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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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biologische und forensische Anthropologie an der Universität, bei denen sie leider nie richtig zugehört hatte. Tachykardie fiel ihr ein – das Herzjagen, mit dem der Körper einen zu niedrigen Sauerstoffanteil im Blut auszugleichen versucht. Und … verdammt, wie hieß das noch mal? Vasospasmus – der gefürchtete Gefäßkrampf. Sie langte rasch nach Smithbacks Hand. Seine Finger fühlten sich, wie sie erwartet hatte, eiskalt an, die Haut sah fleckig aus. Der Körper hatte Blut in die Extremitäten gepumpt, um wenigstens deren Versorgung mit Sauerstoff sicherzustellen.
    Absinkender Blutdruck ist stets das letzte Warnzeichen … Bei Smithback war der Blutdruck bereits abgesunken … Das letzte Warnzeichen … Sie wagte gar nicht daran zu denken, was danach kam.
    Ihr wurde übel, als sie sich vor Augen hielt, welches Wagnis sie eingehen wollte. Was sie vorhatte, war blanker Wahnsinn. Sie war keine Ärztin, hatte nicht mal medizinische Fachkenntnisse. Was sie auch tat, es konnte dazu führen, dass sich Smithbacks Zustand verschlimmerte.
    Sie atmete tief durch und starrte nachdenklich auf die klaffende Wunde. Selbst wenn sie gewusst hätte, wie eine derart große Wunde geschlossen und genäht wird, hätte das nichts genützt, der Blutverlust war bereits zu hoch. Sie hatte kein Plasma für eine Bluttransfusion, und selbst wenn sie welches gehabt hätte, wäre der Versuch daran gescheitert, dass sie nicht wusste, wie eine solche Transfusion gemacht wird.
    Aber sie wusste, dass man den Flüssigkeitsspiegel eines Patienten, der viel Blut verloren hat, durch die Zuführung von Kristalloiden oder einer Salzlösung anheben kann.
    An dem Gerät für die intravenöse Blutversorgung hing ein Beutel mit tausend Kubikzentimeter Salzlösung. Der Schlauch führte in die Vene an Smithbacks Handgelenk, aber das Ventil für die Zuführung war geschlossen. Stattdessen steckte in Smithbacks Handgelenk die Nadel einer halb leeren Ampulle. Plötzlich wurde ihr klar, warum das so war. Der Mann, der Smithback all das angetan hatte, wollte eine monitorüberwachte lokale Betäubung durchführen – eine vermutlich kontraproduktive Maßnahme, aber das hatte wohl in seiner Absicht gelegen: Er wollte das Opfer bei Bewusstsein halten und es gleichzeitig ruhig stellen. Warum, um alles in der Welt, hatte er sich nicht für eine Vollnarkose oder eine spinale Anästhesie entschieden?
    Eine müßige Frage, jetzt kam es nur noch darauf an, Smithbacks Flüssigkeitsverlust so rasch wie möglich auszugleichenund seinen Blutdruck zu erhöhen. Und alles, was sie dazu brauchte, befand sich in greifbarer Nähe.
    Sie zupfte die Nadel der fast leeren Ampulle aus Smithbacks Vene und warf sie weg. Dann öffnete sie das Ventil für die Zuführung der Salzlösung und beobachtete, wie die Lösung in Smithbacks Vene zu tröpfeln begann.
    Das ist nicht genug, dachte sie voller Angst, das genügt nicht, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. O Gott, was kann ich denn noch tun?
    Es schien nichts mehr zu geben, was sie tun konnte. Smithbacks Pulsschlag war auf einhundertvierzig angestiegen, und noch alarmierender war sein Blutdruck: achtzig zu fünfundvierzig.
    Ein lähmendes Gefühl der Hilflosigkeit überkam sie. Sie beugte sich über den Operationstisch und nahm Smithbacks kalte, reglose Hand in ihre Hände.
    »Verdammt, Bill«, flüsterte sie ihm zu und rieb ihm verzweifelt die Hand, »du musst es schaffen, hörst du? Du
musst
es einfach schaffen!«
    Und dann saß sie im gleißenden Licht der Deckenlampe, starrte stumm auf die Monitore und wartete auf das Wunder, das nur der Himmel noch bewirken konnte.

7
    In den Steinkammern tief unter dem Haus am Riverside Drive achthunderteinundneunzig roch es nach Staub, Schimmel und Ammoniak. Pendergast schleppte sich unter quälenden Schmerzen mühsam durch die Dunkelheit. Er hatte das verräterische Licht der Grubenlaterne mit der Haube abgedeckt und sich auferlegt, diese so selten wie möglich abzunehmen – nur wenn er irgendwelche Proben näher in Augenschein nehmen wollte oder nach der Wunde sehen musste.
    Die Pausen, zu denen die Schmerzen ihn zwangen, wurden häufiger. Dann stand er schwer atmend inmitten der Lengschen Sammlung und lauschte angestrengt ins Dunkel. Dank seines ausgeprägt scharfen Gehörs nahm er Fairhavens hastiger gewordenen Schritt frühzeitig wahr, er konnte sogar die Distanz hinlänglich genau abschätzen. Fairhaven war dicht hinter ihm, höchstens zwei Kammern entfernt. Das hieß, dass die

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