Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
»Selbstverständlich, Anette«, sagte er.
42
D’Agosta folgte Margo einen staubigen, schlecht beleuchteten Gang im ersten Stock des Museums entlang.
Den Korridor, der früher einmal dem Publikum zugänglich gewesen war, hatte man vor vielen Jahren abgetrennt und zu einem Lagerraum für überzählige Exponate der Säugetiersammlung umfunktioniert. Auf beiden Seiten des engen Ganges fanden sich ausgestopfte Tiere in den unterschiedlichsten Angriffs- oder Verteidigungshaltungen. Als D'Agosta sich an den scharfen Krallen eines auf den Hinterbeinen stehenden Grizzlybären fast das Jackett aufriß, preßte er die Arme fest an den Körper, um nicht in Kontakt mit den verstaubten Tierkörpern zu kommen.
Der Gang bog um eine Ecke und endete in einer Sackgasse, an deren Ende D'Agosta einen riesigen ausgestopften Elefanten erblickte, dessen rissige graue Haut schon an vielen Stellen geflickt war. Margo deutete auf die hohe Tür eines Frachtaufzuges direkt hinter dem Elefanten.
»Wir sollten uns besser beeilen«, sagte D'Agosta zu Margo, als diese den Aufzugsknopf drückte. »Im Polizeipräsidium rüsten die jetzt bestimmt schon auf, als gälte es, die Invasion in der Normandie zu wiederholen.«
In dem Korridor lag ein Geruch, der D'Agosta an gewisse Mordtatorte erinnerte.
»Gleich hier links ist das Präparationslabor«, erklärte Margo, als sie sein Naserümpfen bemerkte. »Da kochen sie gerade wieder irgendwelche toten Tiere aus.«
»Man riecht's«, brummte D'Agosta und warf einen Blick hinauf zu dem Elefanten. »Wo sind eigentlich die Stoßzähne von dem Burschen?«
»Das ist Jumbo, der alte Star des Zirkus Barnum. In Ontario hatte er einmal einen Zusammenstoß mit einem Güterzug, und dabei sind ihm seine Stoßzähne zersplittert. Barnum hat sie fein zermahlen lassen, eine Art Wackelpudding daraus hergestellt und das Ganze beim Leichenschmaus für Jumbo auf den Tisch gebracht.«
»Wie originell«, bemerkte D'Agosta und steckte sich eine Zigarre in den Mund. Bei diesem Gestank war es um das bißchen Rauch auch schon egal.
»Tut mir leid«, sagte Margo mit einem betretenen Grinsen.
»Hier ist Rauchen streng verboten. Es könnte Methangas in der Luft sein.«
Als D'Agosta die Zigarre zurück in seine Brusttasche steckte, kam der Aufzug. Methangas. Was es in so einem Museum nicht alles gab!
Sie fuhren mit dem Aufzug in den Keller und traten in einen drückend heißen Gang, mit Heizungsrohren an der Decke und riesigen Holzkisten am Boden. Aus einer der Kisten ragte das Ende eines schwarzen Knochens heraus, so groß wie ein Ast. Der gehört bestimmt zu einem Dinosaurier, dachte D'Agosta und unterdrückte das bedrohliche Gefühl, das in ihm aufstieg. Er konnte sich noch gut daran erinnern, was vor eineinhalb Jahren hier im Keller des Museums vorgefallen war.
»Wir haben die Droge an verschiedenen Organismen getestet«, sagte Margo, während sie die Tür zu einem Labor öffnete, dessen helles Neonlicht in starkem Kontrast zu dem trüb beleuchteten Korridor stand. In einer Ecke des Raumes saß eine Laborangestellte an einem Oszilloskop. »An weißen Mäusen, E. coli -Bakterien, blaugrünen Algen und mehreren Einzellern. Die Mäuse sehen Sie hier.«
D'Agosta blickte in einen kleinen Käfig und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. »Großer Gott!« Die weißen Wände des Käfigs waren voller Blutflecken, und am Boden lagen die toten Mäuse mit zerfetzten Gliedmaßen und herausgerissenen Gedärmen.
Margo deutete auf den Käfig daneben. »Wie Sie sehen, ist von den vier Mäusen, die ursprünglich in diesen Käfigen waren, jeweils nur noch eine am Leben.«
»Und warum haben Sie nicht jede Maus in einen separaten Käfig gesperrt?« fragte D'Agosta.
Margo warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Bei diesem Experiment geht es doch gerade darum, wie die Tiere miteinander umgehen. Wir wollten ihr soziales Verhalten unter dem Einfluß der Droge ebenso testen wie die körperlichen Veränderungen, die sie hervorruft.«
»Sieht so aus, als wären sie völlig außer Rand und Band geraten.«
Margo nickte. »Allen diesen Mäusen haben wir das Reovirus gespritzt. Es ist sehr ungewöhnlich, daß ein Virus Menschen und Mäuse gleichermaßen befallt. Normalerweise sind Viren auf einen einzigen Wirtsorganismus spezialisiert. Und jetzt sehen Sie sich einmal das an.«
Als Margo sich dem Käfig näherte, klammerte sich die überlebende Maus an das Drahtgitter und zischte sie böse an, während ihre gelben Zähne wild durch die
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