Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
zusammen, ein Schrei stieg in ihrer Kehle auf – aber dann, als sie die Gestalt genauer betrachtete, brach sie zusammen und schluchzte vor lauter Erleichterung. »Gott sei Dank, Sie sind’s. Ich dachte schon, jemand würde mich verfolgen. Ich weiß auch nicht. Ich hab mich verlaufen. Total. Ich bin so froh, dass Sie …«
Das Messer zuckte so schnell vor, dass sie nicht einmal Zeit hatte, zu schreien.
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39
LeSeur stand im rückwärtigen Bereich der Kommandobrücke, Mason neben sich. Er beobachtete Commodore Cutter, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen vor dem zentralen Steuerpult auf und ab ging. Der Commodore schritt langsam und bedächtig, setzte einen Fuß sorgsam vor den anderen. Während er die Brücke auf ganzer Länge durchmaß, kam seine schemenhafte Gestalt vor jedem Bildschirm vorbei. Aber den Blick hielt er geradeaus gerichtet, sah weder zu den Bildschirmen noch zu dem diensthabenden Offizier, der, unzufrieden über seine Freistellung, an der einen Seite stand.
LeSeur blickte auf den Radar- und den Wettermonitor. Das Schiff fuhr entlang der südlichen Flanke eines großen Sturmsystems, das sich ungewöhnlicherweise im Uhrzeigersinn drehte. Die gute Nachricht lautete, dass man den Wind im Rücken hatte; die schlechte, dass das bedeutete, in einer nachlaufenden See zu fahren. Die Stabilisatoren waren schon vor Stunden vollständig ausgefahren worden, trotzdem gierte das Schiff auf langsame, Übelkeit erregende, rotierende Weise, was den Passagieren mit Sicherheit zusätzliches Unbehagen bereitete. Wieder warf er einen kurzen Blick auf die Displays. Die Wellen gingen zehn Meter hoch, die Windgeschwindigkeit betrug vierzig Knoten, das Radar zeigte jede Menge Echos. Trotzdem: Das Schiff bewältigte das alles ganz prima. Das machte LeSeur ein bisschen stolz.
Kemper erschien lautlos neben ihm; sein Gesicht wirkte in dem künstlichen Licht, das die Displays spendeten, gespenstisch blau. Er sah aus wie einer, dem viel durch den Kopf ging.
»Auf ein Wort, Sir«, sagte er leise.
LeSeur blickte zu Mason und gab ihr mit den Augen ein Zeichen. Die beiden folgten Kemper hinaus zu einem der überdeckten Seitenflügel der Brücke. Der strömende Regen prasselte gegen die Fensterscheiben. Davor war es stockfinster.
Wortlos überreichte Kemper LeSeur ein Blatt Papier. Der Erste Offizier überflog es. »Herr im Himmel. Weitere achtzehn Passagiere sind als vermisst gemeldet?«
»Ja, Sir. Aber sehen Sie, da unten: Sechzehn sind schon wieder aufgetaucht. Jemand verlässt für zehn Minuten die Kabine, und der Partner ruft die Security an. Worum es geht: Die Lage auf dem Schiff verschlechtert sich. Die Passagiere reagieren zunehmend panisch. Und meine Mitarbeiter sind so gut wie gelähmt.«
»Was ist mit den beiden Personen, die noch nicht gefunden wurden?«
»Bei einer handelt es sich um ein sechzehnjähriges Mädchen – ihre Großeltern haben sie als vermisst gemeldet. Bei der anderen um eine Frau mit leichtem Alzheimer.«
»Wie lange werden die beiden schon vermisst?«
»Das Mädchen seit drei Stunden. Die alte Dame seit einer Stunde.«
»Glauben Sie, dass man sich deswegen ernsthaft Sorgen machen muss?«
Kemper zögerte. »Nicht bei der alten Dame – ich denke, sie ist leicht verwirrt, vielleicht irgendwo eingeschlafen. Aber das Mädchen … ja, ihretwegen mache ich mir schon Sorgen. Wir haben sie regelmäßig ausrufen lassen und alle öffentlichen Bereiche durchsucht. Und dann ist da noch
das
hier
.« Er reichte LeSeur ein zweites Blatt.
Der Erste Offizier las mit wachsendem Unglauben. »Verdammter Mist. Stimmt das?« Er tippte mit dem Finger auf das Blatt. »Ein Monster schleicht auf dem Schiff herum?«
»Sechs Leute auf Deck 9 haben berichtet, es gesehen zu haben. Irgendeine Art … ich weiß nicht, was. Ein Ding, umhüllt von Rauch, oder aus dichtem Rauch. Die Berichte variieren. Es herrscht große Verwirrung.«
LeSeur reichte das Blatt Kemper zurück. »Das ist doch absurd.«
»Es zeigt nur den Grad der Hysterie. Und ich sehe darin eine beunruhigende – eine sehr beunruhigende – Entwicklung. Massenhysterie auf einem Ozeanriesen mitten im Atlantik? Wie die Dinge liegen, habe ich nicht genügend Personal, um einer solchen Lage Herr zu werden. Wir würden überwältigt werden.«
»Besteht die Möglichkeit, Besatzungsmitglieder vorübergehend für Security-Dienste einzuteilen? Ein paar fähige junge Ingenieure von ihren üblichen Arbeitsplätzen abzuziehen?«
»Ist verboten
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