Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
und blickte auf das Formular auf seinem Klemmbrett. Aha, endlich mal was Interessantes, dachte er. Nicht wieder einer von diesen unzähligen Erstochenen, Erschossenen oder Drogentoten, mit denen er es sonst immer zu tun hatte.
Die Türen am anderen Ende des Autopsiemumes flogen auf, und Sheila Rocco, eine derAssistentinnen, schob eine Rollbahre herein. Padelsky warf einen raschen Blick auf die Leiche, sah weg und gleich wieder hin.
Leiche war wohl das falsche Wort für das, was da vor ihm lag. Das braune Ding auf der Bahre war nicht viel mehr als ein Skelett an dem nur noch wenige Fetzen Gewebe hingen. Padelsky rümpfte die Nase.
Die Assistentin schob die Rollbahre unter die von der Decke hängenden Arbeitslampen und bückte sich, um den Schlauch am Ablaufstutzen der Bahre einzuhängen.
»Die Mühe können Sie sich sparen, Sheila«, meinte Padelsky.
Das einzig Flüssige in diesem Raum war der Kaffee in seiner Styroportasse. Er nahm sie, leerte sie mit einem langen Zug und warf sie in den Abfalleimer. Nachdem er die Zahlen auf dem am Skelett befestigten Zettel mit denen auf seinem Formular verglichen hatte, schrieb er seine Initialen in das dafür vorgesehene Kästchen und zog sich ein Paar grüne Latex-Handschuhe an. »Na, wen haben Sie mir denn da gebracht?« fragte er Sheila. »Den Neandertaler höchstpersönlich?«
Rocco grinste schief und richtete die Lampen auf das Skelett.
»Riecht so, als wäre er jahrhundertelang begraben gewesen«, fuhr Padelsky fort. »Und zwar in reiner Scheiße. He, vielleicht ist es ja gar kein Neandertaler, sondern König Schitt-anch-Amun aus dem alten Ägypten.«
Rocco verdrehte die Augen und wartete, bis Padelskys lautes Gelächter verklungen war. Dann drückte sie ihm sein Klemmbrett in die Hand, auf dem sie ein neues Formular befestigt hatte.
Padelskys Lippen bewegten sich, während er sich die Informationen über die Leiche durchlas. Schon bei den ersten Zeilen stutzte er. »Aus dem Humboldt Kill«, murmelte er leise. »Na großartig!« Er warf einen Blick auf den Handschuhspender an der Wand und überlegte kurz, ob er sich nicht ein zusätzliches Paar überziehen sollte, entschied sich dann aber dagegen.
»Hm. Enthauptet. Kopf wird immer noch vermißt ... keine Kleidung, aber ein Metallgürtel um die Hüften.«
Padelsky sah hinüber zu der Rollbahre und bemerkte, daß an der Seite ein durchsichtiger Plastikbeutel hing.
»Schauen wir uns doch mal den Gürtel an«, sagte er. Der Beutel enthielt ein dünnes goldenes Band mit einer aufwendig gearbeiteten Schnalle, die ein großer Topas zierte. Padelsky wußte, daß der Gürtel bereits im Labor untersucht worden war, und er wußte auch, daß er ihn trotzdem nicht aus der Verpackung nehmen durfte.
»Teures Stück«, erklärte Padelsky. »Scheint sich wohl eher um Frau Neandertaler zu handeln. Oder um einem prähistorischen Transvestiten.« Abermals brach er in schallendes Gelächter über seinen eigenen Witz aus.
Rocco runzelte die Stirn. »Meinen Sie nicht, wir sollten dem oder der Toten ein wenig mehr Respekt zollen, Doktor Padelsky?«
»Ja, natürlich«, murmelte Padelsky und hängte das Klemmbrett an einen Haken an der Wand. Dann brachte er das Mikrophon, das über der Rollbahre von der Decke hing, in die Höhe seines Mundes. »Wären Sie so freundlich und würden das Tonbandgerät einschalten, mein Engel?« fragte er zuckersüß.
Als das Band lief, nahm Padelskys Stimme einen knappen professionellen Ton an. »Hier spricht Doktor Louis Padelsky. Es ist der zweite August, die Zeit ist 11.55 Uhr am Vormittag. Meine Assistentin ist Sheila Rocco, und wir führen nun die Obduktion von« – er warf rasch einen Blick auf den an dem Skelett befestigten Zettel – »Leiche Nummer A-1430 durch. Vor uns liegt ein Torso ohne Kopf, der praktisch vollständig skelettiert ist Seine Länge beträgt – Sheila, würden Sie die Leiche bitte gerade hinlegen – einhundertzweiundvierzig Zentimeter. Zusammen mit dem noch fehlenden Kopf dürfte die Leiche etwa einhundertsiebenundsechzig bis einhundertsiebzig Zentimeter groß gewesen sein. Versuchen wir nun, das Geschlecht der Leiche zu bestimmen.
Ein breiter Beckenkamm deutet daraufhin, daß wir es mit einer Frau zu tun haben. Keine knöchernen Ausziehungen an den seitlichen Lendenwirbeln, sie war also nicht älter als vierzig Jahre. Schwer zu sagen, wie lange die Leiche im Wasser war. Die Knochen riechen stark nach ... äh ... Kanalisation, und ihre bräunlich-orange Farbe läßt
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