Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
erfahren – sie würde von den Männern Ihrer Policia Militar durchgeführt werden und eine nicht dokumentierte Kampfhandlung bleiben. Das Ziel wird ohne Zweifel gut bewacht und stark verteidigt sein: Eine Sturmtruppe von mindestens hundert Mann, vorzugsweise mehr, wird erforderlich sein. Aber Sie würden nicht reingehen ohne eine volle Unterrichtung, ohne den Vorteil einer Aufklärung – die ich liefern werde. Wie ich andeutete: Wenn wir Erfolg haben, dann wäre dieser Fluch, der auf Alsdorf liegt, für immer verschwunden.«
»Sie behaupten also, dass die Leute von Nova Godói für die Morde verantwortlich sind?«, fragte der Oberst.
»Genau das behaupte ich.«
»Und Ihre Beweise?«
Pendergast holte aus der Innentasche seines Sportsakkos mehrere Fotos von den Tatorten in New York. Eines nach dem anderen legte er dem Oberst vor, der sie schweigend musterte.
»Ja, das sind die gleichen wie die Morde hier vor Ort.«
»Diese Morde wurden in New York verübt. Ich habe den Mörder bis Nova Godói zurückverfolgt.«
»Aber warum New York?«
»Das ist eine lange Geschichte, die ich Ihnen später gern erzählen will. Also: Benötigen Sie noch mehr Beweise für das, was ich gesagt habe, oder reicht das?«
»Es reicht«, sagte der Oberst und wandte sich angewidert von den Aufnahmen ab.
»Es gibt ein paar Bedingungen. Irgendwo auf dem Gelände von Nova Godói werden zwei junge Männer versteckt. Es handelt sich um Zwillinge. Keiner von ihnen darf zu Schaden kommen – ich werde mich selbst um sie kümmern. Ich lasse Ihnen Fahndungsfotos zukommen.«
Der Oberst erwiderte Pendergasts Blick und schwieg.
»Da wäre noch etwas. Es wird einen Mann in Nova Godói geben, einen großgewachsenen, muskulösen Mann mit kurzgeschorenen, schneeweißen Haaren. Sein Name ist Fischer. Niemand sonst darf ihn anrühren. Er gehört mir, und auch mit ihm werde ich mich befassen.«
Stille senkte sich über den Tisch.
»Das sind meine einzigen Bedingungen«, sagte Pendergast. »Also, sind Sie interessiert zu erfahren, was ich als Nächstes vorhabe?«
Einen Moment lang schwieg der Oberst. Dann breitete sich langsam ein Lächeln auf seinen Gesichtszügen aus. »Ich stelle fest, dass ich sehr interessiert bin, Agent Pendergast.«
52
D urch das Fenster der kleinen Hütte erkannte Corrie einen frühmorgendlichen Frost, der auf dem Boden glitzerte und auf den Zweigen der umgebenden Buchen lag. Die schwache Sonne kämpfte sich durch die karierten Vorhänge, der gut gefüllte Bullerofen spendete eine angenehme Wärme. Jack hantierte über dem Ofen und ölte ein Backblech. In der Nähe stand eine Pfanne mit brutzelndem Bacon.
Er blickte herüber. »Jacks Spezial-Blaubeerenpfannkuchen sind gleich fertig.«
»Lass mich helfen«, sagte Corrie und stand auf.
»Nein, nein!« Jack drehte sich um, die Schürze bereits verschmiert. Er war, wie sie zugeben musste, kein großer Koch. Aber sie auch nicht.
» Ich habe hier das Sagen, bleib du sitzen.« Ohne zu fragen, griff er nach der Kaffeekanne und schenkte ihr den Becher wieder voll.
»Ich mag’s nicht, nichts zu tun.«
Er lächelte. »Gewöhn dich dran.«
Corrie nippte am Kaffee. Am Vortag war sie mit dem Nachmittagsbus angekommen und hatte sich vergewissert, dass niemand ihr folgte, anschließend war sie von Frank’s Place die ganze Strecke zur Hütte zu Fuß gegangen. Ihr Vater hatte sich unbändig gefreut, sie zu sehen. Sie hatte ihn in die Details ihrer Ermittlungen eingeweiht, und er war ganz aufgeregt.
»Stimmt es also wirklich, dass Charlie die Kunden nicht betrügt?«, fragte Corrie. Zwar schien Charlie ziemlich überzeugend, was andere Sachen betraf, aber sie fand es immer noch schwer zu glauben, dass ein Autoverkäufer komplett ehrlich sein konnte.
»Ich glaube, ja«, sagte Jack. »Der alte Ricco hat ihn mal ins Büro gerufen, hat dabei die Tür offen stehen lassen und ihm den Marsch geblasen, weil er bei dem Programm nicht mitmachen wollte. Hat gesagt, Charlie würde ›die Arbeitsmoral schädigen‹.« Jack lachte. »Ist das nicht unglaublich? Ehrlichkeit, die die Arbeitsmoral schädigt.«
»Aber wieso behalten die ihn, wenn er nicht kooperiert?«
»Weil Charlie sie echt drankriegen kann.« Er gab Butter in die Pfanne, in der sie schön brutzelte.
Allmählich begriff Corrie. Das Problem ihres Vaters war nicht Unehrlichkeit, sondern das Gegenteil: eine Art unflexibler, selbstgefälliger Ehrlichkeit, die an Selbstgerechtigkeit grenzte. Er hatte ihr erzählt, dass er beim
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