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Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Titel: Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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sie den Wasch lappen wieder ab, spülte ihn aus und legte ihn wieder auf. Nach einigen Minuten hatte sich das Blut so weit aufgeweicht, dass sie die Schnittwunde säubern und genauer untersuchen konnte.
    Sie war nicht so schlimm, wie sie zunächst ausgesehen hatte.Das Skalpell hatte ihr zwar tief ins Ohr geschnitten, das Gesicht aber nur gestreift. Als sie die Wunde vorsichtig abtastete, merkte sie, dass der Schnitt ungemein scharf und sauber war. Aber nicht lebensbedrohlich, auch wenn sie wie ein abgestochenes Schwein geblutet hatte – die Wunde würde verheilen und nur eine kleine Narbe zurücklassen.
    Narbe.
Fast hätte sie laut losgelacht, als sie den blutigen Waschlappen ins Waschbecken warf.
    Sie beugte sich vor und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Es war schmal und ausgemergelt, die Augen waren hohl, die Lippen aufgesprungen.
    In den Romanen, die sie gelesen hatte, schienen Verfolgungsjagden ganz leicht zu sein. Die Figuren folgten anderen Figuren um die halbe Welt und bekamen dabei dennoch genügend Schlaf, Essen und Trinken und waren stets tadellos gekleidet. Tatsächlich aber handelte es sich um eine irrsinnig anstrengende Unternehmung. Sie hatte kaum geschlafen, seit sie im Museum seine Fährte aufgenommen hatte; sie hatte kaum gegessen; sie sah aus wie eine Obdachlose.
    Zu allem Überfluss hatte sich die Welt als ein Alptraum jenseits aller Vorstellungskraft erwiesen: laut, hässlich, chaotisch und grausam anonym. Alles war ganz anders als die behagliche, vorhersehbare, moralische Welt der Literatur. Die meisten Menschen, denen sie begegnet war, waren hässlich, käuflich und dumm – ja, bloße Worte vermochten nicht zu beschreiben, wie ungeheuer verabscheuungswürdig sie waren. Außerdem hatte sich die Verfolgungsjagd als sehr kostspielig er wiesen. Aus Unerfahrenheit und weil andere sie betrogen hatten, aber auch durch unbedachte Geldausgaben hatte sie in den vergangenen vierzig Stunden fast sechstausend Euro durchgebracht. Sie hatte nur noch zweitausend übrig – und keine Möglichkeit, an mehr heranzukommen.
    Seit vierzig Stunden folgte sie ihm unablässig, doch jetzt warer ihr entwischt. Seine Wunde würde ihn nicht behindern. Wie ihre eigene war sie bestimmt nur oberflächlich. Sie war überzeugt, dass sie seine Spur endgültig verloren hatte – dafür würde er schon sorgen. Er war verschwunden, hatte sich eine neue Identität zugelegt und befand sich ohne Zweifel auf dem Weg zu einem sicheren Ort, den er sich für genau eine solche Situation bereits vor Jahren eingerichtet hatte.
    Sie war ihrem Ziel, ihn zu töten, so nahe gekommen – zweimal. Wenn sie eine bessere Waffe gehabt hätte … wenn sie gewusst hätte, wie man schießt … wenn sie eine Millisekunde schneller mit dem Skalpell gewesen wäre – dann wäre er jetzt tot.
    Aber nun war er ihr entkommen. Sie hatte ihre Chance verspielt.
    Sie packte den Waschbeckenrand und blickte in ihre blutunterlaufenen Augen. Sie wusste mit Gewissheit, dass die Spur hier in Florenz enden würde. Er würde fliehen, mit dem Taxi, dem Zug oder dem Flugzeug, ein Dutzend Grenzen überschreiten, kreuz und quer durch Europa reisen, ehe er schließlich an einem sicheren Ort ankam, und zwar unter einem Pseudonym, das er sorgfältig gepflegt hatte. Es war irgendwo in Europa, dessen war sie sicher; aber diese Ge wissheit war ihr kaum eine Hilfe. Es konnte ein ganzes Leben dauern, um ihn aufzuspüren – oder noch länger.
    Dennoch, sie hatte noch ein ganzes Leben vor sich. Und wenn sie ihn fand, dann würde sie ihn erkennen. Seine Verkleidungen waren gut gewesen, doch keine Tarnung würde sie täuschen. Sie
kannte
ihn. Er konnte alles Mögliche an seiner äußeren Erscheinung ändern: sein Gesicht, seine Kleidung, seine Augen, seine Stimme, selbst seine Körpersprache. Aber zwei Dinge konnte er nicht ändern. Zum einen seine Statur. Und zweitens gab es da etwas, wichtiger noch als seine Statur, woran Diogenes bestimmt niemals denken würde: seinen Geruch. Sie erinnerte sich gut daran, er war merkwürdig berauschend,nach Lakritze, betont durch eine scharfe, dunkle Note von Eisen.
    Ein ganzes Leben
… Ein Anflug von Verzweiflung, so überwältigend, dass sie sich am Waschbecken festhalten musste, überkam sie.
    Hatte er bei seiner überstürzten Abreise vielleicht irgendwelche Hinweise zurückgelassen? Aber dafür müsste sie nach New York zurückkehren, und wenn sie dort angekommen wäre, wäre die Fährte erkaltet.
    Oder hatte er vielleicht in ihrem Beisein

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