Pendragon - Der Anfang
sagte eine Stimme.
Bobby wirbelte herum. Auf dem Gehweg, neben dem geparkten Auto, stand Loor. Sie trug einen Jeansoverall und ein enges pinkfarbenes Oberteil ohne Ärmel, das ihre kräftigen Schultern und Arme frei ließ. An den Füßen trug sie Doc-Marten-Stiefel. Die langen schwarzen Haare waren auf dem Rücken zu einem Zopf geflochten, und um den Hals trug sie eine Muschelkette. Sie hätte jederzeit als Schülerin der Highschool durchgehen können. Niemand wäre je auf die Idee ge kommen, dass sie eine Kriegerin aus einer anderen Welt war.
Courtney musterte Loor von oben bis unten. Mark bemerkte es und nahm sich vor, sie später wegen ih rer Ei fersucht auf zuzie hen.
Aber wer hätte es ihr verübeln wollen? Mark fand Loor noch viel schöner, als Bobby sie beschrieben hatte. Auch wenn sie wie ein gewöhnliches Mädchen gekleidet war, umgab sie die Aura ei ner Kriegerin. Courtney Chetwynde stand endlich ei ner Ebenbürtigen gegenüber.
Bobby ging auf Loor zu. Wenn ihm jemand die Wahrheit sagen durfte, dann war sie es.
»Begreifst du das alles?«, fragte er.
»Allmählich schon.«
»Was ist mit dei ner Mutter?«, wollte er wissen. »War Osa deine richtige Mutter?«
»Nein. Ich erfuhr die Wahrheit, ehe ich nach Dendu ron kam«, ant wortete Loor. »Osa zog mich auf und lehrte mich alles, was ich kann. Sie war für mich in jeder Beziehung wie eine Mutter, bis auf die Tatsache, dass sie mich nicht geboren hat. Aber das hielt mich nicht davon ab, sie zu lieben.«
Bobby sah zu Boden und dachte nach.
»Auf dem Berg …«, begann Loor. »Ich habe mich nicht verabschiedet, weil ich in Gedanken ganz woanders war. Osas Leiche befand sich schon wieder in Zadaa. Ich musste zum Begräbnis dorthin. Das alles fiel mir sehr schwer. Ich hof fe, du warst nicht sauer.«
Bobby schüttelte den Kopf. Er begriff nur zu gut, wie es war, eine Mutter zu verlieren. Er sah Press an und sagte: »So ist das also! Reisende haben keine Familie? Haben Reisende auch kein Leben? Sie hüpfen bloß durchs Universum und suchen nach Problemen?«
Press lächelte und meinte: »Du vertraust mir doch, Bobby, oder?«
»Ich bin mir manchmal nicht sicher.«
»Natürlich nicht«, entgegnete Press hastig. »Glaube mir, wenn ich dir sage, dass du im Lau fe der Zeit alles verstehen wirst. Und ich verspreche dir etwas: Du siehst dei ne Fa milie wieder. Deine Mutter, deinen Vater und deine Schwester Shannon.«
»Was ist mit Marley?«
»Du wirst auch wieder mit dei nem Hund spielen«, antwortete Press. »Aber nicht heute.«
»Wann?«
Press überlegte. Vielleicht wusste er massenhaft Antworten, diese aber nicht. »Das weiß ich nicht«, sagte er schließlich.
Bobby sah zu Loor hi nüber, die ihm auf munternd zu nick te. Dann musterte er noch einmal das leere Grundstück. Es dauerte lange, bis er in der Lage war zu sprechen. Endlich sagte er: »Du hast mich schon einmal gefragt, wie ich mich fühle. Willst du wissen, wie es mir jetzt geht?«
»Wie?«, fragte Press.
»Ich fühle mich, als hätte ich gerade erfahren, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Es ist ein grässliches Gefühl.«
»Es wird besser«, tröstete ihn Press.
»Und was geschieht jetzt?«, wollte Bobby wissen.
»Jetzt kommst du mit uns.«
Bobby ging zu Mark und Courtney hinüber. Er sah seine Freunde an, und die Erinnerungen an sein Leben in Stony Brook überwältigten ihn. Er wollte nichts lieber als sich umdrehen und sein Haus vor sich sehen, damit er sein altes Leben wiederaufnehmen konnte. Leider war das unmöglich.
»Ich … ich glaube, ich muss gehen«, sagte er zögernd.
»Wir sind im mer für dich da.« Courtney stiegen Tränen in die Augen.
Bobby beugte sich vor und zog die Freunde an sich. Er gab sich große Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. Er wollte nicht weinen. Nicht vor Loor. Aber er wollte auch seine Freunde nicht loslassen, denn da mit beendete er sein Leben auf der Erde. Auf der Zweiten Erde.
»Es wird Zeit, Bobby«, mahnte Press leise.
Bobby wich zögernd zurück und sah seinen Freunden in die
Augen. Mark wischte sich eine Träne weg und sagte lächelnd: »Vergiss bloß nicht, uns zu schreiben!«
Alle drei lachten. Das war schließlich selbstverständlich.
»Seid ihr sicher?«, vergewisserte sich Bobby. »Bewahrt ihr mein Journal auf?«
»Ich wäre stink sauer, wenn du es an jemand anderen schickst!«, verkündete Mark und deutete auf den Ring, den Osa ihm gegeben hatte.
Bobby lächelte mühsam, schluck te die Trä nen hi nunter und murmelte: »Bis
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