ist der Bürgermeister«, keuchte er.
    Mrs. Wisher steckte das Mikrophon in ihre Handtasche und nahm das Telefon ans Ohr. »Ja?« fragte sie unterkühlt, ohne ihre Schritte zu verlangsamen. Eine Weile hörte sie zu, dann sagte sie: »Es tut mir leid, daß Sie das so sehen, aber die Zeiten, in denen man eine Demonstration angemeldet hat, sind für uns ein für allemal vorbei. Sie scheinen noch nicht begriffen zu haben, daß sich diese Stadt im Kriegszustand befindet. Mit unserer Kundgebung hier machen wir Sie zum letztenmal darauf aufmerksam. Sorgen Sie dafür, daß wieder Frieden einkehrt in New York. Das ist Ihre letzte Chance.«
    Wieder hörte Mrs. Wisher zu, wobei sie sich ihr freies Ohr zuhalten mußte, um bei dem Lärm der Menge überhaupt etwas zu verstehen. »Es tut mir leid, daß wir Ihre Polizei behindern, Herr Bürgermeister. Und wenn der Polizeipräsident endlich etwas unternimmt, dann soll er es von mir aus tun. Aber wo waren eigentlich Ihre Polizisten, als meine Pamela ermordet wurde? Hat da vielleicht ein ...«
    Mrs. Wisher verstummte abrupt und lauschte in das Telefon.
    »Daß ich nicht lache«, sagte sie dann. »Diese Stadt versinkt im Verbrechen, und da wollen Sie mir mit einer gerichtlichen Vorladung drohen? Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, dann ist dieses Gespräch für mich beendet. Ich habe Wichtigeres zu tun.«
    Sie drückte auf einen Knopf an dem Handy und gab es dem jungen Mann zurück. »Wenn er noch mal anruft, bestellen Sie ihm, daß ich beschäftigt bin.«
    Sie machte einen Schritt auf Smithback zu und hängte sich bei ihm ein. »Unser nächster Halt wird die Stelle sein, an der meine Tochter verschwunden ist. Da muß ich meine ganze Kraft zusammennehmen. Wollen Sie mir dabei zur Seite stehen, Bill?«
    Smithback fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

Weitere Kostenlose Bücher