Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
zusammenknüpfen zu können. Nur, bisher hatten seine Leute nichts gefunden, was nach einem Faden oder wenigstens einem Fädchen aussah.
Im Geiste sah er schon Commissioner Rockers finster gerunzelte Augenbrauen. Unruhe machte sich in ihm breit, er wartete jeden Moment auf einen Anfall nervöser Muskelzuckungen. Wenn sie in dem Tempo weitermachten, brauchten sie für die Durchsuchung des Archivs Wochen.
Brisbanes Gepolter nahm an Lautstärke zu, Custer konnte nicht mehr länger weghören. »Dies ist eine völlig willkürliche Polizeiaktion! Sie können nicht einfach hier hereinstürmen und alles auf den Kopf stellen!« Er zeigte wild gestikulierend auf die Stahlkästen mit so genanntem Beweismaterial, von denen inzwischen etliche auf dem Fußboden standen. »Ich weise in aller Form darauf hin, dass es sich bei allen beschlagnahmten Gegenständen um Museumseigentum handelt.«
Custer spielte den Gelangweilten. »Sie haben doch den Durchsuchungsbefehl gesehen.« Noyes zog ihn unaufgefordert aus der Tasche und streckte ihn Brisbane entgegen. »Der ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben steht! Ich habe nie eine so vage formulierte amtliche Anordnung gesehen. Hiermit lege ich Einspruch gegen diesen Wisch ein und gebe zu Protokoll, dass ich mich in aller Schärfe gegen eine weitere Durchsuchung des Museums verwahre.«
»Sollten wir derlei Entscheidungen nicht Ihrem Chef, Dr. Coloppy, überlassen?«, versuchte Custer ihn zu besänfigten.
»Als Rechtsberater des Museums bin ich befugt, in Dr. Collopys Namen zu sprechen.«
Von irgendwo war wieder ein dumpfer Knall zu hören, gefolgt vom Geräusch reißender Pappe und halblauten Flüchen – offenbar war einem Officer ein schwerer Karton aus der Hand gerutscht. Kurz darauf schleppte einer von Custers Leuten ein ausgestopftes Krokodil an; aus dem frischen Riss am Bauch quoll Baumwolle.
Und schon fing Brisbane wieder zu wettern an. »Was, zum Teufel, macht ihr da hinten? Ja, Sie meine ich! Sie haben ein wertvolles Ausstellungsstück beschädigt!«
Der Officer sah ihn gleichgültig an, legte das Krokodil ineinen der Stahlkästen und verschwand im Halbdunkel zwischen den hohen Regalen.
Custer sagte nichts, aber er fühlte sich nicht mehr sehr wohl in seiner Haut. Er stand noch immer praktisch mit leeren Händen da. Zumal auch die Befragung der Angestellten bisher absolut nichts gebracht hatte. Und schließlich war er es, der diese Aktion angeordnet hatte, also musste er, falls es bei dem mageren Ergebnis blieb, den Kopf dafür hinhalten. Erwies sich die ganze Sache sozusagen als Griff ins Klo – ein Gedanke, den er nicht zu Ende denken mochte, aber nur mal so angenommen –, dann stand er mutterseelenallein im Regen, und alle fielen wie die Aasgeier über ihn her.
Brisbane schäumte vor Wut. »Jetzt reicht es mir! Ich werde den Sicherheitsdienst des Museums unter Berufung auf mein Hausrecht anweisen, Ihre Officers aus dem Haus zu weisen. Wo steckt eigentlich Manetti?«
Custer sah einen Hoffnungsschimmer am Horizont. »Manetti hat uns hierher geführt.«
»Das hätte er besser nicht getan!«, fauchte Brisbane und drehte sich zu Gibbs um. »Wo ist er?«
»Er ist gegangen«, sagte Gibbs trocken.
Captain Custer blieben der aufmüpfige Ton des jungen Mannes und der finstere Blick, mit dem er Brisbane musterte, nicht verborgen. Noch ein Hoffnungsschimmer. Hatte er nicht gleich geahnt, dass Brisbane bei den Mitarbeitern unbeliebt war? Wenn er allein daran dachte, was Gibbs ihm über die rüde Art erzählt hatte, in der der Vizepräsident mit Puck umgesprungen war – einem Mann, den alle Kollegen geschätzt hatten und dessen Arbeit über jeden Tadel erhaben war …
Und plötzlich kam ihm eine Erleuchtung. Ein Geistesblitz, ähnlich dem, der ihn dazu beflügelt hatte, diese Aktion in die Wege zu leiten, nur noch brillanter. Eine Intuition, die selbst Sherlock Holmes Ehre gemacht hätte.
Er drehte sich um und maß Brisbane mit unauffälligen, aber eindringlichen Blicken. Dem Mann glitzerten Schweißperlenauf der Stirn, das Haar war derangiert, in den Augen glomm Wut.
Brisbane war immer noch mit Gibbs beschäftigt. »Was heißt hier, er ist gegangen? Wohin?«
Gibbs zuckte nur die Achseln. Auf ziemlich respektlose, unverfrorene Art.
Brisbane ging zum Schreibtisch, riss das Telefon von der Gabel, wählte nacheinander ein paar Nummern und gab leise irgendwelche Anweisungen durch.
Dann fuhr er herum und funkelte Custer zornig an. »Captain Custer, ich fordere Sie
Weitere Kostenlose Bücher