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Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Titel: Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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und Plumpen, die Schwachen, die Alten – und insbesondere die geistig Schwachen. Aber was ihn am meisten schockierte, war, dass er einige dieser Gesichter wiedererkannte. Erst Stunden zuvor hatte er sie in der Stadt gesehen. Sie gehörten den strahlenden, lächelnden Pendants – den Zwillingen. Nur trugen diese unterirdischen Doppelgänger den seltsamen und beunruhigenden Ausdruck der geistig Kranken, der Schwachsinnigen, der Verzweifelten und Hoffnungslosen, deren sehnige Muskeln, braungebrannte Haut und rauhen Hände von lebenslanger Feldarbeit zeugten.
    Am äußersten Rand seines Blickfelds sah Pendergast, dass der Wachmann kehrtmachte. Er war keiner von diesen Menschen, er war einer der anderen: großgewachsen, gutaussehend. Seine Anwesenheit schien nicht notwendig zu sein – die armen Seelen waren nicht in der Verfassung, zu revoltieren, zu entkommen oder auf andere Weise Schwierigkeiten zu machen. Der Ausdruck der Resignation auf ihren Gesichtern war universell und absolut.
    Pendergast trat weg vom Fenster und begab sich zurück durch den Tunnel und die Treppe hinauf. Ein paar Minuten später atmete er – ja, saugte er – die kühle, frische, oberirdische Luft ein, das groteske Bild menschlichen Leids, das er gerade gesehen hatte, für alle Zeit in seinen Geist eingebrannt.

61
    D iesmal hatte Felder draußen vor dem Fenster der Bibliothek über eine Stunde lang im Dunkeln gestanden, in der eiskalten Nacht, angespannt und ängstlich. Das Haus wirkte wie ausgestorben: kein Licht, keine Bewegungen. Und vor allem: kein Dukchuck. Schließlich war er beruhigt, versuchte, nicht den Mut zu verlieren, öffnete das Fenster und stieg ein.
    Das Fenster ließ er offen, für den Fall, dass er schnell fliehen musste. Einen langen Augenblick stand er reglos in der kühlen Luft und lauschte. Nichts. Genau so, wie er gehofft hatte.
    Alle nötigen Vorkehrungen waren getroffen. In den vergangenen Nächten hatte er die Bibliothek im Auge behalten und aus der Sicherheit im Gebüsch überwacht. Alles war still gewesen. Die mitternächtliche Fast-Begegnung mit Dukchuck musste ein irrer Zufall gewesen sein, denn der Mann schien nicht die Gewohnheit zu haben, des Nachts im Haus umherzustreifen. Am gestrigen Nachmittag hatte Miss Wintour ihn noch einmal zum Tee gebeten, und weder sie noch ihr furchteinflößender Diener hatten auch nur den geringsten Hinweis darauf gegeben, dass etwas nicht stimmte. Sie ahnten nichts, schien es.
    Aber er konnte nicht ewig warten, das wusste Felder. Heute Nacht musste er handeln. Wenn er die Sache noch länger hinauszögerte, würde er seinen Mut völlig verlieren. Unter den gegebenen Umständen kamen ihm Constance und das Mount Mercy allmählich weit, weit weg vor.
    Er ging an den Reihen der Bücherschränke entlang und tastete sich im Dunkeln vor, indem er über das geriffelte Bleiglas der Türen strich. Die Ws müssten am Ende der Sammlung stehen, so dass Alexander Wintours Mappe nahe der Kassettentür stehen würde, die hinaus zum Hauptflur führte. Zu seiner Erleichterung war die Tür fest verschlossen.
    Vor dem vorletzten Bücherschrank blieb Felder stehen und horchte, aber im Haus war es so still wie zuvor. Er zog die Taschenlampe aus seiner Tasche, schirmte sie sorgfältig ab und richtete den Lichtschein kurz über die vor ihm befindlichen Bücher. Trapp. Traven. Tremaine.
    Er knipste die Taschenlampe aus und ging zum nächsten und letzten Bücherschrank weiter. Erneut zögerte er und lauschte auf das geringste Geräusch. Dann hob er die Lampe und leuchtete damit auf die oberen Regale. Voltaire, in sieben wunderschön gebundenen Lederbänden – und daneben ein halbes Dutzend Bündel von etwas, das wie gefaltetes Pergament aussah, zusammengehalten von bröseligen karmesinroten Kordeln.
    Er ließ die Taschenlampe an und richtete den Lichtstrahl auf das nächste Regal, dann das nächste, und dann ließ er ihn schräg über die Titel gleiten. Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray. P. G. Woodhouse’ My Man Jeeves. Beides anscheinend Erstausgaben. Und zwischen ihnen drei dicke Mappen aus schwarzem Leder, schlicht und abgewetzt, ohne Titel oder Beschriftung.
    Felders Herz begann ziemlich schnell zu schlagen.
    Während er die Taschenlampe zwischen den Zähnen hielt, öffnete er die Glastür und zog die erste Mappe behutsam vom Regal. Sie war staubbedeckt und sah aus, als wäre sie in hundert Jahren nicht angefasst worden. Als er sie vorsichtig aufschlug, hatte er beinahe Angst zu atmen. Darin

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