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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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ihre Fahne nach dem Wind zu hängen, damit das Museum überlebte. Denn das war das Einzige, was letztendlich zählte.
    Er dachte an die Namen berühmter Wissenschaftler in der eigenen Familie. Sein Urgroßonkel Amasa Greenough, der den chitinösen Seeteufel entdeckt hatte und mit Darwin befreundet war, seine Großtante Philomena Watson und ihr überaus segensreiches Wirken bei den Ureinwohnern der Tierra del Fuega, sein Großvater Gardner Collopy, dem die Zoologie bahnbrechende Erkenntnisse bei der Erforschung der Lurche und Kriechtiere verdankte, und nicht zu vergessen: die Erkenntnisse, die er selbst bereits in jungen Jahren der Wissenschaft geschenkt hatte und die Grundlage für eine neue Klassifizierung der Pongidae gewesen waren. Mit ein wenig Glück und wenn ihm durch göttliche Fügung ein langes Leben beschieden war, zählte auch er eines Tages zu den Großen des Museums und konnte darauf hoffen, dass sein Name auf der Ehrentafel in der Großen Rotunde, wo ihn alle Besucher sehen konnten, in Bronze eingraviert wurde.
    Und doch wollte seine melancholische Grundstimmung an diesem Tag nicht weichen. Vielleicht lag es an der niederschmetternden Neuigkeit, die er heute Morgen aus der Zeitung erfahren hatte. Er griff leise seufzend nach der
Times
, die aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch lag. Ein infamer Artikel, geschrieben von demselben Schmutzfink, der dem Museum schon 1995 viel Ärger gemacht hatte. Collopy hatte gehofft, durch die vorsorgliche Entfernung belastender Unterlagen aus dem Archiv neuerlichen Ärger im Keim ersticken zu können. Aber jetzt war dieser Brief aufgetaucht, und plötzlich roch es nach einem unvermeidlichen Skandal. Seineeigenen Leute hatten bei der Entdeckung mitgewirkt, ein FBI-Agent schnüffelte überall herum, und Fairhaven, einer der größten Förderer des Museums, stand unter Beschuss. Collopy hatte alle Möglichkeiten abgewogen, aber die Umstände waren zu geheimnisvoll, als dass er sich in Sicherheit wiegen konnte. Wenn er die Dinge nicht in den Griff bekam, würde diese Sache seiner Karriere, gelinde gesagt, einen höchst unerwünschten Knick versetzen.
    Aber er bekam sie in den Griff. Selbst aus dem größten Desaster konnte ein Vorteil erwachsen, wenn man der Sache – wie hieß das Wort? – den richtigen Dreh gab. Genau das war’s, worauf es jetzt ankam. Das Museum würde nicht mit dem üblichen hysterischen Protest reagieren, sich nicht gegen die Einmischung dieses FBI-Agent verwahren, die eigene Verantwortung nicht in Abrede stellen und auch nichts unternehmen, um seinem Mäzen Fairhaven zu Hilfe zu eilen, jedenfalls nicht so, dass es irgendjemand merkte. Vieles ließ sich, wie es so schön hieß, in camera ins Reine bringen. Das richtige Wort zur richtigen Zeit und am richtigen Ort, dazu ein paar Zusicherungen und eine angemessene Geldspritze – alles ohne viel Aufsehen, mit behutsamer Hand.
    Frederick Watson Collopy drückte die Taste der Wechselsprechanlage. »Mrs. Surd, wären Sie wohl so freundlich, Mr. Brisbane zu bitten, dass er sich zu mir bemüht?« In höflichem, liebenswürdigem Ton.
    »Gern, Dr. Collopy.«
    »Ich danke Ihnen sehr, Mrs. Surd.«
    Er ließ den Knopf los, lehnte sich zurück, faltete sorgfältig die
New York Times
zusammen und legte sie in den Ablagekorb. Und dann huschte zum ersten Mal seit dem Aufstehen ein Lächeln über sein Gesicht.

11
    Nora Kelly wusste, worum es ging, schließlich hatte sie heute Morgen die Zeitung gelesen. Der Artikel war das Thema des Tages im Museum, vielleicht sogar in ganz New York. Sie konnte sich denken, wie so etwas auf einen Mann wie Brisbane wirken musste. Sie hatte schon den ganzen Tag mit seinem Anruf gerechnet, aber er hatte sie schmoren lassen. Gerade eben – zehn Minuten vor fünf – war sie in das Büro des Ersten Vizepräsidenten gerufen worden. Vermutlich reine Bosheit. Der Kerl wollte, dass ihr nur noch exakt zehn Minuten blieben, um ihre Unterlagen zusammenzupacken und aus dem Museum zu verschwinden.
    Das Namensschild an Brisbanes Tür war verschwunden. Sie klopfte und wartete auf das »Herein«.
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Brisbanes Vorzimmerdame, spitz und übellaunig wie gewöhnlich. Vielleicht wirkte sie deshalb so verhärmt.
    Nora setzte sich. Bill, du verdammter krummer Hund!, dachte sie. Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Er neigte zu impulsivem Handeln, ohne zuvor die Großhirnrinde zu bemühen, aber diesmal war er entschieden zu weit gegangen. Sie würde ihm gehörig die

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