Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
Handschuhe ab, wusch sich die Hände, trocknete sie mit dem Handtuch ab und vergewisserte sich durch einen Blick über die Schulter, dass die Zentrifuge weiter störungsfrei arbeitete.
Dann ging er zu einem Schränkchen und entnahm ihm ein Blatt Papier. Er legte es auf die Rolltrage und blickte auf die fünf Namen, die in seiner wie gestochen sauberen Handschrift auf dem Blatt standen:
Pendergast
Kelly
Smithback
O’Shaugnessy
Puck
Der letzte Name war bereits durchgestrichen, nun zückte er seinen Füllfederhalter, zog einen kerzengeraden Strich durch den vorletzten Namen und fügte am Zeilenende einen eleganten kleinen Schnörkel hinzu.
8
Da er wusste, dass das Museum nicht vor zehn öffnete, konnte Smithback sich für das Frühstück in seinem Lieblingscafé viel Zeit nehmen. Er überflog noch mal die Fotokopien, die er sich gestern im Archiv der
Times
gemacht hatte. Je öfter er sie las, desto mehr war er davon überzeugt, dass die alten Morde, auf die er gestoßen war, Enoch Lengs grausiges Werk gewesen waren. Sogar die Tatorte stimmten, sie lagen fast immer auf der Lower East Side nahe dem Hudsonufer, aber stets in gebührendem Abstand vom Riverside Drive.
Um halb zehn bat er um die Rechnung, brach auf und pfiff optimistisch vor sich hin, als er strammen Schritts über den Broadway Richtung Museum marschierte. Zugegeben, sein Verhältnis zu Nora war noch immer nicht im Lot, aber wenn er ihr sozusagen auf einem Silbertablett exakt die Informationen präsentieren konnte, die sie suchte, renkte sich bestimmt alles wieder ein. Schließlich verband sie viel Gemeinsames, sie hatten immer zusammengehalten, in guten und schlechten Tagen, da konnte sie doch nicht ewig schmollen.
Seine gute Laune kam nicht von ungefähr. Gut, in letzter Zeit waren ihm ein paar Patzer unterlaufen, aber meistens konnte er sich auf seine Reporternase verlassen. Und beiseinem Artikel über Leng war er auf einem guten Weg. Er brauchte nur noch einige Goldkörner aus Lengs Privatleben und womöglich ein altes Foto, aber daran sollte es nicht hapern, er hatte bereits eine Idee, wo er danach suchen musste.
Seit der Zeit, als er vor einigen Jahren vorgehabt hatte, ein Buch über die Geschichte des New York Museum of Natural History zu schreiben, aus dem letztendlich ein Thriller vor dem Hintergrund der Ereignisse während der Ausstellung über das Phänomem des Aberglaubens geworden war, kannte er das Museum samt seiner exzentrischen Spielregeln in- und auswendig. Er wusste, welcher Zauberformeln es bedurfte, damit sich im richtigen Augenblick Türen öffneten, und er wusste vor allem, wie und wo er den Hebel ansetzen musste, um hinter sorgsam gehütete Geheimnisse zu kommen. Wenn in den Archiven des Museums irgendwelche nützliche Informationen über Leng schlummerten, würde er sie aufspüren. Als die breiten Bronzetüren des Museums aufschwangen, schloss er sich – peinlich darauf bedacht, nicht erkannt zu werden – der vorwärts drängenden Menschenschlange an, fischte aus dem Körbchen eine Besucherplakette, ließ sich mit dem Strom der Schaulustigen in die Große Rotunde treiben und tat so, als bestaune er wie alle anderen die riesigen Skelette, obwohl er die schon weiß Gott wie oft gesehen hatte.
Bei der erstbesten Gelegenheit scherte er aus der noch ein wenig orientierungslosen Masse aus und steuerte zielstrebig den ein Stockwerk tiefer gelegenen Flur an, auf dem sich eines der am wenigsten bekannten, nichtsdestoweniger höchst aufschlussreichen Archive des Museums befand: im Insiderjargon unter dem Kürzel »Alte Dokumente« bekannt. Es enthielt, wie er wusste, einige sensitive Unterlagen, daher war die Tür immer geschlossen. Hinter ihr saß gewöhnlich ein Wachmann. Das letzte Mal war er in offizieller Mission dort gewesen, ausgerüstet mit einer schriftlichen Genehmigung, diesmal musste er sich ersatzweise etwas einfallen lassen.
Bald stand er vor der kupfernen Doppeltür mit dem Schild
Personalunterlagen – alte Jahrgänge.
Das Gesicht fest an das kühle Kupfer gepresst, konnte er durch den Türspalt zwei Wachleute sehen, die an einem Tisch Kaffee tranken. Mist, sie sind zu zweit! Wäre es nur ein Wachmann gewesen, hätte er darauf vertraut, dass der ihn nach so vielen Jahren nicht wieder erkannte, aber bei zwei Wachleuten verringerte sich seine Chance um fünfzig Prozent. Mal sehen, ob er nicht einen von ihnen loswerden konnte.
Er dachte fieberhaft nach, und nach einer Weile nahm tatsächlich so etwas wie ein
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