Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten
den Ast eines nahe gelegenen Baums, schnappte sich die Spitzhacke und begann mit verblüffender Kraft, den Boden aufzubrechen. D’Agosta zog Arbeitshandschuhe an und half mit, die lose Erde und die Kiesel herauszuschaufeln.
Ein Brummen kündigte die Rückkehr des Polizeiboots an. D’Agosta warf sich auf den Boden, als das Scheinwerferlicht über das Ufer strich, Pendergast ließ sich schnell neben ihn fallen. Als das Boot vorbeigefahren war, erhob sich Pendergast. »Wie lästig.« Er staubte sich ab und nahm erneut die Spitzhacke zur Hand.
Das rechteckige Loch wurde tiefer – dreißig Zentimeter, vierzig Zentimeter. Pendergast warf die Spitzhacke beiseite, kniete sich hin und fing an, mit der Kelle zu arbeiten. Er kratzte damit Schichten des Erdreichs ab, das D’Agosta dann aus dem Weg schaufelte. Der Grube entströmte der erstickende Geruch von brackigem Meerwasser und verrottendem Humus.
Als das Grab ungefähr fünfzig Zentimeter tief war, schwenkte Pendergast noch einmal den Metalldetektor darüber hinweg. »Wir sind fast am Ziel.«
Sie arbeiteten noch fünf Minuten, dann kratzte die Kelle über irgendetwas Hohles. Pendergast fegte die lose Erde weg, worauf die Rückseite eines menschlichen Schädels zum Vorschein kam. Nach weiterem Kratzen erschienen die Rückseite eines Schulterblatts und das Ende eines Holzgriffs.
»Unser Freund wurde offenbar mit dem Gesicht nach unten begraben«, sagte Pendergast. Er machte um den Holzgriff herum sauber und legte einen Handschutz und eine rostige Klinge frei. »Mit einem Messer im Rücken.«
»Ich dachte, man hätte ihm in die Brust gestochen«, sagte D’Agosta. Im Mondlicht, das durch den Nebel schien, blickte er vom Leichnam zu Pendergast. Sein Gesicht wirkte sehr blass und grimmig.
Gemeinsam legten sie allmählich den Rücken des Skeletts frei. Verrottete Kleidungsstücke kamen ans Licht: ein Paar verschrumpelte Schuhe, die von den Fußknochen abblätterten, ein verrotteter Gürtel, alte Handschellen und eine Gürtelschnalle. Pendergast und D’Agosta hoben einen schmalen Graben um das Skelett aus, legten die Seiten frei und fegten Erde von den alten braunen Knochen.
D’Agosta erhob sich – achtete dabei auf den Fluss und auf Anzeichen für das Polizeiboot – und leuchtete mit seiner Taschenlampe herum. Das Skelett lag mit dem Gesicht nach unten, Arme und Beine waren ordentlich arrangiert, die Zehen nach innen gebogen. Pendergast griff in die Grube und hob ein paar verrottete Stücke von der Kleidung an, die an den Knochen hafteten, wobei er erst den oberen Teil des Skeletts freilegte und dann kleine Fetzen Leinen von den Beinen abzog und alles in die Kiste legte. Das Messer ragte aus dem Rücken, es war bis zum Heft durch das linke Schulterblatt gestoßen worden, direkt oberhalb des Herzens. Als er genauer hinschaute, sah D’Agosta etwas, das eine stark eingedrückte Fraktur der Schädelrückseite zu sein schien.
Pendergast beugte sich tiefer über das ungewöhnliche Grab und schoss aus unterschiedlichen Winkeln eine Reihe von Fotos, antwortete aber nicht. Dann erhob er sich. »Kommen Sie, wir holen sie raus.«
Während D’Agosta die Taschenlampe hielt, löste Pendergast mit der Spitze seiner Kelle die Knochen, einen nach dem anderen, wobei er bei den Füßen begann und sich nach oben vorarbeitete und die Knochen D’Agosta reichte, damit der sie in die Beweismittelkiste legte. Als er die Brust erreicht hatte, zog er das Messer langsam aus der Erde und reichte es D’Agosta.
»Sehen Sie das, Vincent?«, fragte er und zeigte darauf. D’Agosta leuchtete mit der Taschenlampe auf ein Stück Schmiedeeisen, es sah aus wie ein langer Nagel oder Stift, dessen Ende sich über den Oberarmknochen des Opfers bog. Das lange Ende des Stifts steckte tief im Boden. »Im Grab festgenagelt.«
Pendergast zog die Stifte heraus und legte sie zu den anderen sterblichen Überresten. »Seltsam. Und sehen Sie das hier?«
Jetzt leuchtete D’Agosta auf den Hals des Opfers. Die Reste eines dünnen, verdrillten Hanfseils waren noch zu erkennen, fürchterlich eng um den Nackenknochen gelegt.
»So fest erdrosselt«, sagte D’Agosta, »dass es ihn beinahe enthauptet haben muss.«
»In der Tat. Das Zungenbein ist so gut wie zertrümmert.« Pendergast setzte seine gruselige Arbeit fort.
Bald war nur noch der Schädel freizulegen, der noch immer mit dem Gesicht nach unten in der Erde lag. Pendergast grub mit einem kleinen Taschenmesser unter diesen und den Kiefer, rüttelte
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