Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten
sagte Nora.
Die Kamera wackelte, das Bild wurde unscharf, dann wieder scharf.
»Was wollen Sie?«, fragte Nora.
Keine Antwort, kein Laut. Und dann so etwas wie ein gedämpftes Kratzen oder Quietschen. Das Licht schwenkte weg, das Dunkel kehrte zurück, der Clip war zu Ende.
»Sie können das Video also nicht zurückverfolgen«, sagte D’Agosta und versuchte, ganz gelassen zu klingen. »Gibt es sonst noch etwas über die Datei, das Sie mir sagen können? Irgendetwas?«
»Sie war nicht gebündelt.«
»Das heißt?«
»Sie stammt nicht aus einem Überwachungskamerasystem. Die Quelle war höchstwahrscheinlich ein digitaler Camcorder, wie es ihn überall zu kaufen gibt, vermutlich ein älteres Modell, wenn man sieht, wie stark die Bilder wackeln.«
»Und in der E-Mail gab es keine Nachricht? Keine Lösegeldforderung, keine Botschaft irgendeiner Art?«
Loader schüttelte den Kopf.
»Spielen Sie das Band bitte noch einmal ab.«
Während das Video lief, sah sich D’Agosta genau das wenige an, was von dem Raum zu sehen war, auf der Suche nach etwas, irgendeiner Kleinigkeit, womit er sich vielleicht identifizieren ließ.
»Können Sie auf die Wand dort zoomen?«, fragte er.
Mittels des Joysticks spulte Loader die Aufnahme ein, zwei Sekunden zurück, markierte einen Abschnitt der Wand in der Nähe von Nora und vergrößerte ihn dann.
»Das ist zu grobkörnig«, sagte D’Agosta.
»Ich kann ja mal das Unschärfen-Masken-Hilfsprogramm anwenden. Damit müsste die Wand deutlicher zu erkennen sein.« Ein paar Klicks mit der Maus, und die Wand wurde erheblich schärfer – flache Natursteine, übereinanderliegend und mit Zementfugen versehen.
»Ein Keller«, sagte D’Agosta. »Und zwar ein alter.«
»Bedauerlicherweise«, meldete sich Chislett zum ersten Mal zu Wort, »ist anhand dieser Bilder gar nichts eindeutig identifizierbar.«
»Woraus besteht das Gestein?«
»Unmöglich, seine spezielle mineralische Zusammensetzung zu bestimmen«, sagte Loader. »Könnte Schiefer, könnte Basalt sein …«
»Lassen Sie das Bild noch mal durchlaufen.«
Schweigend sahen sie sich das Playback an. D’Agosta spürte, wie seine Wut den Raum förmlich erfüllte. Warum machte er sich überhaupt die Mühe, sie zu unterdrücken? Die Dreckskerle hatten Nora entführt.
»Dieses Geräusch da im Hintergrund«, sagte er. »Was ist das?«
Loader schob den Hebel des Joysticks zur Seite. »Wir haben daran gearbeitet. Ich lade mal die Audio-Verstärkungs-Software.«
Jetzt öffnete sich ein schmales Fenster auf einem zweiten Bildschirm, das eine Audio-Wellenform enthielt, ein unscharfes, geschlängeltes Band, das wie eine Sinuskurve auf Anabolika aussah.
»Etwas Ruhe, bitte!«, rief Loader. Es wurde still im Raum. Loader klickte auf einen Play-Knopf unten im Fenster.
Die Schlängelkurve begann, sich durch das Fenster zu bewegen, ähnlich einer Bandspule, die durch einen Recorder läuft. D’Agosta hörte die gedämpften Bewegungen der Person, die die Kamera vermutlich durch die Dunkelheit trug; leises Klicken, als die Kameraleuchte anging, ein Scharren, als ob der kleine Camcorder auf etwas abgelegt oder das Objektiv durch Stäbe oder einen Schlitz geschoben wurde. Nora sagte irgendetwas, dann noch etwas. Und dann war das Geräusch zu hören. Ein Quietschen? Ein Kratzen? Es war zu leise, da war zu viel Hintergrundrauschen, um es identifizieren zu können.
»Können Sie das Geräusch verstärken?«, fragte er. »Es isolieren?«
»Ich kann ja mal ein paar parametrische Equalizer zum Signalpfad hinzufügen.« Weitere Fenster wurden geöffnet, kompliziert aussehende Kurven wurden auf die Audio-Wellenform gelegt. Wieder spielte Loader die Geräuschdatei ab. Die Geräusche waren deutlicher, aber immer noch verschwommen.
»Ich wende mal einen sogenannten Ziegelmauer-Filter an, um das Brummen am unteren Ende auszuschalten.« Weitere Klicks, weitere Anpassungen mit der Maus, dann spielte Loader die Wellenform erneut ab.
»Das Geräusch stammt von einem Tier«, sagte D’Agosta. »Und zwar von einem, dem die Kehle durchgeschnitten wird.«
»Ich fürchte, ich höre das nicht«, sagte Chislett.
»Ach nein?« D’Agosta wandte sich an Loader. »Und wie steht’s mit Ihnen?«
Der Forensiker kratzte sich etwas nervös die Wange. »Schwer zu sagen.« Er öffnete ein weiteres Fenster. »Laut diesem Spektrum-Analyseprogramm liegt ein Mix von sehr hohen Frequenzen vor, einige davon höher als für das menschliche Gehör wahrnehmbar. Ich würde
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