Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
war noch am Leben, er hatte es geschafft, wieder auf die Beine zu kommen, war hinter einer Bank in Deckung gegangen und feuerte nach wie vor auf das Pärchen, das kurz zuvor noch herumgeknutscht hatte.
Er gibt mir Deckung, damit ich fliehen kann.
Blitzartig drehte sie sich um und rannte los, so schnell sie konnte. Sie würde zur Fifth Avenue laufen, die Schützen in der Menge abschütteln, sich dann zum Dakota durchschlagen und dort wieder mit ihm zusammenkommen … Weitere Schüsse und die Schreie von Menschen in Angst unterbrachen Helens angsterfüllte Gedanken.
Sie rannte weiter. Vor ihr lag die Fifth Avenue, hinter dem großen Steintor zum Park. Nur noch fünfzehn Meter …
»Helen!« Aloysius’ Ausruf drang aus weiter Ferne zu ihr. »Pass auf! Links von dir!«
Sie blickte nach links. Im Dunkel unter den Bäumen sah sie zwei Männer in Jogginganzügen, die direkt auf sie zuspurteten.
Sie bog in vollem Lauf ab, auf eine Gruppe von Platanen abseits des Hauptweges zu, und warf einen Blick nach hinten. Die Jogger folgten ihr – und kamen rasch näher.
Weitere Schüsse fielen. Helen verdoppelte ihre Anstrengungen, aber immer wieder sank sie mit den Absätzen in der weichen Erde ein, was sie beim Laufen behinderte. Plötzlich spürte sie im Rücken einen fürchterlichen Aufprall, so dass sie zu Boden geschleudert wurde. Jemand packte den Kragen ihres Trenchcoats und riss sie unsanft hoch. Sie wehrte sich und schrie, doch die beiden Männer hielten sie an den Armen fest und zogen sie Richtung Fifth Avenue. Mit Entsetzen erkannte sie die Gesichter.
»Aloysius!«, rief sie aus vollem Hals und blickte nach hinten über die Schulter. »Hilfe! Ich kenne diese Leute! Die sind vom Bund! Die bringen mich um! Hilf mir, bitte! «
Im schwindenden Licht konnte sie ihn gerade noch erkennen. Er hatte sich aufgerappelt, blutete stark aus der Schusswunde am Bein und humpelte auf sie zu.
Vor ihr auf der Fifth Avenue stand ein Taxi mit laufendem Motor am Bordstein, es wartete – wartete auf sie und ihre Entführer.
Noch einmal schrie sie voller Verzweiflung: »Aloysius!«
Die Männer stießen sie vor sich her, öffneten die hintere Tür des Taxis und stießen sie auf den Sitz. Aloysius’ Kugeln prallten von der gehärteten Windschutzscheibe ab.
»Los! Verschwinden wir hier!«, rief einer der Jogger auf Deutsch, während sie hinter Helen ins Taxi stiegen. »Gib Gas!«
Während Helen sich mit aller Kraft zur Wehr setzte und versuchte, mit der unverletzten Hand die Tür aufzustoßen, fuhr das Taxi vom Bordstein los. Ganz kurz sah sie ihren Mann im schummrigen Park. Er war auf die Knie gesunken und blickte noch immer in ihre Richtung.
»Nein!«, rief sie, während sie sich wehrte. »Nein!«
»Halt die Klappe!«, blaffte einer der Männer, holte aus und versetzte ihr einen Fausthieb an die Schläfe. Und dann wurde ihr schwarz vor Augen.
Sechs Stunden später
Ein Arzt in zerknitterter OP-Kleidung steckte den Kopf ins Wartezimmer der Intensivstation des Krankenhauses Lenox Hill. »Er ist wach, Sie können jetzt zu ihm rein.«
»Gott sei Dank.« Lieutenant Vincent D’Agosta von der New Yorker Polizei steckte das Notizbuch, in dem er gelesen hatte, ein und stand auf. »Wie geht es ihm?«
»Keine Komplikationen.« Ein Anflug von Verärgerung huschte über die Gesichtszüge des Mediziners. »Allerdings sind Ärzte immer die schlimmsten Patienten.«
»Aber er ist doch nicht …«, begann D’Agosta, schwieg dann aber und folgte dem Arzt auf die Intensivstation.
Special Agent Pendergast saß aufrecht im Bett, mit Schläuchen an ein halbes Dutzend Überwachungsgeräte angeschlossen. In einem Arm steckte ein Infusionsschlauch, an den Nasenflügeln war eine Nasenkanüle befestigt. Das Bett war übersät mit Blättern aus seiner Krankenakte, und er hielt gerade eine Röntgenaufnahme in der Hand. Die schon immer blasse Haut wirkte jetzt wie Porzellan. Ein Arzt beugte sich über das Krankenbett, vertieft in ein intensives Gespräch mit dem Patienten. D’Agosta konnte Pendergasts Antworten zwar kaum verstehen, es war aber deutlich, dass die beiden Männer nicht gerade einer Meinung waren.
»… das kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte der Arzt, als D’Agosta auf das Bett zutrat. »Wegen der Schussverletzung und des Blutverlusts stehen Sie immer noch unter Schock, und die Wunde selbst – von den beiden angebrochenen Rippen ganz zu schweigen – muss abheilen und bedarf weiterer ärztlicher Behandlung.«
»Doktor«,
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