Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
auch vorstellen, daß Sie vielleicht wieder mal ein Buch schreiben wollen«, fuhr Mrs. Wisher fort »Nach dem erfolgreichen Abschluß unserer Aktion ›Säubert New York‹ haben Sie meinen Segen dazu.
Ich selbst werde mich für Interviews zur Verfügung stellen, und Hiram Bennett, der Chef von Arcadia House, ist einer meiner engsten Freunde. Ich könnte mir vorstellen, daß er großes Interesse an einem solchen Manuskript hätte.«
Großer Gott, dachte Smithback. Hiram Bennett war einer der einflußreichsten Verleger der Stadt. Er konnte sich schon ausmalen, wie Arcadia House und Octavo, der Verlag, der sein Buch über die Museumsmorde herausgebracht hatte, sich gegenseitig überboten. Er würde seinen Agenten die Rechte richtiggehend versteigern lassen – mit einem unteren Limit von zweihundert Riesen – oder halt, besser zweihundertfünfzig- und zehn Prozent Beteiligung und ...
»Als Gegenleistung dafür verlange ich folgendes«, riß ihn Mrs. Wishers kühle Stimme in die Realität zurück:
»Ich möchte, daß Sie sich von nun an ausschließlich der Berichterstattung über die Aktion ›Säubert New York‹ widmen. Damit meine ich, daß sich alle Ihre Zeitungsartikel einzig und allein auf dieses Thema konzentrieren.«
»Wie bitte?« fragte Smithback ungläubig. »Aber ich bin Kriminalreporter, Mrs. Wisher, und als solcher habe ich Verpflichtungen gegenüber meiner Redaktion.« Seine Träume von schriftstellerischem Ruhm verflogen so rasch, wie sie gekommen waren, und wichen dem Bild seines tobenden Chefredakteurs, der auf der Ablieferung der vereinbarten Artikel bestand.
Mrs. Wisher nickte. »Das weiß ich. Aber machen Sie sich keine Sorgen, denn bald wird es nichts Wichtigeres in dieser Stadt mehr geben als unsere Aktion. Sobald wir unsere Planung abgeschlossen haben, teile ich Ihnen die Einzelheiten mit. Vertrauen Sie mir, diese Zusammenarbeitwird für beide Seiten äußerst fruchtbar sein.«
Smithback dachte rasch nach. In ein paar Stunden mußte sein Artikel über das, was er bei der Museumskonferenz belauscht hatte, in Druck gehen. Er hatte ihn ohnehin schon aufgeschoben, weil er – leider vergeblich – auf weiterführende Informationen gehofft hatte. Aber auch so würde ihm diese Geschichte endlich die langersehnte Gehaltserhöhung bringen und diesem Schnösel von Harriman ein für allemal den Wind aus den Segeln nehmen.
Aber würde sie das wirklich? Die groß angekündigte Belohnung hatte keine brauchbaren Hinweise ergeben, und seine Geschichte über Mephisto hatte nicht das Echo gefunden, das er sich eigentlich erhofft hatte. Was den Artikel anlangte, den er heute schreiben wollte, so war Smithback sich nicht sicher, ob er nach der Veröffentlichung nicht Scherereien wegen seines unerlaubten Eindrängens in das Museum bekommen würde. Außerdem war die Verbindung zwischen Brambells Ermordung und dessen Enthüllungen während des Vortrags, die er in seinem Artikel ziehen wollte, nur schwer zu beweisen.
Der Vorschlag hingegen, den Mrs. Wisher ihm soeben unterbreitet hatte, barg möglicherweise mehr und journalistischeren Sprengstoff als der für morgen geplante Museumsartikel. Smithbacks Reporterinstinkt sagte ihm, daß es sich dabei möglicherweise mit einen echten Glücksfall handelte. Vielleicht konnte er sich ja krank melden und Murray ein paar Tage lang hinhalten. Und dann würde er ihn mit einer Geschichte überraschen, die es wirklich in sich hatte.
Smithback blickte auf. »In Ordnung, Mrs. Wsher, ich mache mit.«
»Nennen Sie mich doch Anette«, sagte Mrs. Wisher und blickte ihm mit einem Anflug von Lächeln in die Augen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit der Speisekarte zuwandte. »Und jetzt lassen Sie uns bestellen. Ich würde Ihnen die Kammuscheln mit Kaviar an Zitronenschaum empfehlen. Die sind hier nämlich ganz ausgezeichnet«
26
Als Hayward in die 72nd Street einbog, blieb sie einen Augenblick stehen und staute verwundert auf das sandfarbene Gebäude vor sich. Nachdem sie einen Zettel aus ihrer Tasche geholt und sich vergewissert hatte, daß die Hausnummer auch wirklich stimmte, musterte sie das Anwesen noch einmal eingehend. Das war also das legendäre Dakota, von dem sie schon oft gehört hatte. Mit eigenen Augen freilich sah sie es jetzt zum erstenmal, denn Hayward kam nur selten in die Upper West Side.
Mit seinen neun Stockwerken, die von zwei riesigen Giebeln wie von indigniert nach oben gezogenen Augenbrauen gekrönt wurden, sah das Dakota aus, als wäre es soeben einem
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