Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
reichen Kunden das Gefühl zu haben, dass ein Banker ihnen etwas schulde, aber Emily verstand, wie wichtig es war, eine altmodische Beziehung gegenseitigen Vertrauens zu pflegen. Worauf Bruce ihr das entgegengebrachte Vertrauen vergolten hatte, indem er ihr half, zwei knifflige Scheidungen und einen komplizierten Erbschaftsfall durchzustehen. Da er selbst Witwer war, wusste er ihre Aufmerksamkeit und ihr Geschenk sehr zu schätzen.
Es war ein Jammer, dass einem nun alles verleidet wurde.
Nach dem Vorfall am Vorabend im
Belgravia,
den er selbst miterlebt hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass das Personal völlig überfordert war. Nicht nur hatte es keine Ahnung, wie man in einem Mordfall ermitteln oder den Mörder fassen sollte, sondern es war auch unfähig, auf die Angst und Panik zu reagieren, die sich allmählich auf dem Schiff ausbreiteten, und zwar nicht nur unter den Passagieren, sondern – wie Bruce voll Entsetzen bemerkt hatte – auch unter dem Dienstpersonal. Er war auf genügend Schiffen unterwegs gewesen, um zu wissen, dass Fahrensleute oft von eigenartigen und abergläubischen maritimen Vorstellungen besessen waren. Die
Britannia
war zu einer zerbrechlichen Hülle geworden, und er war überzeugt, dass ein einziger weiterer Schock reichen würde, alles ins Chaos zu stürzen.
Deshalb hatte er sich nach dem Lunch mit Welch, Sharp und Mrs Dahlberg, die insistiert hatte, dabei zu sein, zusammengesetzt, und sie hatten, wie er das von ihnen kannte, sofort einen Plan geschmiedet. Und jetzt, während sie mit Bruce an der Spitze den prunkvollen Korridor hinuntergingen, fand er keinen geringen Trost in dem Wissen, dass sie diesen Plan in die Tat umsetzten.
Die kleine Gruppe machte sich auf den Weg durch die Decks, bis sie einen der vorderen Gänge erreichten, der zur Kommandobrücke führte. Dort wurden sie von einem nervös wirkenden Sicherheitsmann mit wässrigen Augen und militärisch kurzem Haarschnitt gestoppt.
»Wir sind gekommen, um mit Commodore Cutter zu sprechen«, sagte Bruce und zog seine Visitenkarte hervor.
Der Mann nahm die Karte entgegen, warf einen Blick darauf. »Darf ich fragen, mit welchem Anliegen, Sir?«
»Das ›Anliegen‹ ist der jüngste Mord. Richten Sie dem Commodore aus, dass wir eine Gruppe besorgter Passagiere sind und dass wir ihn umgehend zu sprechen wünschen.« Ein wenig verlegen setzte Bruce nach kurzem Zögern hinzu: »Ex-Captain,
Royal Navy.
«
»Ja, Sir. Einen Moment, Sir.«
Der Sicherheitsmann eilte davon und schloss die Tür hinter sich. Bruce wartete ungeduldig, die Arme vor der Brust verschränkt. Fünf Minuten verstrichen, bevor der Sicherheitsmann zurückkam.
»Hier entlang, bitte, Sir.«
Bruce und seine Leute folgten ihm durch die Lukentür in einen sehr viel funktionaleren Bereich des Schiffes; Linoleumböden und grau gestrichene Wände, die von langen Neonröhren erhellt wurden. Kurz darauf wurden sie in ein spartanisches Besprechungszimmer geführt; durch eine durchgehende Fensterreihe sah man an Steuerbord über den stürmischen, endlosen Ozean.
»Bitte nehmen Sie Platz. Stellvertretender Kapitän Mason wird gleich hier sein.«
»Wir haben gebeten, den Kapitän des Schiffes zu sprechen«, entgegnete Bruce. »Also Commodore Cutter.«
Der Sicherheitsmann strich sich nervös über die Stoppelfrisur. »Der Commodore ist unabkömmlich. Es tut mir leid. Captain Mason ist sein Stellvertreter.«
Bruce warf einen fragenden Blick auf seine kleine Gruppe. »Sollen wir auf unserer Forderung bestehen?«
»Das wird nichts nützen, Sir, fürchte ich.«
»Also gut, dann eben den Stellvertretenden.«
Sie nahmen aber nicht Platz. Kurz darauf erschien eine Frau im Türrahmen, gekleidet in eine tadellose Uniform, das Haar unter die Mütze gesteckt. Bruce hatte kaum seine Verblüffung überwunden, eine Frau vor sich zu sehen, da beeindruckte ihn auch schon ihre ruhige, ernsthafte Art.
»Bitte setzen Sie sich«, sagte sie und nahm wie selbstverständlich am Kopfende des Tisches Platz – noch ein kleines Detail, das Bruce’ Anerkennung fand.
Der Banker kam sofort zur Sache. »Captain Mason, wir sind eine Kundin sowie Direktoren einer der größten Banken des Vereinigten Königreichs – eine Tatsache, die ich nur erwähne, um unseren guten Leumund zu unterstreichen. Ich selbst bin ehemaliger Angehöriger der
Royal Navy,
vormals Kapitän, HMM
Sussex
. Wir sind gekommen, weil wir den Eindruck haben, dass das Schiff vor einem Notfall steht, der möglicherweise
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