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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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anders aus als die, die sie kannte. An den Seiten führten Abflussröhren zu einem offenen, mit Blut und Körperflüssigkeit gefüllten Sammelbecken. Solche Tische wurden gewöhnlich bei einer Autopsie benutzt, nicht bei einer Operation.
    Der Kopf, der Rumpf und die Beine der Gestalt waren mit grünen Tüchern abgedeckt, nur der untere Teil des Rückens lag bloß. Als Nora näher trat, sah sie, dass dort eine grässliche, fast sechzig Zentimeter lange, durch Metallklammern offen gehaltene Wunde klaffte. Sie musste stark geblutet haben, die Spuren waren deutlich auf den Lenden und dem Operationstisch zu sehen. Sie starrte auf die freigelegte Wirbelsäule, die sich blassgrau von dem rohen rötlichen Fleisch abhob.
    O Gott … o mein Gott!
    Sie musste nicht erst die grünen Tücher wegziehen, um zu wissen, dass es Bill Smithback war, der auf dem Operationstisch lag. Der Schrei, den sie ausstoßen wollte, erstickte in ihrer Kehle.
    Sie versuchte sich zusammenzureißen und in Erinnerung zu rufen, was Pendergast gesagt hatte. Dass es Dinge gebe, denen man sich stellen müsse. Und dass sie deshalb zuerst herausfinden müsse, ob Smithback tatsächlich tot sei. Ihr Blick huschte über das Operationsszenario. Neben demOperationstisch stand das Gerät für die intravenöse Blutversorgung, der enge, durchsichtige Schlauch führte unter eines der grünen Tücher. Nicht weit davon, auf einem Rollwagen, war ein Ventilator aufgestellt. In einer Metallschale lagen blutige Skalpelle. An der Stirnseite des Operationstisches reihten sich Geräte mit Monitoren aneinander, eines schien, wie sie aus den von links nach rechts verlaufenden, blinkenden grünen Linien schloss, der Aufzeichnung des Elektrokardiogramms zu dienen.
    Nora zuckte zusammen. Die Aufzeichnung des EKGs? Konnte es sein, dass Bill noch lebte?
    Sie beugte sich über den Operationstisch und zog das Tuch oberhalb der klaffenden Wunde weg. Es war ein schmerzlicher Augenblick für sie, all die kleinen persönlichen Merkmale zu sehen, die ihr so vertraut waren: das verwuschelte Haar, das sich wie ein Häubchen über der Stirn kräuselte und mit ein paar Strähnen in den Nacken ragte. Als sie den Finger auf die Halsschlagader legte, spürte sie einen schwachen Pulsschlag.
    Er lebte tatsächlich. Aber es war ein kümmerlich schwaches Leben. Sie war ratlos. Was konnte sie tun, um ihn zu retten? Sie wusste ja nicht mal, ob ihm irgendwelche Beruhigungsmittel gespritzt worden waren.
    Sie merkte, dass sie hyperventilierte. Sie musste sich zwingen, ruhig durchzuatmen, und vor allem etwas dagegen tun, dass ihre Gedanken sich regelrecht überschlugen. Ihr Blick huschte zu dem Gerät hinüber, das den Blutdruck anzeigte: Oberwert einundneunzig, Unterwert sechzig. Der Blutdruck ließ sich also noch messen. Aber er kam ihr niedrig vor – zu niedrig. Neben dem Blutdruckmonitor stand ein Gerät, das durch einen dünnen Schlauch mit Smithbacks Zeigefinger verbunden war. Sie erinnerte sich, dass einem Onkel von ihr vor einem Jahr, als er wegen Herzbeschwerden im Krankenhaus lag, so ein Schlauch am Zeigefinger angelegt worden war – ein Pulsoxymeter, mit dem der Sauerstoffanteil im Blut gemessenwurde. Bei Smithback zeigte die Leuchtanzeige die Zahl achtzig an. Konnte das stimmen? Sie glaubte sich zu erinnern, dass jeder Wert unter fünfundneunzig als gefährlich galt. Sie warf sicherheitshalber rasch einen Blick auf das EKG, auf dem rechts unten der Puls angezeigt wurde: einhundertfünfundzwanzig.
    In diesem Moment fing die Blutdruckanzeige hektisch zu blinken an. Sie kniete sich neben Smithback und versuchte, seinen Atem abzuhören. Die Atemzüge waren überhastet und flach, Nora konnte sie akustisch kaum wahrnehmen. Sie richtete sich auf und sah sich verzweifelt um. Es musste doch irgendetwas geben, was sie tun konnte! Ein Umbetten oder Verlegen war ausgeschlossen, das hätte Bills sicheren Tod bedeutet. Aber wenn ihr nicht bald etwas einfiel, würde er ohnehin sterben.
    Sie zwang sich, ruhig nachzudenken. Welche Bedeutung hatten die Begriffe, an die sie sich erinnerte? Niedriger Blutdruck, anormal beschleunigter Herzschlag, zu niedriger Sauerstoffanteil im Blut?
    Hoher Blutverlust, schoss ihr durch den Kopf. Sie starrte auf die enorme Menge Blut in dem Sammelbecken neben dem Operationstisch. Das musste es sein: Smithback hatte zu viel Blut verloren.
    Wie reagierte der Körper gewöhnlich darauf? Sie dachte an die Vorlesungen in der Oberstufe des Colleges und die Einführungskurse in

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