Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
zu Hause. Also konnte er ja schon mal den Tisch decken und die Reste der Lasagne napoletana in die Mikrowelle schieben. Mal sehen, ob sie ihm von dem neuen Mordfall erzählen würde, an dem sie gerade arbeitete. Er war dankbar für alles, was ihn ablenkte und davon abhielt, sich im Kreis zu drehen.
Der Portier unternahm einen verspäteten, unverschämten Versuch, ihm die Tür aufzuhalten. D’Agosta ging an ihm vorbei in die schmale Eingangshalle und tastete in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Vor ihm stand einer der Fahrstühle einladend offen. D’Agosta trat ein und drückte den Knopf für den fünfzehnten Stock.
Gerade als sich die Fahrstuhltür schloss, schob sich eine Hand in den schmalen Spalt und drückte sie auf. Es war dieses Ekel von Doorman. Er trat ein, dann drehte er sich zu ihm um, verschränkte die Arme vor der Brust und ignorierte D’Agosta. Sein unangenehmer Körpergeruch erfüllte die enge Kabine.
D’Agosta sah den Kerl gereizt an. Er hatte einen dunklen Teint, ein feistes Gesicht, braune Augen und deutliches Übergewicht. Komisch, er hatte keinen Knopf gedrückt. D’Agosta verlor das Interesse und richtete seinen Blick auf die Stockwerksanzeige, während der Fahrstuhl aufstieg. Fünf, sechs, sieben…
Der Doorman beugte sich vor, drückte den Haltknopf. Der Fahrstuhl kam abrupt zum Stehen. D’Agosta warf dem Mann einen Blick zu. »Was soll das?«
Der Portier machte sich nicht einmal die Mühe, ihn anzusehen. Stattdessen zog er einen Freischlüssel aus der Tasche, schob ihn in die Bedienungstafel, drehte ihn und zog ihn heraus. Mit einem Rucken fuhr der Fahrstuhl wieder nach unten.
Laura hat Recht, dachte D’Agosta. Der Idiot hat ein echtes Problem mit seiner Berufseinstellung. »Nun hören Sie mir mal gut zu: Ich weiß nicht, wohin zum Teufel Sie wollen, aber Sie können verdammt noch mal warten, bis ich mein Stockwerk erreicht habe.« D’Agosta drückte wieder den Knopf für die fünfzehnte Etage. Der Fahrstuhl reagierte nicht. Er fuhr weiter abwärts, an der Eingangshalle vorbei und in Richtung Keller.
Mit einem Mal verwandelte sich D’Agostas Gereiztheit in Beunruhigung. Sein Polizistenradar fing an sich zu drehen, und das auf Hochtouren. Plötzlich schossen ihm die warnenden Worte in Pendergasts Brief durch den Kopf. Diogenes ist äußerst gefährlich. Machen Sie ihn erst auf sich aufmerksam, wenn Sie es müssen. Instinktiv griff D’Agosta in sein Jackett und zog seine Dienstwaffe hervor.
Aber der Portier kam ihm zuvor. Mit einer überraschenden, blitzartigen Bewegung warf er D’Agosta gegen die Fahrstuhlwand und drehte ihm mit schraubstockfestem Griff die Arme auf den Rücken. Der Lieutenant wehrte sich zwar, musste aber hinnehmen, dass er gekonnt gefesselt wurde. Er wollte um Hilfe rufen, aber da schlossen sich – fast wie durch Telepathie – behandschuhte Finger fest über seinen Mund. D’Agosta konnte kaum glauben, wie schnell er entwaffnet und kampfunfähig gemacht worden war.
Und dann tat der Doorman etwas Sonderbares. Er beugte sich vor, bis seine Lippen D’Agostas Ohr fast berührten, und flüsterte: »Meine aufrichtigste Entschuldigung, Vincent…«
11
Detective Captain Laura Hayward durchquerte das Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster, wobei sie darauf achtete, nicht gegen den Tisch zu stoßen, der darunterstand. Durch das eingeschlagene Fenster konnte sie erkennen, dass weit unten auf dem Browadway endlich Ruhe eingekehrt war. Sie hatte ihren Männern strikte Anweisungen erteilt, den Tatort abzusperren, und sie hatten gute Arbeit geleistet: Die Verletzten waren schnell von Krankenwagen abtransportiert worden, die Gaffer und Schaulustigen waren schließlich der Kälte überdrüssig geworden und davongegangen, die Presseleute waren zwar hartnäckiger gewesen, aber auch sie hatten sich schließlich mit dem knappen Statement zufrieden gegeben, das sie am späten Nachmittag abgegeben hatte. Es war ein komplizierter, chaotischer Tatort, weil die Wohnung und das darunter befindliche Restaurant betroffen waren, aber sie hatte die Ermittlungsteams persönlich koordiniert und jetzt – endlich – packten die Leute der Spurensicherung ihre Sachen. Die Fingerabdruckexperten, die Fotografen und die Tatortanalysten waren bereits gegangen. Nur die für das Protokollieren der Beweismittel verantwortliche Frau war noch da und die würde in der nächsten Stunde ebenfalls gehen.
Laura Hayward bezog eine ungeheure Befriedigung aus einem Mordfall, in dem professionell
Weitere Kostenlose Bücher