Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
Pendergast und wandte sich an Hayward. »Bitte gehen Sie möglichst sanft mit ihm um. Captain Waxie wird das Verhör zu Ende führen.«
»Also, was ist mit dem Burschen los?« fragte D'Agosta, als er und Pendergast im Lift hinauf zur Mordkommission fuhren.
»Ich weiß zwar nicht, wie er wirklich heißt, aber Jeffrey ist bestimmt nicht sein richtiger Name«, antwortete Pendergast und rückte seine Krawatte zurecht »Und ich bin mir sicher, daß er nicht derjenige ist, nach dem wir suchen.«
»Sagen Sie das mal Waxie.«
Pendergast warf D'Agosta einen nachsichtigen Blick zu. »Was wir eben beobachtet haben, Lieutenant, war eine geradezu klassische multiple Persönlichkeit, die unter einer akuten paranoiden Schizophrenie leidet. Haben Sie bemerkt, wie der Mann ständig zwischen zwei verschiedenen Persönlichkeiten hin und her gewandert ist? Da war zuerst einmal der großmäulige harte Bursche, der Sie bestimmt ebensowenig überzeugt hat wie mich. Dann kam der visionäre Killer mit Sprüchen wie: ›Er hat mich angezischt wie die ägyptische Schlange‹, oder: ›Man nennt mich Jeffrey, die Cherubskatze‹. Den fand ich schon weitaus gefährlicher.«
»Ich auch. Der Kerl klang so, als ob ihm jemand gerade die Zehn Gebote oder so was Ähnliches überreicht hätte.«
»Eher so was Ähnliches«, meinte Pendergast »Aber Sie haben recht: Was er sagte, klang so, als rezitiere er etwas. Ich mußte eine Weile nachdenken, aber dann fiel mir ein, daß es ein altes Gedicht von Christopher Smart war. Es heißt ›Jubilate Agno‹«
»Nie davon gehört«
»Kein Wunder. Es ist auch ein ziemlich obskures Gedicht von einem ebenso obskuren Autor. Dennoch entbehrt es nicht einer seltsamen visionären Kraft. Wenn Sie mal dazu kommen, sollten Sie es unbedingt lesen.
Smart hat das Gedicht geschrieben, als er halb verrückt im Schuldturm saß. Es gibt darin eine lange Passage, in der er seine Katze Jeoffry beschreibt, von der er glaubt, daß sie die Fähigkeit hat, ihren Körper zu verwandeln.«
»Interessant. Aber was hat das alles mit unserem verwirrten Freund dort unten zu tun?«
»Offenbar identifiziert sich der arme Kerl mit der Katze in diesem Gedicht.«
»Mit der Katze?« fragte D'Agosta ungläubig.
»Warum nicht? Kit Smart – der wirkliche Kit Smart – hat das auch getan. Eine Katze ist schließlich ein Symbol für Verwandlung. Ich bin mir sicher, daß Jeffrey Akademiker ist, vielleicht auch ein verkannter Dichter, der langsam verrückt wurde. Gut, er hat einen Menschen getötet, aber nur, weil dieser ihm zur falschen Zeit über den Weg gelaufen ist. Die restlichen Morde aber ...« Pendergast winkte ab. »Es gibt viele Hinweise darauf, daß er nicht der Mann ist, den wir suchen.«
»Wie zum Beispiel die Fotos«, stimmte D'Agosta zu. Wie jeder gute Kriminaler wußte er, daß kein Mörder Fotos seiner Opfer oder Gegenstände vom Tatort auf Dauer ignorieren kann. Jeffrey hingegen hatte, jedenfalls solange D'Agosta im Vernehmungszimmer gewesen war, keines der dort aufgehängten Bilder auch nur eines Blickes gewürdigt.«
»Genau.« Der Aufzug öffnete sich, und die beiden machten sich auf den Weg zu D'Agostas Büro. »Und auch die Tatsache spricht dagegen, daß der Mord, bei dem Jeffrey geschnappt wurde, nicht zu der brutalen Vorgehensweise bei den anderen Opfern paßt«
Als sie in D'Agostas Büro waren, schloß Pendergast die Tür und wartete, bis der Lieutenant Platz genommen hatte. Dann fuhr er fort: »Aber lassen Sie uns jetzt zu etwas Wesentlicherem kommen. Haben Sie schon die Querverbindungen zwischen den einzelnen Morden untersuchen lassen?«
»Heute früh habe ich die Ergebnisse bekommen«, erwiderte D'Agosta und nahm einen dicken Stapel Computerausdrucke zur Hand. »Sehen wir uns das Zeug einmal an. Fünfundachtzig Prozent der Opfer waren männlich, und zweiundneunzig Prozent lebten in Manhattan oder hielten sich in Manhattan auf.«
»Ich interessiere mich vor allem für Dinge, die alle Opfer gemeinsam haben«, erklärte Pendergast.
»Verstanden.. D'Agosta blätterte eine Weile durch die Ausdrucke. »Da hätte ich was: Keiner der Nachnamen beginnt mit einem I, S, U, V, X oder Z.«
Pendergasts Mund verzog sich zu einem schwachen Lächeln.
»Alle waren älter als zwölf und jünger als sechsundfünfzig Jahre. Keines der Opfer hatte im November Geburtstag.«
»Weiter.«
»Das war's, soweit ich sehe.« D'Agosta war auf der letzten Seite der Ausdrucke angelangt. »Ach, hier ist noch was: Keiner der Morde wurde
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