Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
für ein paar Jahre beschäftigt zu halten.«
»Gar nichts haben Sie. Alle meine Stücke haben lückenlose Herkunftsnachweise.«
»Wie diese in Gold und Silber gefasste Schädelschale? Die ist nicht illegal ausgeführt – weil es eine moderne Kopie ist. Oder versuchen Sie etwa, sie als Original auszugeben?«
Schweigen senkte sich herab. Das magische Licht Venedigs fiel durch die Fenster und erfüllte den prachtvollen Raum mit goldenem Glanz.
»Wenn die Polizei kommt, werde ich Sie festnehmen lassen«, sagte Morin endlich.
»Ja, und man wird zweifellos den Inhalt meiner Aktentasche beschlagnahmen. Er wird die Polizei ohne Zweifel sehr interessieren.«
»Sie sind ein Erpresser.«
»Wie kommen Sie darauf? Ich fordere nichts. Ich stelle nur Fakten fest. Dieser Vishnu mit Gefährtinnen aus dem zwölften Jahrhundert beispielsweise, angeblich aus der Pala-Dynastie, ist ebenfalls eine Fälschung. Das Stück würde Ihnen ein kleines Vermögen einbringen, wenn es echt wäre. Wie schade, dass Sie es nicht verkaufen können.«
»Was zum Teufel wollen Sie?«
»Absolut gar nichts.«
»Sie kommen hierher, Sie lügen mich an, Sie bedrohen mich in meinem eigenen Haus – und Sie wollen nichts? Kommen Sie, Pendergast. Haben Sie den Verdacht, dass eins dieser Stücke gestohlen ist? Falls ja, warum besprechen wir die Sache dann nicht wie Gentlemen?«
»Ich bezweifle, dass sich das gestohlene Objekt, das ich suche, in Ihrer Sammlung befindet.«
Morin betupfte sich mit einem Seidentaschentuch die Stirn. »Bestimmt verfolgen Sie ein Ziel mit Ihrem Besuch, haben irgendeine Forderung!«
»Zum Beispiel?«
»Ich habe keine Ahnung«, stieß der Mann wütend hervor. »Wollen Sie Geld? Ein Geschenk? Alle wollen etwas! Jetzt sagen Sie schon!«
»Tja nun«, sagte Pendergast, »da Sie darauf bestehen. Ich habe ein kleines tibetisches Porträt dabei – wenn Sie es sich einmal ansehen würden?«
Morin fuhr so schnell herum, dass Asche von seiner Zigarette fiel. »Um Gottes willen, ist das alles? Ja, ich schaue mir Ihr verdammtes Porträt an. Es war nicht notwendig, deswegen diese Drohungen auszustoßen.«
»Ich bin ja so froh, das zu hören. Ich fürchtete schon, Sie könnten sich als nicht kooperativ erweisen.«
»Ich sagte doch, ich werde kooperieren!«
»Wunderbar.«
Pendergast nahm das Porträt heraus, das der Mönch ihm gegeben hatte, und reichte es Morin. Der Mann rollte es auf, griff nach seiner Brille, setzte sie auf und betrachtete das Porträt. Dann nahm er die Brille ab und gab Pendergast das Rollbild zurück. »Modern. Wertlos.«
»Ich bin nicht wegen eines Gutachtens hier. Sehen Sie sich das Gesicht an. Hat dieser Mann Ihnen einen Besuch abgestattet?«
Morin zögerte, griff wieder nach dem Bild und musterte es genauer. Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Doch, ja – ich erkenne den Mann. Wer um alles in der Welt hat dieses Porträt gemalt? Es ist in perfektem
thangka
-Stil gehalten.«
»Hat er Ihnen etwas zum Kauf angeboten?«
Morin zögerte. »Sie arbeiten doch nicht mit diesem … Individuum zusammen, oder?«
»Nein. Ich suche ihn. Und das, was er gestohlen hat.«
»Ich habe ihn und sein Objekt weggeschickt.«
»Wann war er hier?«
Morin stand auf und sah in einem großformatigen Kalender nach. »Vorgestern, um vierzehn Uhr. Er hatte einen Kasten dabei. Er habe gehört, dass ich mit tibetischer Kunst handle, sagte er.«
»Wollte er verkaufen?«
»Nein. Es war höchst eigenartig. Er wollte den Kasten nicht einmal öffnen. Er nannte das Stück ein ›Agozyen‹. Diesen Begriff habe ich noch nie gehört, dabei gibt es praktisch niemanden, der mehr über tibetische Kunst weiß als ich. Ich hätte ihn ja sofort rausgeworfen, aber der Kasten war echt und sehr,
sehr
alt – ein wunderschönes Stück, mit einer archaischen tibetischen Inschrift, die ihn auf das zehnte Jahrhundert oder sogar davor datierte. Diesen Kasten hätte ich gerne gehabt, und ich war sehr neugierig auf den Inhalt. Aber er wollte nicht verkaufen. Er wollte eine Art Teilhaberschaft eingehen. Er brauche eine Finanzierung, sagte er. Für irgendeine bizarre Wanderausstellung mit dem Gegenstand in dem Kasten, der, wie er behauptete, die Welt in Erstaunen versetzen würde. Sie
verwandeln
, so drückte er sich, glaube ich, aus. Aber er weigerte sich strikt, mir das Objekt zu zeigen, bevor ich nicht auf seine Bedingungen einginge. Selbstredend fand ich den Vorschlag absurd.«
»Wie haben Sie reagiert?«
»Ich habe
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