Pendragon - Der Anfang
Miene verriet mir, dass es ihm ähnlich erging. Neben uns stand ein Mann, der das Piratenschiff durch ein Fernrohr beobachtete. Onkel Press fragte ihn, ob er es sich ausborgen dürfe. Der Arbeiter nickte, und Press schaute hindurch.
»Falls ihr bereits von mir gehört habt«, fuhr die dröhnende
Stimme fort, »dann wisst ihr, dass ich ein gerechter Mann bin. Ich möchte niemandem Schaden zufügen.«
Onkel Press hatte genug gesehen und reichte mir das Fernrohr. Ich spähte zu dem Schiff hinüber. Die Mannschaft der Pursuit stand an Deck. Es waren Männer und Frauen, bunt gemischt. Sie waren weder in Fetzen gekleidet, noch sahen sie zerzaust aus, wie es bei den Piraten in Filmen der Fall ist. Nein, ganz im Gegenteil. Diese Leute wirkten bestens organisiert und ausgesprochen adrett. Doch die Blicke, mit denen sie Grallion musterten, erinnerten mich an ein Rudel hungriger Wölfe, das nur darauf wartete, endlich zuzuschlagen.
Ich bewegte das Fernrohr immer weiter, bis ich den Mann namens Zy Roder gefunden hatte. Er stand auf dem Oberdeck und hielt etwas in der Hand – bestimmt ein Mikrofon. Er war genauso gekleidet wie die Einheimischen, hatte schulterlange blonde Haare, die im Seewind flatterten, und war sehr groß. Er sah gar nicht schlecht aus. Breitbeinig stand er da, eine Hand in die Hüfte gestützt. Ziemlich herausfordernd. Der Kerl war es gewohnt, alles zu bekommen, was er wollte. Ich fragte mich, was er von uns wollte.
Am auffälligsten waren jedoch seine Augen. Obwohl ich sie nur durch ein Fernrohr sah, erkannte ich sofort die eiskalten blauen Augen wieder, die ich so fürchtete.
Kein Zweifel.
Es war Saint Dane.
Er hielt sich in Cloral auf und hatte sich einer Bande Piraten angeschlossen. Was hatte er vor?
Ich gab dem Vator das Fernrohr zurück, denn ich hatte genug gesehen.
»Inzwischen habt ihr sicher schon von der schrecklichen Seuche erfahren, die sich über ganz Cloral ausbreitet«, fuhr er fort. »Unsere Lebensmittel sind vergiftet. Warum? Wir wissen es auch nicht. Aber eines wissen wir: Bald wird die Nahrung knapp sein.«
O ja, es war Saint Dane. Er machte das, was er am besten konnte: Er verbreitete Angst und Schrecken.
»Wir haben eine Bitte. Bis jetzt ist die Nahrung, die auf Grallion angebaut wird, nicht vergiftet. Noch nicht. Ihr habt sehr viel, und wir haben sehr wenig. Meine Bedingungen lauten: Beladet eure zehn größten Frachter mit Getreide, Obst und Gemüse. Jedes Schiff wird von einem einzigen Aquanier gesteuert. Wir nehmen die Frachter mit und lassen euch in Ruhe.«
Die Arbeiter, die sich mit uns im Schuppen befanden, brachen in wütenden Protest aus. Sie erklärten uns, dass nach zehn Ladungen keine Nahrungsmittelvorräte mehr auf Grallion übrig wären. Was sollten sie dann essen? Vor Lieferungen aus anderen Habitaten hatten sie Angst, was man ihnen nach den Ereignissen auf Magorran auch nicht verübeln konnte.
»Wenn ihr euch weigert«, erklärte Zy Roder gerade, »setzen wir den Angriff fort.« Seine Stimme wurde immer eindringlicher. Der freundliche Unterton war verschwunden. Saint Dane – oder Zy Roder – wollte den Bewohnern von Grallion klarmachen, wozu er fähig war.
»Wir können Grallion nicht versenken, aber das wollen wir auch nicht. Zuerst zerstören wir euer Ruderhaus. Dann habt ihr keine Kontrolle mehr über euer Schiff. Danach ist der Kai dran, damit ihr in der Falle sitzt. Und schließlich feuern wir auf die Maschinenräume. Ihr werdet Gefangene auf eurem eigenen Habitat sein, ohne jede Fluchtmöglichkeit. Vertraut mir, Freunde, wir kennen eure verletzlichsten Stellen und lassen euch erst in Ruhe, wenn ihr unsere Forderungen erfüllt habt.«
Typisch Saint Dane. Wahrscheinlich waren ihm die Vorräte ganz egal. Er wollte eine Panik auslösen. Die Nachricht, dass Nahrungsmittel vergiftet waren, würde sich in Windeseile von einem Habitat zum nächsten verbreiten und Cloral ins Chaos stürzen, sobald die Menschen sich wegen Lebensmittelknappheit
bekämpften. Bestimmt war Saint Dane für die Vergiftungen verantwortlich. Endlich kannten wir den Plan, der zur Katastrophe in Cloral führen sollte.
»Ich gebe euch einen Peck bis zum Beladen der Frachter«, fuhr er fort. »Sehe ich kein Anzeichen für eine Zusammenarbeit, eröffnen wir das Feuer. Bis dahin wünsche ich euch einen schönen Tag!«
Was war ein Peck? Eine Stunde? Eine Minute? Eine Sekunde? Onkel Press erriet meine Gedanken und sagte: »Zwanzig Minuten, falls du es nicht weißt.«
Doch Saint Dane war
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