Pendragon - Der Anfang
den Namen auszusprechen … Kagan.«
Wieder dieser Name. Allmählich begriff ich die Lage, aber sie gefiel mir überhaupt nicht.
»Die Ritter, die Onkel Press angriffen, dachten, er würde hinter Kagan herspionieren«, teilte ich Osa mit. »Onkel Press tat so, als wäre er ein Bergmann. Gibt es hier Bergwerke?«
»Ja«, antwortete sie seufzend. »Das ist das Schlimmste an der Geschichte.«
Super, es wird noch schlimmer! Genau das hatte ich hören wollen. Doch ehe Osa weitersprechen konnte, hörte ich aus der Ferne eine Trommel. Ein gleichmäßiges dröhnendes Geräusch aus Richtung des Dorfes.
Loor kam außer Atem auf uns zugerannt und rief: »Zeit für den Transfer. Beeilung!« Sie machte kehrt und lief wieder zurück.
Osa sah mich besorgt an und sagte: »Bleib dicht neben mir. Niemand darf dich sehen.« Dann eilte sie ihrer Tochter hinterher.
Wie ich schon sagte: Die beiden waren Athletinnen. Doch egal, wie schnell sie liefen, ich hielt Schritt mit ihnen. Während wir den Pfad zum Dorf entlangrannten, blieb ich auf Osas rechter Seite.
Gut, dass es bloß ein halber Kilometer war, sonst wäre ich garantiert ohnmächtig geworden.
Als wir uns dem Dorf näherten, sah ich, wie sich die Bewohner auf dem Platz mit der Steinplattform versammelten. Anscheinend gab es doch eine Vorstellung. Die Menschen kamen von den Feldern und aus den Hütten; sie ließen alles liegen und stehen.
Ich wollte mich schon der Menge anschließen, als Osa meine Hand nahm und mich fortzerrte. Wir kletterten mit Loor auf das Dach einer Hütte und legten uns flach hin. Von hier aus hatten wir einen guten Überblick.
»Sie dürfen uns nicht sehen«, warnte Osa. »Wir gehören nicht dazu.«
Na gut. Eigentlich klar. Auf jeden Fall hatten wir da oben Logenplätze. Ich legte mich bequem hin und wartete gespannt, was da unten geboten werden würde. Vielleicht ein paar Milago-Musiker oder so etwas wie eine Schulaufführung.
Die Dorfbewohner hatten einen großen Kreis um die Plattform gebildet. Dort stand nun ein Gerät, das wie eine Wippe aussah. Auf der einen Seite hing ein Sitz, auf der anderen ein großer Korb. Daneben stand einer von Kagans Rittern und schlug eine Trommel. Ich hoffte, das Trommeln war das Signal, sich zu versammeln, denn wenn das alles sein sollte, war ich nicht beeindruckt. Das dumpfe Dröhnen hallte durchs ganze Dorf. Der Rhythmus war ziemlich schlecht. Neben der Plattform hatten sich sechs weitere Ritter aufgebaut. Sie standen stramm, und alle hielten einen gefährlich aussehenden Speer in der Hand. Die Milago hielten viel Abstand zu ihnen. Das hätte ich auch getan, denn sie sahen kein bisschen freundlich aus.
Endlich fiel mir auf, dass niemand so wirkte, als würde uns gleich etwas Unterhaltsames geboten. Es lag keine Aufregung in der Luft wie bei fröhlichen Festen. Niemand sprach, lachte oder
scherzte. Bis auf die schreckliche Trommel herrschte Totenstille. Alle Dorfbewohner wirkten verängstigt.
Osa tippte mir auf die Schulter und deutete zum anderen Ende des Dorfes hinüber. Ich sah vier Milago, die langsam auf die Versammlung zugingen. Es waren Männer, von Kopf bis Fuß völlig verdreckt. Nicht dass die Leute hier besonderen Wert auf Reinlichkeit legten, aber diese vier Burschen waren sehr schmutzig. Der schwarze Schmutz hob sich deutlich von der fast weißen, teigigen Haut ab. Die Milago schleppten etwas. Einen schweren Korb, der mit verschieden großen Steinen gefüllt war. Einige waren so dick wie Bowlingkugeln, andere klein wie Murmeln. Das Ungewöhnliche daran war, dass sie alle blau schimmerten. Ich meine wirklich helles Blau, wie glitzernde Saphire. Nie zuvor hatte ich etwas so Erstaunliches gesehen.
»Die Steine nennt man Glaze«, flüsterte Osa. »Hier gibt es überall Bergwerke. Die Milago suchen Tag und Nacht nach Glaze.«
»Das Zeug ist sicher sehr wertvoll«, stellte ich fest.
»Sehr«, lautete die Antwort. »Glaze ist der wichtigste Grund, warum Kagan die Milago beherrschen will. Durch Glaze wurden die Bedoowan reich. Sie handeln mit Kaufleuten aus ganz Denduron. Solange die Milago Glaze schlagen, bleibt Kagan beinahe allmächtig.«
Also waren Kagan und die Bedoowan nicht nur faul, sondern auch gierig und zwangen die Milago, die Drecksarbeit zu erledigen. Nette Leute. Ich wollte noch mehr Fragen stellen, aber plötzlich verstummte die Trommel, und eine unheimliche Stille legte sich über das Dorf. Die vier Bergleute trugen den Korb auf die Plattform und setzten ihn vorsichtig ab. Das Ganze
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