Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
Stadtstreichern überlassen. Im Lauf der Zeit hatte sich in einem Teil des Bahnhofs eine wilde Barackensiedlung gebildet, wo Obdachlose in windschiefen, aus Sperrholz, Pappe und Wellblech zusammengebastelten Behausungen lebten und in verwahrlosten Gärten Erbsen, Tomaten und Kürbisse anbauten.
Margo stand in den qualmgeschwärrten Trümmern eines vor vier Monaten abgebrannten Lagerhauses, von dem nicht viel mehr als ein paar niedrige Grundmauem, ein zusammengestürztes Gerüst von Eisenträgern und ein Haufen Schutt übrig waren. Überall in der vom scharfen Geruch nach Plastik und Teer durchzogenen Ruine entdeckte Margo die verbrannten Überreste von technischen Apparaten, Schalttafeln und wissenschaftlichen Instrumenten. Zusammengeschmolzene Plastikgehäuse gaben den Blick auf verschmurgelte Leiterplatten und dicke Stränge oxydierter Kupferleitungen frei, und auf mehreren langen Stahltischen an einer Seite der Ruine bemerkte Margo eine Reihe von ausgeglühten Metallgestellen, zwischen denen jede Menge Glasscherben lagen.
D'Agosta trat neben sie. »Na, was halten Sie davon?« fragte er.
Margo schüttelte den Kopf »Sind Sie sicher, daß das hier Gregs letzte bekannte Adresse war?«
»Ja. Ich habe es bei der Spedition nachgeprüft. Das Lagerhaus dürfte etwa zur Zeit seines Todes abgebrannt sein, deshalb bezweifle ich, daß er von dort noch irgendwo anders hingezogen ist. Allerdings hat er bei den Elektrizitätswerken und der Telefongesellschaft einen falschen Namen angegeben, so daß wir seine letzten Schritte nicht genau überprüfen können.«
»Einen falschen Namen?« wiederholte Margo. »Ich frage mich, ob er vor oder nach dem Brand dieses Lagerhauses gestorben ist.«
»Ich mich noch viel mehr«, brummte D'Agosta.
»Sieht aus, als wäre das Ganze hier einmal eine Art Labor gewesen.«
D'Agosta nickte. »Soviel hätte selbst ich Ihnen sagen können. Schließlich war dieser Kawakita ein Wissenschaftler. Ebenso wie Sie.«
»Aber in einem anderen Fachgebiet Greg war Genetiker und Evolutionsbiologe, während ich mich mit anthropologischer Pharmakologie beschäftige,
»Wie dem auch sei«, sagte D'Agosta und zog sich die Hose straff. »Die Frage ist doch, was für eine Art Labor er hier betrieben hat.«
»Das läßt sich auf Anhieb nur schwer sagen. Zuerst müßte man sich die kaputten Apparate näher ansehen und dann anhand der Scherben auf den Tischen rekonstruieren, was dort vielleicht einmal gewesen sein könnte.«
»Dann legen Sie mal los«, sagte D'Agosta.
»Wie bitte?«
»Worauf warten Sie noch? Untersuchen Sie das Zeug.«
Margo sah den Lieutenant erstaunt an. »Warum ich?« fragte sie. »Sollte da nicht besser die Spurensicherung.«
»Geht nicht«, unterbrach sie D'Agosta. »Dieser Brand interessiert meine Vorgesetzten in etwa soviel wie ein Kaugummidiebstahl im Kindergarten.«
Margo runzelte erstaunt die Stirn.
»Horlocker schert sich einen feuchten Dreck darum, was Kawakita vor seinem Tod getan hat. Außerdem glaubt er noch immer, daß Brambell einem zufälligen Verbrechen zum Opfer gefallen ist.«
»Sind Sie etwa anderer Meinung? Glauben Sie, daß Brambells Tod irgendwie mit den anderen Morden zusammenhängt?«
D'Agosta zog ein Taschentuch aus seiner Hose und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Verdammt noch mal, ich weiß es ja auch nicht. Aber ich habe irgendwie das dumpfe Gefühl, daß Kawakita hier etwas nicht ganz Hasenreines gemacht hat, und ich will wissen, was. Sie kannten ihn doch, oder?«
»Ja«, antwortete Margo.
»Ich selber habe ihn nur einmal getroffen, auf Frocks Abschiedsparty für Pendergast. Wie war er denn so?«
Margo dachte einen Augenblick nach. »Er war ein brillanter Wissenschaftler.«
»Und vom Charakter her?«
»Naja, er war nicht gerade der netteste Kollege, den ich damals im Museum hatte«, antwortete Margo vorsichtig. »Er war ... nun, man könnte sagen, daß er ein wenig rücksichtslos war. Ich hatte den Eindruck, daß er fast alles getan hätte, um seine Karriere voranzubringen. Er hat sich nicht allzuviel mit uns anderen abgegeben und schien niemandem zu trauen, der ...«
Sie hielt mitten im Satz inne.
»Ja?«
»Müssen Sie das denn wirklich wissen? Ich rede nicht gerne schlecht über jemanden, der tot ist.«
»Wieso? Der kann einen doch wenigstens nicht mehr zur Rechenschaft ziehen. Aber Spaß beiseite, war dieser Kawakita vielleicht so ein Typ, der auch mal was Ungesetzliches tut?«
»Absolut nicht. Ich bin zwar mit ihm in ethischen
Weitere Kostenlose Bücher