Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens
mit getrüffeltem Honig, Baccelli, Tomaten und Rucola. An so einem heißen Tag will man ja nichts Schweres zu sich nehmen.”
»Äh – ja, hört sich großartig an«, schwindelte Tad, obwohl erbei sich dachte: Wenn’s denn unbedingt was Italienisches sein muss, warum dann nicht einfach eine knusprige Pizza? Außerdem war es bereits ein Uhr, und er hatte, wie er’s immer tat, bereits um halb zwölf gegessen.
»Miss Kraus fühlt sich nicht wohl«, ließ ihn Pendergast wissen. »Sie hütet das Bett, und da musste ich eben zusehen, wie ich allein zurechtkomme.«
»Verstehe«, murmelte Tad und folgte dem Agent in die Küche. In der Ecke waren bis zur halben Höhe der Wände Pakete vom Federal Express gestapelt. Auf der Anrichte lag gut und gern ein halbes Dutzend Tiefkühlpackungen bereit, den fremdländischen Aufschriften nach lauter italienische Spezialitäten. Von der amerikanischen Küche schien Pendergast nichts zu halten.
Der Agent machte sich geschäftig und flink mit den Tiefkühlpackungen zu schaffen und hatte im Handumdrehen Salamiund Käsescheiben auf drei Tellern angerichtet, garniert mit irgendetwas, was Tad entfernt an Salat erinnerte. Er verfolgte Pendergasts Bemühungen mit gelindem Misstrauen.
»So«, sagte der Agent schließlich, »gleich kann es losgehen, ich will nur rasch den Teller für Miss Kraus nach oben bringen.«
»Keine Eile«, sagte der Deputy lau und ließ seinen Hut nervös von einer Hand in die andere wandern. Von irgendwoher hörte er gedämpft Winifreds fragende Stimme und Pendergasts gemurmelte Antworten. Und schon war der Agent wieder da.
»Geht es ihr besser?«, erkundigte sich Tad.
»Ich denke schon«, erwiderte Pendergast mit gesenkter Stimme. »Ihr Unwohlsein ist eher psychisch als physisch begründet. Der Mord in den Maisfeldern hat ihr einen regelrechten Schock versetzt.«
»Ja, das ging uns allen so.«
»Das kann ich mir vorstellen. Ich hatte vor kurzem mit einer höchst unerfreulichen Mordserie in New York zu tun, woMorde eher an der Tagesordnung sind. Ich bin also daran gewöhnt, mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert zu werden, aber für Sie ist das eine ganz neue und sicher nicht schöne Erfahrung. Aber nehmen Sie doch bitte Platz!« Tad setzte sich, legte seinen Hut auf den Tisch, fand das offenbar nachträglich unschicklich, platzierte ihn auf dem Stuhl neben sich, wurde aber jäh von der Sorge befallen, er könne ihn womöglich beim Abschied vergessen. Pendergast löste das Problem für ihn, indem er den Diensthut des Deputy an einen Wandhaken hängte. »Buon appetito!«, ermunterte er ihn, zuzulangen.
Tad spießte mit der Gabel eine Käsescheibe auf, kostete ein Stück und kam zu dem Ergebnis, dass der Käse eigentlich recht gut schmeckte. Im Grunde so, wie er ihn mochte.
»Träufeln Sie doch ein wenig ›miele al tartufo bianco‹ darüber«, riet ihm Pendergast, und als der Deputy zögerte, löffelte ihm der Agent eine Portion des Honigs auf den Käse.
Das Zeug sah merkwürdig aus und roch auch komisch, aber nachdem Tad gekostet hatte, musste er im Stillen abermals Abbitte leisten. Er probierte auch die Salamischeiben, erfuhr, dass es sich um eine Spezialität vom Wildschwein handele, und war entschlossen, künftig öfter italienisch zu essen.
Und siehe da, die Überraschungen nahmen kein Ende. Pendergast tupfte sich mit der Serviette den Mund ab und sagte: »Da Sie vermutlich den Auftrag haben, mich auszuhorchen, werde ich Ihnen während des Essens ein kurzes Briefing geben.«
Tad brachte vor Verlegenheit nur ein gestammeltes »Ja gut, mir soll’s recht sein« heraus und zog hastig das Notizbuch aus der Uniformjacke.
»Der Hund gehörte Andy Cahill und wurde Jiff gerufen. Andy ist, wie mir gesagt wurde, ein ziemlich abenteuerlustiger Bursche, er hat sich mit Jiff oft in den Maisfeldern herumgetrieben. Meine Assistentin bemüht sich zurzeit, mehr in Erfahrung zu bringen.«
Tad machte sich eifrig Notizen.
»Anscheinend wurde Jiff vorgestern Nacht getötet. Sie erinnern sich vermutlich, dass der Himmel nach Mitternacht von Wolken verhangen war. Ich habe inzwischen die Ergebnisse der Autopsie vorliegen. Der zweite, dritte und vierte Wirbelknochen wurden regelrecht zerschmettert. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass dazu irgendein Werkzeug oder Hilfsmittel benutzt wurde. Wenn die Tat also mit bloßer Hand ausgeführt wurde, muss der Täter über enorme Kräfte verfügen. Der Schwanz scheint mit einem brutalen Hieb abgetrennt worden zu
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