Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
dieje nige, die aufs Meer hinausging, war von antiken Marmorsäulen gesäumt. Hinter der Lavamauer befand sich ein üppiger, großer Garten mit tropischen Pflanzen, Paradiesvögeln und riesigen exotischen Kakteen. Es war das allerletzte Haus am Berg. Von dort, wo Pendergast stand, wirkte es fast so, als würde sich der Vulkan, dessen flackernder Gipfel ein bedrohliches, dunkles Orange auf die tiefhängenden Wolken warf, über das Haus beugen.
Trotz allem – trotz der besonderen Situation – konnte Pendergast den Blick nicht abwenden.
Das ist das Haus meines Bruders,
dachte er.
Entschlossen schritt der Polizist zum offen stehenden Eisentor und drückte den Klingelknopf. Als wäre der Bann gebrochen, schob sich Pendergast an ihm vorbei und lief geduckt zum Terrasseneingang, dessen Tür im Wind klapperte.
»Warten Sie, Signore!«
Pendergast zückte seinen Colt 1911, drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand und packte die Tür mit beiden Händen, als sie zuschwang. Sie war von Schüssen durchlöchert. Er blickte sich um: Ein Fensterladen stand ebenfalls offen und schwang im Wind hin und her.
Der Polizist kam schnaufend herangelaufen und stellte sich neben ihn. Er musterte die Tür.
»Minchia!«
Sofort zückte auch er seine Waffe.
»Was ist denn, Antonio?«, rief der Fahrer des Kleintransporters und kam herauf, wobei die glühende Spitze seiner Zigarette in der Dunkelheit tanzte.
»Geh zurück, Stefano. Das hier sieht nicht gut aus.«
Pendergast zog eine Taschenlampe aus seinem Mantel, schlich ins Haus und leuchtete umher. Der Boden war von Holzsplittern übersät. Der Lichtstrahl der Taschenlampe erhellte ein großes Wohnzimmer in mediterranem Stil mit kühlen, weiß verputzten Wänden, Fliesenboden und schweren, antiken Möbeln: spartanisch und überraschend streng. Durch eine offene Tür erblickte Pendergast eine außergewöhnliche Bibliothek, sie ging über zwei Stockwerke und war ganz in einem surrealen Perlgrau gehalten. Als er hineinschlich, sah er, dass ein zweiter Fensterladen in der Bibliothek mit mehreren Schüssen geöffnet worden war.
Aber immer noch keinerlei Hinweise auf einen Kampf.
Er ging zurück zur Seitentür, wo der Polizist gerade die Einschusslöcher inspizierte. Er richtete sich auf. »Das hier ist ein Tatort, Signore. Ich muss Sie bitten, zu gehen.«
Pendergast trat auf die Terrasse und spähte den schummrigen Berg hinauf. »Ist das da ein Fußweg?«, fragte er den Ape-Fahrer, der noch immer mit offenem Mund dastand.
»Ja, er führt den Berg hoch. Aber den haben die bestimmt nicht genommen – nicht mitten in der Nacht.«
Kurz darauf erschien der Polizist, das Funkgerät in der Hand. Er forderte Verstärkung von Lipari an; die Insel lag fast fünfzig Kilometer entfernt.
Pendergast ging durchs Tor und stieg bis zum Ende der Gasse hoch. Brüchige Steinstufen führten den Hang hinauf und mündeten in einen breiteren, sehr alten Fußweg. Pendergast kniete sich hin und leuchtete auf den Boden. Nach einem Augenblick richtete er sich wieder auf, ging ein paar Schritte den Weg hoch und untersuchte ihn erneut mit seiner Taschenlampe.
»Gehen Sie dort nicht hinauf, Signore! Der Weg ist extrem gefährlich!«
Wieder kniete sich Pendergast hin. In der dünnen Staubschicht, die durch eine alte Steinstufe vor dem Wind geschützt war, erkannte er den Abdruck eines Absatzes – eines kleinen Absatzes. Der Abdruck war frisch.
Und dort, darüber, war noch ein kleiner, schwacher Abdruck, er lag über einem größeren. Diogenes, verfolgt von Constance.
Pendergast richtete sich auf und blickte den schwindelerregenden Hang des Vulkans hoch: Es war so dunkel, dass man nichts erkennen konnte außer dem schwachen Flackern gedämpft orangenfarbenen Lichts um den wolkenverhangenen Gipfel.
»Dieser Weg hier«, rief er dem Polizisten zu. »Führt er bis nach oben?«
»Ja, Signore. Aber noch mal: Der Weg ist sehr gefährlich und nur für geübte Kletterer geeignet. Ich kann Ihnen versichern, die beiden sind nicht dort hinaufgegangen. Ich habe die Carabinieri auf Lipari angerufen, aber sie können erst morgen kommen. Und vielleicht nicht einmal dann, wegen des Wetters. Mehr kann ich nicht tun, abgesehen davon, in der Stadt zu suchen … wohin Ihre Nichte und der Professor bestimmt gegangen sind.«
»In der Stadt werden Sie sie nicht finden«, sagte Pendergast, drehte sich um und stieg den Pfad hinauf.
»Signore! Nehmen Sie nicht diesen Weg! Er führt zur Sciara del Fuoco!«
Aber die Worte des Mannes
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