Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
aufsetzen:
»Times-
Reporter findet die Leiche von Amerikas erstem Serienmörder.« Zugegeben, vorläufig waren das alles nur Spekulationen, aber …
Er warf einen Blick auf die Uhr. Schon fast eins.
Himmeldonnerwetter, es war zum Haareausraufen! Da hatte er sich nun alle möglichen Tricks einfallen lassen, und letztendlich war nicht mehr dabei herausgekommen als eine Adresse. Na gut, so viel Mühe machte es nun auch wieder nicht festzustellen, ob das alte Haus noch stand; mehr als ein, zwei Stunden konnte ihn das nicht kosten.
Er verstaute die Kopien wieder in der Innentasche seiner Jacke und schlenderte zum Westausgang hinüber. Einem Taxi zu winken hatte sicher keinen Zweck, die Jungs weigerten sich gewöhnlich, Fahrgäste in anrüchige Randbezirke zu kutschieren. Und zurück fand er erst recht kein Taxi. Aber auf einen Fußmarsch über das unsichere Pflaster von Harlem hatte er schon gar keine Lust, selbst bei diesem schönen Wetter nicht. Am besten war es wahrscheinlich, einen Wagen zu mieten. Die
Times
hatte mit Hertz ein spezielles Arrangement getroffen, und an der Columbus, nicht weit von hier, gab es eine Agentur.
Zudem hatte er sich überlegt, dass es, falls das Haus noch stand, nichts schaden konnte, einen Blick ins Innere zu werfen und sich unauffällig ein wenig bei den jetzigen Mietern umzuhören, dabei erfuhr man manchmal interessante Details. So was konnte sich freilich leicht bis in die Dunkelheit hinziehen. Und damit stand seine Entscheidung fest: Er würde sich einen Mietwagen nehmen.
Eine Dreiviertelstunde später saß er in einem silberfarbenen Taurus und fuhr die Central Park West hinauf. Sein Optimismus war zu neuem Leben erwacht. Die Chance, dass aus seinen Recherchen eine große Story wurde, war noch nichtvertan. Am besten, er sah sich zunächst das Haus an, ging gleich morgen früh in die New York Public Library und versuchte, in deren Archiv irgendwelche Veröffentlichungen von Leng auszugraben. Vielleicht fanden sich auch in den Polizeiakten Hinweise auf ungewöhnliche Vorkommnisse in der Nähe von Riverside Drive Nummer achthunderteinundneunzig, wobei er sich natürlich auf die aus der Zeit, zu der Leng noch gelebt hatte, konzentrieren würde.
O ja, es gab eine Menge Spuren, denen er nachgehen konnte. Möglicherweise stellten Lengs Untaten sogar Jack the Ripper in den Schatten; immerhin gab es eindeutige Ähnlichkeiten zwischen den beiden. Sobald er genügend Fakten gesammelt hatte, bedurfte es nur noch einer guten Feder, um ein Sittengemälde zu Papier zu bringen, bei dem es den Lesern kalt über den Rücken lief.
Wieso dachte er eigentlich nur an einen Artikel? Aus der Sache konnte glatt sein nächstes Buch werden! He, alter Junge, vielleicht winkt dir diesmal der Pulitzerpreis, der dir bis jetzt jedes Mal durch die Lappen gegangen ist? Und was noch mehr ins Gewicht fiel – gut, sagen wir: was ihm genauso wichtig war –, er konnte endlich das Verhältnis zu Nora reparieren. Zumindest ersparte er ihr und Pendergast Irr- und Umwege, bei denen sie sich höchstens schief gelatschte Absätze holten. Wie er’s auch drehte und wendete, unter dem Strich lohnte sich der Abstecher zum Riverside Drive allemal. Am Ende des Parks bog er nach Westen ab, in den Cathedral Parkway, und dann nach Norden, zum Riverside Drive. Von dort zur Hundertfünfundzwanzigsten Straße fuhr er im Schneckentempo, weil er in Ruhe die Hausnummern der alten, inzwischen in Mietwohnungen aufgeteilten Villen studieren wollte. Sechshundertsiebzig, siebenhunderteins. Weitere zehn Häuserblocks glitten vorbei. Das aufregende Prickeln wurde mit jeder Straßenecke größer.
Und plötzlich blieb sein Blick wie gebannt an der Hausnummer achthunderteinundneunzig hängen: Er war am Ziel,das alte Haus stand noch. Enoch Lengs Haus – er konnte sein Glück kaum fassen.
Er nahm sich, ehe er an der nächsten Straßenecke rechts abbog, genug Zeit, um sich das äußere Erscheinungsbild einzuprägen. Es war eine alte Beaux-Art-Villa mit einem von Säulen getragenen Eingang und barock anmutenden Verzierungen; über der Tür prangte sogar ein Wappen. Das Haus stand, von der Straße aus gesehen, ein Stück zurückversetzt, auf einem großen dreieckigen Grundstück, das mit der Spitze bis zum Flussufer reichte. Nach einem in Wohnungen aufgeteilten Haus sah es nicht aus, keine Klingelleisten, die Fenster im Erdgeschoss waren mit Brettern vernagelt und mit Aluminiumbeschlägen gesichert. Anscheinend war das Haus wie so viele am
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