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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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ließ den Lichtstrahl über den mit einer Staubschicht bedeckten Boden wandern und studierte die sich deutlich im Staub abzeichnenden Fußspuren, mit dem aufmerksamen Blick eines erfahrenenFährtenlesers. Schließlich winkte er Nora, ihm zu folgen, und ging langsam weiter. Durch eine Art Bogengang erreichten sie einen größeren Raum, der mit seinen dunkel getäfelten Wänden und der niedrigen Decke gotische Strenge auszustrahlen schien.
    Sie waren in einem Ausstellungsraum angekommen, auf niedrigen Tischchen und in verglasten Schränken lagen oder standen seltsame Utensilien. Nora sah sich verwundert um, sie konnte sich keinen Reim auf das rätselhafte Sammelsurium machen.
    »Das Handwerkszeug eines Jahrmarktzauberers«, flüsterte Pendergast ihr zu.
    Nach wenigen Schritten kamen sie in einen noch größeren Raum, offenbar die Empfangshalle. Pendergast blieb stehen, studierte wieder die Fußspuren und murmelte: »Aha, jetzt ist er barfuß. Und er ist gerannt.«
    Er suchte den riesigen Raum mit dem Lichtstrahl seiner Stablampe ab. Nora starrte verblüfft auf die Ansammlung von Ausstellungsstücken, von denen sie umgeben waren. An den Wänden ragten Skelette auf, in den Glasschränkchen lagen Edelsteine und wertvolle Kunstgegenstände aus aller Herren Ländern, dicht daneben standen Tische mit Tierschädeln, Gesteinsbrocken und Glasbehältern mit Käfern, die im diffusen Licht in allen Farben des Regenbogens schillerten. Die stickige Luft roch nach Spiritus, Leder und alter Buchbinderleinwand, dazu mischte sich ein rätselhafter anderer Geruch, der zwar schwach, aber irgendwie unangenehmer war.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Nora flüsternd.
    »In Lengs Kuriositätenkabinett«, antwortete Pendergast ebenso leise, und als Nora den Kopf wandte, sah sie, dass eine Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer in seiner Hand lag.
    Der widerlich süßliche Geruch wurde stärker. Nora glaubte einen öligen Unterton auszumachen, der sich auf ihrem Haar und in ihrer Kleidung absetzte, und nach einer Weile bildete sie sich sogar ein, das Öl unter der Haut zu spüren. Pendergastbewegte sich jetzt vorsichtiger. Der auf und ab huschende Lichtstrahl seiner Stablampe erfasste immer neue Ausstellungsstücke, einige waren mit Tüchern verhängt. Sooft sich das Licht an einer der verglasten Vitrinen brach, schien es ein funkelndes Feuerwerk auszulösen.
    Und auf einmal war es, als sei Pendergasts Hand erlahmt, der Lichtstrahl wanderte nicht mehr weiter. Der Agent starrte reglos auf einen mannshohen Glasschrank, ein Zittern lief über seine Hand. Als Nora seinem Blick folgte, stockte ihr der Atem.
    Es war kein Schrank wie die anderen, er enthielt kein Skelett, keine ausgestopfte Trophäe und auch keine kunstvolle Steinmetz- oder Holzschnitzerarbeit, die einen Menschen darstellte, nein, dieser Schrank barg hinter Glas ein Ausstellungsstück, wie man es sich makabrer nicht vorstellen konnte: einen Toten. Er war in einen Käfig gepfercht worden, die Arme brutal nach oben gezerrt, die Handgelenke mit Eisenschellen an die Käfigstangen gefesselt. Das grausige Szenario sollte anscheinend eine historische Szene darstellen, denn der Tote war nach der Mode des neunzehnten Jahrhunderts gekleidet, mit einem schwarzen Gehrock und einer Nadelstreifenhose.
    »Wer soll das …?«, wollte Nora fragen, aber dann versagte ihr die Stimme.
    Pendergast hätte sie ohnehin nicht gehört, er starrte mit versteinerter Miene wie gebannt auf den Schrank. Er hatte seine Stablampe nicht ausgeschaltet, der Lichtstrahl schwankte, blieb aber erbarmungslos auf den Leichnam gerichtet. Er huschte über den verschrumpelten Körper und hielt schließlich auf einer Hand inne, aus der ein verstümmelter Knochen ragte.
    Nora drehte es vor Entsetzen der Magen um, sie hatte Mühe, den jähen Brechreiz zu unterdrücken. Auch die anderen vier Finger der Hand waren nicht nur der Nägel, sondern auch der Fingerkuppen beraubt worden, sodass dem Toten nur fünf blutverkrustete Stümpfe geblieben waren.
    Der Leichnam war mumifiziert, eingefallen und geschrumpft, aber dennoch erstaunlich gut erhalten. Die Gesichtszüge wirkten so lebensecht wie bei einer von Meisterhand gemeißelten Statue. Die verdorrten Lippen waren nach innen geklappt, was unwillkürlich an ein glückseliges Lächeln erinnerte. Nur die Augenpartie passte nicht ins Bild: Da waren keine Augen mehr, nur noch leere Höhlen. Und auf einmal glaubte sie, in diesen Höhlen irgendetwas leise rascheln zu hören.
    Sie konnte nicht

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